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Alles Gold Der Erde

Titel: Alles Gold Der Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gwen Bristow
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gegeben wurde. Danach brachte Hiram sie zurück in den Calico-Palast, und Kendra dankte ihm für den netten Abend. Nett war er gewesen, aber nicht großartig. Kendra hatte ein unbestimmtes Gefühl der Enttäuschung.
    In den folgenden Tagen kam Hiram so häufig wie früher. Er trank und spielte Karten, und einige Male besuchte er mit Kendra ein Restaurant oder das Theater. Er machte indessen keine Anspielung auf seine Bemerkung vom Weihnachtsabend. Es schien, als wolle er, daß sie seine Worte vergesse. Kendra erwähnte dieses Gespräch natürlich auch nicht, hätte ihn aber gern verstanden.
    Es gab allerlei, über das sich reden ließ. Das Wetter wurde erstaunlich gut. Jedermann, der sich im letzten Jahr durch den Schlamm geschleppt hatte, war der Meinung gewesen, es werde auch heuer wieder so fürchterlich regnen. In diesem Winter fiel jedoch wenig Regen, statt dessen war es an vielen Tagen sonnig. Pocket und Hiram berichteten, ihre Geschäfte gingen gut. Der Calico-Palast war Nacht für Nacht überfüllt. Hortensia spielte zwar nicht so gut Klavier wie Rosabel, doch spielte sie immerhin so gut, daß es den bon garçons gefiel. Jeden Abend drängten sich Zuschauer um sie, und zu Marnys Verblüffung befand sich oft Captain Pollock unter ihnen.
    Bislang hatte sich Pollock dem Calico-Palast ferngehalten. Wenigstens war er nie in Marnys Spielsalon aufgetaucht, und falls er den Ausschank im Parterre besucht hatte, so war Marny davon nichts zu Ohren gekommen. Als er nun im Salon erschien, rührte er keine Karten an. Er beschäftigte sich kurze Zeit mit einem anderen Spiel, bestellte dann einen Drink an der Bar und gesellte sich mit dem Glas in der Hand zu den Männern am Klavier. Da Captain Pollock an Land auf Frauenjagd zu gehen pflegte, fragte sich Marny, ob er wohl zu denen zählte, die hofften, Hortensia werde auf ihre Keuschheit verzichten. Wenn dies der Fall war, so hatte er keinen Erfolg. Zu Normans Ärger und dem mancher andern verschloß Hortensia noch immer ihr Schlafzimmer.
    Marny kümmerte sich nicht darum, was Pollock tat, aber Norman war immerhin ihr Freund. Mitfühlend, aber ernst empfahl sie ihm: »Laß sie in Ruhe.«
    Norman grunzte.
    »Es laufen noch andere Mädchen in der Stadt herum«, sagte Marny lächelnd. »Norman, du mußt den rechten Augenblick abwarten.«
    Er spitzte die Ohren. »Meinst du?«
    »Sie ist gar zu ablehnend den Männern gegenüber«, erklärte ihm Marny. »Entsinnst du dich nicht mehr, daß sie uns erzählt hat, sie sei nach hier gekommen, weil sie Ärger mit einem Mann gehabt habe? Im Moment ist sie auf alle Männer schlecht zu sprechen. Das kann nicht ewig dauern. So etwas dauert nie ewig. Aber solange sie in dieser Stimmung ist, läßt du besser die Finger von ihr.«
    Wenngleich dieser Rat nicht gerade der war, den er erwartet hatte, sah Norman doch ein, daß Marny recht haben mochte. Wie Marny schon längst erkannt hatte, besaß Norman nur wenige Grundsätze, aber er besaß eine Menge gesunden Menschenverstand. Hortensia war ein Aktivposten des Calico-Palastes. Wenn sie sich hier nicht mehr wohl fühlte, konnte sie morgen gehen. Viele Etablissements hätten sie mit Vergnügen engagiert. Und im übrigen gab es ja tatsächlich noch andere Mädchen in der Stadt.
    Es überraschte niemanden – am wenigsten Marny –, daß Dwight Carson nicht lange nach Weihnachten eine Fahrkarte nach New York kaufte. Marny sagte ihm, wie in der Affäre Archwood, herzlich Lebewohl. »Er ist ein anständiger Kerl, und ich habe ihn gern«, setzte sie Kendra auseinander. »Aber ich habe nie damit gerechnet, daß die Sache für immer währt. Ich habe viel Erfahrung darin, Lebewohl zu sagen.«
    Wurde Marny es denn niemals leid, stets Lebewohl zu sagen? Dwights Dampfer war kaum am Horizont verschwunden, als Marny auch schon von Bewunderern umringt wurde. Einige stellten sich ihr selbst mit ihrem Antrag vor, andere schrieben Briefe. Wieder andere schworen, sie würden Marny mit unerhörtem Luxus umgeben. Marny wies sie alle ab – liebenswürdig, aber bestimmt. »Ich mag die Männer«, gestand sie Kendra, »doch manchmal kann ich sie nicht mehr ausstehen.«
    Am Tag nach Dwights Abfahrt ging Marny in das Gewölbe von Hirams Bank und holte ihr Halsband aus Nuggets hervor. »Das ist mein Lieblingsschmuck«, erläuterte sie und trug das Band nun jeden Abend. Es war nicht nur ihr Lieblingsschmuck, sondern auch das Zeichen ihrer Unabhängigkeit. Dwight war ein anständiger Kerl gewesen, aber er war gar zu

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