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Alles Gold Der Erde

Titel: Alles Gold Der Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gwen Bristow
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besichtigen. Mit verwunderten Blicken sah sie sich den regendichten Fensterrahmen und die festen Wände an; überrascht bemerkte sie, daß es hier ja auch keine Ratten gab.
    »Aber, Mr. Lamont«, rief sie aus, »das ist ja wie in New York …«
    Dann fragte sie hastig:
    »Hat die Tür ein Schloß und einen Riegel?«
    Norman bejahte zögernd.
    Dann gingen sie in sein Büro und sprachen über die Bedingungen. Später brachte Norman sie ins Dramatic Museum zurück.
    »Was hat sie gesagt?« erkundigte sich Marny eifrig.
    »Sie will das Angebot überdenken. Danach gibt sie mir Nachricht. Anscheinend will sie dem Burschen vom Theater die Chance geben, ihr eine höhere Gage zu zahlen als ich.«
    Eine Woche lang schacherten der Bursche vom Theater und Norman um Hortensia. Hortensia wartete ab. Jeden Abend trat sie auf, und nach der Schau kam sie mit ihrem Handarbeitskorb in das Büro des Theaterleiters. Während die beiden Männer diskutierten, nähte Hortensia. Selten sagte sie etwas. Sie saß wie eine Katze da, die zwei Katern zuschaut, die sich ihretwegen balgen. Nur einmal trat sie aus ihrer Reserve heraus. Dies war an einem Abend, da wieder ein Wohltätigkeitsbasar stattfand.
    Dabei ging es darum, Männern zu helfen, die in den Bergen kein Gold gefunden hatten und nun halbverhungert und krank auf den Flußschiffen nach San Francisco zurückgekehrt waren. Norman und der Mann vom Theater unterhielten sich wie üblich. In einer Ecke des Büros saß stumm wie immer Hortensia bei ihrer Näharbeit. Plötzlich kam ein Flötist namens Buster ins Zimmer gestürzt und berichtete:
    »Die Veranstaltung hat einen guten Verlauf genommen, aber dann ist der Besitzer des El Dorado mit seiner Freundin erschienen, die führt eines der elegantesten Bordelle der Stadt. Wieso die frommen Damen dieses Geschöpf überhaupt haben erkennen können, weiß kein Mensch. Erkannt wurde sie jedenfalls. Die Damen schlossen ihre Buden und erklärten ihren Ehemännern: ›Der Basar ist beendet, und wenn die Leute aus den Goldbergen noch so krank und hungrig sind!‹ Die Damen waren nicht gesonnen, ihre Handarbeiten in Gegenwart einer solchen Person zu verkaufen.«
    Aus der Ecke ertönte fröhliches Lachen. Hortensia hatte sich in ihrem Stuhl zurückgelehnt, ihr Gesicht in der Ellbogenbeuge vergraben und wurde von einem wahren Lachkrampf geschüttelt. Die drei Männer lachten gleichfalls.
    »Und was haben die Ehemänner getan?« fragte Norman.
    »Haben sie dieses Geschöpf zum Fortgehen veranlaßt?«
    »Sie haben sie zu gar nichts veranlaßt«, antwortete Buster. »Ich nehme an, sie fürchteten, der Mann vom El Dorado werde zu schießen anfangen. Sie unterhielten sich von Mann zu Mann mit ihm. Sie erklärten ihm die Situation. Sie sagten ihm: ›Wenn Sie die Frau nicht fortbringen, wissen wir nicht, was unsere eigenen Frauen tun werden.‹«
    »Das weiß ich auch nicht«, murmelte Norman.
    »Er hat sie also fortgeführt«, erzählte Buster. »Und als sie abgezogen war, haben die Damen ihre Buden wieder aufgemacht. Vermutlich bringen sie jetzt immer noch ihre Handarbeit an den Mann.«
    Zwei Tage später kam Hortensia in den Calico-Palast – gerade noch rechtzeitig, um an Weihnachten Klavier zu spielen. Als sie besser miteinander bekannt geworden waren, gestand sie Marny und Kendra, daß sie beim Anblick des behaglichen Schlafzimmers schon bereit gewesen sei, Normans Angebot zu akzeptieren. Norman freilich wußte dies ebensowenig wie der Mann vom Theater. Hortensia hatte sie ruhig tagelang debattieren lassen, um sich möglichst teuer zu verkaufen.
    Kendra war amüsiert. Marny hingegen fand das Verhalten des Mädchens bewundernswert. »Genauso hätte ich's auch gemacht. Ich habe dir ja schon erzählt, daß sie Köpfchen hat.«
    Hortensia zog also in das behagliche Schlafzimmer ein, und zwar allein. Hortensia hatte keinen Geliebten. Wie sie Marny und Kendra berichtete, war sie von New York fortgegangen, weil sie dort Ärger mit einem Mann gehabt hatte. Im Saloon lachte und flirtete sie viel, ihr Schlafgemach blieb jedoch unter Verschluß. Norman machte sich freilich noch immer Hoffnungen.
    »Wenigstens hat sich seine Laune gebessert, seit sie bei uns ist«, meinte Marny.
    Am Weihnachtsabend kam Hiram in die Küche spaziert. »Haben Sie etwas dagegen, wenn ich ein paar Minuten hierbleibe?«
    »Ganz im Gegenteil«, erwiderte Kendra.
    Trotz der dicken Wände hörten sie den Lärm im Ausschank und in Marnys Salon, wo Hortensia auf dem Klavier herumhämmerte.

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