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Alles Glück kommt nie

Titel: Alles Glück kommt nie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl Hanser Verlag
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noch von den Medici bis zu alten Konservendosen über geköpfte Flaschen, Trockenfutter-Eimer und große Einmachgläser der Marke Le Parfait , die blasse Wurzeln erkennen ließen.
    Und getöpferte Sachen. Vermutlich von Kindern gemacht. Die einen grob, hässlich, witzig, die anderen älter und total irre, ein Korb aus dem 18. Jahrhundert mit Flechten überzogen, eine Faunstatue, der eine Hand fehlte (die mit der Flöte?), deren Arm aber noch lang genug war, um ein Springseil zu halten.
    Blechnäpfe, Fressnäpfe, ein Schnellkochtopf ohne Griff, ein zerbrochener Wetterhahn, ein Plastikbarometer, das die Vorzüge von Sensas -Angelködern pries, eine Barbiepuppe ohne Haare, Holzkegel, Gießkannen aus einer anderen Epoche, ein verstaubter Schulranzen, ein zur Hälfte abgenagter Knochen, eine alte Peitsche an einem verrosteten Nagel, ein Seil mit einer Glocke am Ende, Vogelnester, ein leerer Käfig, eine Schaufel, alte Besen, ein Feuerwehrauto, eine ... Und mitten in dem ganzen Gerümpel zwei Katzen.
    Unerschütterlich.
    Das Hinterzimmer des Palasterbauers Ferdinand Cheval ...
     
    »Was ist denn noch? Kommst du?«
    »Sind die Eltern von Alice Trödler?«
    »Nein, sie sind tot.«
    »...«
    »Kommst du?«
     
    Die Haustür stand einen Spaltbreit offen. Charles klopfte leise, legte dann die flache Hand auf das warme Fachwerk.
    Keine Antwort.
    Lucas war ins Innere entschwunden. Der Griff war noch wärmer, er hielt ihn einen Augenblick lang fest, bevor er sich hinter Lucas her traute.
    Bis sich seine Pupillen an die andere Beleuchtung gewöhnt hatten, waren seine Geschmackspapillen schon außer Rand und Band.
    Prousts Combray , die Rückkehr.
    Dieser Geruch. Den er vergessen hatte. Den er verloren geglaubt hatte. Der ihm komplett egal war. Den er verachtet hätte, der ihn aber jetzt dahinschmelzen ließ. Der Geruch nach Schokoladenkuchen, in einer echten Küche in einem echten Haus gebacken.
    Er hatte nicht die Zeit, sich das Wasser im Munde zusammenlaufen zu lassen, weil er aus dem Staunen nicht mehr herauskam.
    Ein heilloses Durcheinander, das aber einen eigenartigen Eindruck auf ihn machte. Den Eindruck von Zärtlichkeit, von Freude. Von Ordnung ...
    Stiefel, die decrescendo auf mehreren Quadratmetern Terrakotta angeordnet waren, weitere – Sämlinge (?) (Stecklinge?), die an allen Fenstern in Styroporkästen steckten oder leergegessene Vanilleeisschachteln überwucherten, ein riesiger Kamin, direkt aus dem Stein gehauen, der von einem sehr dunklen, fast schwarzen Holzsturz überragt wurde, darauf ein Geigenbogen, Kerzen, Nüsse, weitere Nester, ein Kruzifix, ein gesprenkelter Spiegel, Fotos und eine bemerkenswerte Prozession an Tierchen, hergestellt aus Materialien, die man im Wald finden konnte: Rinden, Blätter, Reisig, Eicheln, Fruchtbecher,Moos, Federn, Kiefernzapfen, Esskastanien, Edelkastanien, getrocknete Beeren, winzige Knochen, stachelige Fruchtschalen, Insektenflügel, Weidenkätzchen ...
    Charles war fasziniert. Wer hat das alles gemacht?, fragte er in den Raum.
    Ein Herd, noch imposanter als der Kamin, aus hellblauer Emaille mit zwei großen bauchigen Deckeln und fünf Türen an der Vorderseite. Rund, weich, lauwarm lud er zum Streicheln ein. Davor ein Hund auf einer Decke, eine Art alter Wolf, der anfing zu ächzen, als er ihn und Lucas sah, sich aufzurichten versuchte, um sie zu begrüßen oder zu beeindrucken, es dann aber bleiben ließ und winselnd in sich zusammensackte.
    Ein riesiger Bauerntisch (Refektoriumstisch?), umgeben von Stühlen, die nicht zusammenpassten, an dem zu Abend gegessen, der aber nicht abgeräumt worden war. Silberbesteck, die Teller säuberlich mit Brot ausgetunkt, Senfgläser mit Copyright von Walt Disney, Serviettenringe aus Elfenbein.
    Ein herrlicher, stilvoller, fein gearbeiteter Geschirrschrank, zum Bersten gefüllt mit Römertöpfen, Steingutgeschirr, Trinkschalen, angeschlagenen Tellern und Tassen. In einer kleinen Ecke eine Spüle aus Stein, sicher sehr unbequem, auf der sich in einer vergilbten Schüssel jede Menge Töpfe stapelten. An der Decke Körbe, ein Vorratsschrank mit löchrigem Gitter, eine Hängelampe aus Porzellan, eine Art Kasten, fast so lang wie der Tisch, hohl, mit Öffnungen und Einkerbungen versehen, wo Löffel aus allen Epochen aufbewahrt wurden, ein Fliegenfänger aus einem anderen Jahrhundert, Fliegen aus unserem, die vom Tod ihrer Vorfahren nichts ahnten und sich bei der Aussicht auf all die leckeren Kuchenkrümel schon die Beinchen rieben ...
    An den

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