Alles Gold Der Erde
oder Mexiko. Einige andere allerdings hatten sich in der Tat aus den Vereinigten Staaten nach Kalifornien durchgeschlagen. Bei ihnen handelte es sich jedoch um Männer, die – wie Archwood – noch nichts von den Goldfunden gehört hatten, als sie daheim aufgebrochen waren. Ein Arbeiter namens Jim Marshall hatte im Januar 1848 bei Sutters Sägewerk das erste Gold entdeckt. Jetzt, im Januar 1849, war noch so gut wie niemand auf geradem Wege aus den Vereinigten Staaten nach Kalifornien gekommen, um nichts anderes zu tun, als nach Gold zu graben.
Nun aber waren sie im Anmarsch. Die beiden Kuriere hatten die Nachricht in der Heimat verbreitet.
Die Offiziere waren mit amtlichen Papieren und Goldproben versehen gewesen. Als erster kam der Oberfähnrich Beale ans Ziel. Er ritt auf Umwegen nach Mexiko hinunter und dann in den Norden, nach Washington, hinauf. In der Hauptstadt traf er im September ein. Er übergab seine Schreiben den Behörden und wies das Gold vor. Man behauptete, dieses Zeug sehe aus wie Fischschuppen; immerhin jedoch schickte man es zur Münze. Die Fachleute hingegen erklärten: »Diese angeblichen Fischschuppen sind zweiundzwanzigkarätiges Gold.«
Gerüchte waren schon früher in die Staaten durchgesickert. Seeleute, die im vergangenen Frühjahr die Westküste verlassen hatten, wußten allerlei sonderbare Geschichten zu erzählen, die in den Hafenstädten umliefen. Und dabei hatte der eigentliche Sturm auf die Goldberge zu jener Zeit noch gar nicht eingesetzt. Zu Hause zuckten die Leute jedoch die Achseln und meinten: »Na ja, was Seeleute so daherreden.« Soldaten und Matrosen der Kriegsmarine hatten in ihren Briefen einige Burschen erwähnt, die Gold gefunden haben wollten. Einige dieser Briefe waren in Zeitungen abgedruckt worden. Aber wiederum hatten die Bürgersleute nichts anderes zu sagen gewußt als: »Kalifornien klingt ja ganz gut. Sicher ist es dort hübsch.« Kein Mensch aber war in Aufregung geraten.
Selbst nach Beales Ankunft gerieten sie daheim nicht in Aufregung, jedenfalls nicht richtig.
Was er zu berichten wußte, druckte ein Washingtoner Blatt, die Union. Wenige Tage später übernahm die Sun in Baltimore die Meldung. Irgend jemand brachte ein Exemplar der Sun mit nach San Francisco. Eine Woche nach Mrs. Chases Gesellschaft druckte die Alta California den Bericht der Sun ab.
Am dritten Donnerstag im Januar 1849 las Kendra, was die Zeitung in Baltimore über den Oberfähnrich Beale zu schreiben hatte. Der Journalist mußte entweder verwirrt oder unsicher gewesen sein. Ohne es ausdrücklich zu sagen, schien er seine Leser warnen zu wollen: Nun, wir werden wegen dieser Sache nicht den Kopf verlieren; so oder ähnlich mochte er gedacht haben.
Doch dieser Mann hatte seinen Bericht im September geschrieben, und jetzt war es Januar. Die Passagiere eines Schiffes erzählten, Leutnant Loeser, der zweite Kurier, habe den Hafen Callao in Peru erreicht. Von dort aus sei er nach Washington gereist, und zwar mit einer Schachtel voller Gold und den Briefen, in denen Oberst Mason seinen Besuch in den Goldfeldern geschildert hatte. Kendra sagte zu Marny: »Was in der Sun gestanden hat, muß der Windstoß gewesen sein, der das Feuer entfacht hat.«
Und mit jedem neuen Tag erfuhren sie mehr über dieses Feuer.
Von den Dampfschiffen, die die Ostküste und pazifische Küste verbinden sollten, hatten sie seit langem gehört. Am vierten Donnerstag im Januar kündigte die Alta an: Der erste Dampfer habe New York im Oktober verlassen. Das Schiff war drei Wochen nach Beales Eintreffen in See gestochen. In San Francisco rief jeder jedem zu: »Bestimmt werden ein paar Goldjäger an Bord sein!«
In Sturm und Regen warteten sie auf das Dampfschiff. Sie kletterten auf die Berge und lauschten nach Geräuschen über dem nebligen Meer, in der Hoffnung, den Dampfer in die Bucht hineintuckern zu hören. Der Regen rann unentwegt. Eines Tages schneite es sogar. Der Januar verging, und es wurde Februar, aber der Dampfer war noch immer nicht da. Nacht für Nacht waren die Saloons und Spielzelte überfüllt. Marny erzählte, die Männer spielten jetzt noch leichtsinniger als in Shiny Gulch. Warren Archwood kam mit Backsteinen und Holz aus Honolulu zurück. Es reichte, um ein mehrgeschossiges Haus zu bauen, doch war dies vorläufig noch nicht möglich, da der Boden einem Morast glich. Zunächst ließ er das bauen, was die Leute ein ›Segeltuchhaus‹ nannten: ein hölzernes Balkenwerk, über das schweres
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