Alles Gold Der Erde
andere Leute nahm. Er bewunderte Marnys Talent, aber er hielt ihre Sorge um die Mitmenschen für überflüssig. Dergleichen hielt er für Energieverschwendung.
Die Jammerlappen am Ofen hatten mit ihrem Lamento aufgehört und lauschten nun. Die beiden Goldgräber kamen neu eingekleidet aus einem Nebengemach. Da Mr. Chase nicht zugegen und Foxy im Lagerraum beschäftigt war, schlich Mr. Fenway herbei, um Norman zu bedienen. Lamont erklärte, er und Marny wünschten die Möbel zu besichtigen, die Chase & Fenway in der letzten Ausgabe der Alta inseriert hatte. Sie befanden sich doch wohl in ihrem Lager?
»Richtig«, antwortete Mr. Fenway. »Ich werde mit den beiden zum Lager gehen, allerdings müssen sie warten, bis Mr. Chase zurück ist. Er sieht sich einige Waren an, die gerade von der Cynthia gelöscht wurden. Wir können nicht gleichzeitig den Laden verlassen.« – »Gut«, meinte Norman. »Ich habe auch noch eine andere Besorgung zu machen. Marny und Rosabel können so lange hier warten.«
Mr. Fenway sah Rosabel an. »Vielleicht hat Miß Rosabel Lust, eine schöne neue Gitarre auszuprobieren, die wir bekommen haben.«
Rosabel beteuerte, das würde sie in der Tat sehr gern tun. Norman ging davon, und Mr. Fenway holte die Gitarre. Während er und Rosabel sie begutachteten, ließen sich Marny, Kendra, Pocket und Hiram zu einem Plausch nieder. Die Goldgräber und die Miesmacher hockten sich an den Ofen.
Marny berichtete: »Norman will sich ein Roulette ansehen, das eine Firma in der Alta angezeigt hat. Falls es etwas taugt, wird er es gleich kaufen, um anderen Interessenten zuvorzukommen.«
Pocket und Hiram erzählten von Sacramento. »Die Stadt besteht bloß aus Zelten«, sagte Pocket. »Die Bevölkerung wechselt in einem fort. Männer gehen in die Goldgruben, andere ziehen ab. Und alle sind sie halb verrückt vor Aufregung, entweder voll Hoffnung oder voll Verzweiflung. Die Berge geben Reichtümer her, trotzdem betteln täglich Männer um eine Mahlzeit.
Überhaupt ist nun in den Goldfeldern alles ganz anders geworden. Im letzten Jahr haben Leute aus Kalifornien, die einander kannten, in den Lagern gelebt; im allgemeinen waren das anständige Leute. Jetzt aber strömen Menschen aus allen Gegenden herbei. Manche sind in Ordnung, andere dagegen Gesindel aus den Hinterhöfen der ganzen Welt. Nur noch mutige Männer können es wagen, ihre Frauen mitzunehmen. Im vergangenen Sommer konnte man arbeiten, wo es einem beliebte; heute muß man seinen Claim notfalls verteidigen.«
»Wißt ihr noch, wie wir unseren Goldstaub einfach liegenließen, während wir schafften, und niemand sich darum scherte?« fragte Hiram. »Auch das ist vorbei.«
Er hielt inne, denn Musik erklang. Rosabel saß auf der Theke und klimperte glückselig auf ihrer neuen Gitarre. Die Goldgräber und die Miesmacher drehten eifrig ihre Stühle um. Rosabel fing zu singen an.
»Ich habe gewußt, daß sie das Ding kaufen würde«, sagte Marny »Na schön. Wir sind ja schließlich hierhergekommen, um Geld auszugeben.«
Die Worte ›Geld ausgeben‹ hatten Mr. Fenways Ohr erreicht. Gemächlich trottete er zu ihr und verkündete, daß er ein schönes Gemälde vorrätig habe – war Marny daran vielleicht interessiert?
Marny war nicht uninteressiert. Mr. Fenway wies Bert und Foxy an, das Gemälde herbeizuschaffen. Rosabel beendete ihr Lied. Die Männer am Ofen spendeten ihr stürmisch Applaus. Sie begann daraufhin mit einem andern. Bert und Foxy lehnten das Gemälde gegen die Wand.
Das Bild zeigte die Sägemühle in den Bergen, wo Jim Marshall den ersten Goldfund im Wasser gemacht hatte. Marny betrachtete es versonnen, trat ein paar Schritte zurück und wandte sich dann zur Seite, um es nochmals zu studieren. Mr. Fenway berichtete: »Der Künstler ist ein gewisser Bruno Gregg, der mit Ölfarben und Leinwand Kap Horn umsegelt hat; stammt aus New York. Sein Gemälde ist doch gut, oder etwa nicht?«
Marny fand es hübsch. Lieber wäre es ihr allerdings gewesen, wenn Mr. Gregg eine schöne Frau mit nicht allzu vielen Kleidern auf dem Leib gemalt hätte. Mr. Fenway seufzte. Kendra meinte:
»Ich glaube, das Bild hier wird Männer interessieren. Es stellt immerhin den Ort dar, wo das erste Gold entdeckt wurde. Schließlich ist das geradezu ein historischer Ort.«
Marny dachte einen Moment nach. Dann erklärte sie: »Das ist gar keine schlechte Idee. Was haltet ihr von dem Bild, Pocket und Hiram?« Sie schlossen sich Kendras Meinung an. Hiram fügte hinzu:
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