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Alles Ist Ewig

Alles Ist Ewig

Titel: Alles Ist Ewig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kirsten Miller
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Jahrhundert zu stammen und waren alle in sonnigem Gelb gestrichen, mit grünen Fensterläden und braunen Vordächern und Zierleisten. Die Gaslaternen am Straßenrand warfen flackernde Lichthöfe auf das Pflaster. Haven drehte sich um. Hinter ihnen thronte auf einem Hügel ein altes weißes Herrenhaus. Es war so still hier draußen, dass sie das Summen der Straßenlampen hören konnten.
    »Wir sind nicht weit gefahren«, bemerkte Haven. »Wir müssten irgendwo in der Nähe von Harlem sein.«
    Die Tür eines der Häuser in ihrer Nähe wurde einen Spalt geöffnet, und ein dünner Lichtstreifen fiel auf die Straße.
    Haven nahm Iain bei der Hand, doch er zögerte. »Komm schon«, flüsterte sie und zerrte ihn beinahe hinter sich her.
    Eine junge Frau um die zwanzig empfing sie an der Tür. Sie trug ein schokoladenbraunes Etuikleid, und ihr neonblaues Haar war zu einem eleganten Knoten geschlungen.
    »Willkommen in Sylvan Terrace. Mein Name ist Vera. Bitte, kommt doch rein. Ihr müsst ja halb erfroren sein.«
    »Kennen wir uns nicht irgendwoher?« Haven hatte Schwierigkeiten, Veras Gesicht einzuordnen, denn sie konnte den Blick nicht von ihren Haaren wenden.
    »Das hier ist das zweite Mal, dass wir uns in diesem Leben begegnen.« Die junge Frau hatte das freundliche, geduldige Lächeln einer Kindergärtnerin. »Das erste Mal war in einem Café in Greenwich Village. Aber ich habe das Gefühl, dich schon seit einer Ewigkeit zu kennen. Darf ich euch die Mäntel abnehmen?«
    »Stimmt! Jetzt erinnere ich mich«, sagte Haven, als sie ihren Schal löste. »Damals war mir ein Grauer in ein Café gefolgt. Du warst die Bedienung. Du hast mir geraten, durch das Toilettenfenster abzuhauen. Woher wusstest du …«
    Der Gedanke wurde durch eine Million anderer Fragen verdrängt; und jede der Fragen wollte als Erste beantwortet werden. Haven, deren Mantel halb ausgezogen über ihrer Schulter hing, hielt inne und sah sich um. Iain und sie waren in einem großen, runden Raum gelandet. In der durchgehenden pergamentfarbenen Wand befanden sich vier geschlossene Türen. Auf einer Seite des Raums führte eine Wendeltreppe nach oben wie ein gewundenes Band aus Sandstein. Ohne Geländer oder eine andere Haltevorrichtung sah sie aus, als wäre sie aus einem einzigen Block geschlagen worden. Unterhalb der Treppe befand sich ein Sitzbereich. Sessel und Sofas mit Bezügen aus honiggelbem Samt waren um ein Feuer in einem Marmorkamin gruppiert. Auf dem Kaminsims stand eine große Uhr. Haven warf einen Blick an die Decke. Der Raum wurde von zwei Kronleuchtern erhellt, die ein blassgoldenes Licht verströmten. Über ihnen, am höchsten Punkt der Treppe, rahmte ein riesiges Oberlicht den Mond ein. Das Ganze hätte das Haus modern und unbewohnt wirken lassen können, und doch hatte es eine warme, lebendige Ausstrahlung.
    »Das hier kann doch nicht dasselbe Gebäude sein, das wir von außen gesehen haben«, sagte Haven. »Dafür ist es viel zu groß.«
    »Oh, doch, es ist dasselbe«, versicherte Vera ihr. »Meine Schwestern haben schon vor langer Zeit gelernt, wie man Räume optimal ausnutzt. Die meisten Häuser haben ziemlich viele Ecken und Winkel, die keinerlei Zweck erfüllen. Wir mögen keine Verschwendung. Ich würde euch gern herumführen, aber wir sollten Phoebe nicht warten lassen. Pünktlichkeit ist uns sehr wichtig. Asteria!«, rief sie, und ein junges Mädchen erschien. »Würdest du dich vielleicht um die Mäntel unserer Gäste kümmern, während ich sie in den vierten Stock bringe?«
    »Mit Vergnügen.« Das Gesicht des Mädchens war das eines Kinds, doch seine Miene ließ vermuten, dass es sehr viel mehr wusste als ein Kind. »Es ist schön, dich wiederzusehen«, sagte sie zu Haven. »Und Sie auch, Mr Morrow«, fügte sie mit einem Grinsen hinzu.
    » Danke, Asteria. Du kannst dich dann jetzt deinen Aufgaben widmen.« Mit diesen Worten schickte Vera das Mädchen fort. »Haven? Iain? Würdet ihr mir bitte folgen?«
    Sie führte die beiden die prunkvolle Treppe hinauf, die sich in zunehmend enger werdenden Windungen nach oben schraubte. Auf dem Weg begegneten ihnen immer wieder Frauen. Alle nickten ihnen höflich zu, aber keine von ihnen blieb stehen. Sie schienen einem strengen Zeitplan zu folgen. Ein gertenschlankes Mädchen mit der majestätischen Haltung einer Massai schwebte mit einem Stapel in Leder gebundener Bücher unter dem Arm die Treppe hinunter. Haven wandte den Kopf, um einen zweiten Blick auf sie zu erhaschen, denn sie war sich

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