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Alles ist erleuchtet

Alles ist erleuchtet

Titel: Alles ist erleuchtet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Safran Foer
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Jonathan zu Großvater. »Er sagt, jetzt bist du dran«, sagte ich zu ihm. Er verdrehte den Kopf von der Schachte] und steckte seine Hand hinein. Wir waren wie drei Kinder. »Da sind so viele Dinge«, sagte er zu mir. »Ich weiß nicht, welches ich nehmen soll.« »Er weiß nicht, was er nehmen soll«, sagte ich zu Jonathan. »Wir haben genug Zeit für alle«, sagte Jonathan. »Vielleicht das hier«, sagte Großvater. »Nein, das hier. Das fühlt sich weich und gut an. Nein, das hier. Das hat Teile, die sich bewegen.« »Wir haben genug Zeit für alle«, sagte ich zu ihm, denn vergiss nicht, Jonathan, dass wir in unserer Geschichte sind. Wir dachten immer noch, dass wir Zeit hatten. »Hier«, sagte Großvater und grub ein Foto aus. »Ach, etwas Einfaches. Schade. Es hat sich wie etwas anderes angefühlt.«
    Er legte das Foto auf den Tisch, ohne es zu untersuchen. Ich untersuchte es auch nicht, denn ich dachte: Warum sollte ich? Großvater hatte Recht. Es erschien ganz einfach und gewöhnlich. In der Schachtel waren wohl noch hundert Fotos von dieser Art. Der schnelle Blick, den ich ihm schenkte, zeigte mir nichts Besonderes. Es waren drei Männer oder vielleicht vier. »Jetzt du«, sagte er zu mir, und ich verdrehte den Kopf und steckte meine Hand in die Schachtel. Weil mein Kopf verdreht war, damit ich die Schachtel nicht sah, konnte ich Jonathan sehen, während meine Hand suchte. Etwas Weiches. Etwas Grobes. Jonathan hielt das Foto vor sein Gesicht, nicht weil er ein interessierter Mensch war, sondern weil es nichts anderes zu tun gab, während ich in der Schachtel grub. Daran erinnere ich mich. Er aß eine Hand voll Erdnüsse und ließ eine Hand voll für Sammy Davis jr.jr. auf den Boden fallen. Er nippte einen kleinen Schluck von seinem Wodka. Er sah für einen Moment von dem Foto weg. Ich spürte eine Feder und einen Knochen. Dann erinnere ich mich an dies: Er sah wieder auf das Foto. Ich fühlte etwas Glattes. Etwas Kleines. Er sah von dem Foto weg. Er sah wieder hin. Er sah weg. Etwas Hartes. Eine Kerze. Etwas Viereckiges. Der Stich einer Nadel.
    »Mein Gott«, sagte er und hielt das Foto in das Licht der Kerze. Dann legte er es hin. Dann nahm er es wieder in die Hand, und diesmal hielt er es neben mein Gesicht, damit er das Foto und mein Gesicht zusammen beobachten konnte. »Was macht er?«, fragte Großvater. »Was machst du?«, fragte ich Jonathan. Er legte das Foto auf den Tisch. »Das bist du«, sagte er.
    Ich holte meine Hand aus der Schachtel.
    »Wer ist ich?« »Der Mann auf dem Foto. Das bist du.« Er gab mir das Foto. Diesmal untersuchte ich es mit viel Genauigkeit. »Was ist?«, fragte Großvater. Auf dem Foto waren vier Menschen: zwei Männer, eine Frau und ein ganz kleines Kind, das die Frau auf dem Arm hatte. »Der Linke«, sagte Jonathan. »Hier.« Er legte seinen Finger unter das Gesicht des Mannes, und ich muss zugestehen, dass ich wahrheitlich sagen musste, er sah aus wie ich. Es war wie ein Spiegel. Ich weiß, dass man das meistens einfach so sagt, aber ich meine es genau so: Es war wie ein Spiegel. »Was?«, fragte Großvater. »Einen Moment«, sagte ich und hielt das Foto in das Licht der Kerze. Der Mann stand auf dieselbe starke Art da, wie ich immer stehe. Seine Wangen waren wie meine. Seine Augen waren wie meine. Seine Haare, seine Lippen, seine Arme und Beine waren wie meine. Nicht mal wie meine. Sie waren meine. »Sag schon«, sagte Großvater. »Was ist los?« Ich gab ihm das Foto, und den Rest der Geschichte zu schreiben ist etwas ganz Unmögliches.
    Zuerst sah er es an, um zu sehen, was für eine Art von Foto es war. Weil er hinuntersah, um das Foto zu untersuchen, das vor ihm auf dem Tisch lag, konnte ich nicht sehen, was seine Augen taten. Er sah auf und sah Jonathan und mich an und lächelte. Er zog sogar die Schultern hoch, wie Kinder es manchmal tun. Er machte ein kleines Lachen und hob das Foto auf. Er hielt es mit einer Hand vor sein Gesicht und nahm die Kerze mit der anderen Hand und hielt sie auch an sein Gesicht. Sie machte viele Schatten, wo seine Haut Falten hatte, und das war bei mehr Stellen, als ich bis nun bemerkt hatte. Diesmal konnte ich sehen, wie seine Augen über das Foto fuhren. Sie hielten bei jedem Menschen an und untersuchten ihn von den Füßen bis zu den Haaren. Dann sah er wieder auf und lächelte Jonathan und mich an und zog wieder die Schultern hoch wie ein Kind.
    »Er sieht aus wie ich«, sagte ich.
    »Stimmt«, sagte er.
    Ich sah Jonathan nicht an,

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