Alles Ist Ewig
»Ich weiß, dass sie nur eine Betrügerin ist. Sie denkt sich Geschichten aus, um ein paar reiche Leute glücklich zu machen.«
Chandra stieß ein mädchenhaftes Kichern aus. »Und wer hat dir das erzählt?«
Haven zog es vor, nicht zu antworten.
»Genau«, sagte Chandra dann. »Deine Quelle ist wohl nicht besonders verlässlich. Phoebe arbeitet sozusagen undercover bei der Ouroboros-Gesellschaft. Sie tut so, als wäre sie die letzte Hochstaplerin, aber ihre Gabe ist echt.«
»Und was ist deine Rolle in dem Ganzen?«, wollte Haven wissen. Diese Chandra hatte etwas Undurchsichtiges an sich, und Haven wollte, dass sie endlich zur Sache kam.
»Ich gehöre zu einer Gruppe von Schwestern. Wir nennen uns die Horae. Genau wie du haben wir schon viele Leben gelebt. Aber anders als du haben wir unsere Leben dem Ziel verschrieben, die Menschheit vor seinem Einfluss zu schützen.«
»Seinem?«
»Du nennst ihn Adam, aber das ist nicht sein wahrer Name. Er hat keinen wahren Namen.«
»Und wie genau schützt ihr die Menschheit vor seinem Einfluss?«
»Warum wartest du nicht, bis Phoebe dir das erklärt? Sie will dir ein Angebot machen. Eins, von dem wir alle profitieren würden.«
»Klingt ja verlockend«, entgegnete Haven abfällig. »Aber darüber muss ich erst nachdenken. Ich bin nicht nach New York gekommen, um neue Freunde zu finden. Ich habe ein paar wichtige Sachen zu erledigen, solange ich hier bin.«
»Wir wissen davon, und das ist Teil unseres Plans«, erwiderte Chandra. »Du hast Phoebe erzählt, dass ein Freund von dir verschwunden ist. Also: Du hilfst uns mit dem, den du Adam nennst, und wir versprechen dir, dass wir dir helfen, deinen Freund zu finden.«
»Ich weiß nicht. Wie gesagt, darüber muss ich erst nachdenken.«
»Du meinst, du musst es erst mit Iain Morrow besprechen.«
So laut, wie sie den Namen in der überfüllten U-Bahn aussprach, wollte sie Haven damit ganz klar provozieren. »Wie bitte?«, fragte Haven und warf schnell einen Blick in die Runde, um sich zu vergewissern, dass niemand mitgehört hatte.
»Ja, wir wissen von Mr Morrow. Wir wissen, dass er noch am Leben ist. Und wir können dafür sorgen, dass das auch so bleibt. Wir können sogar sicherstellen, dass ihr zwei euch nie wieder verstecken müsst. Ihr könntet leben, wo immer ihr wollt, ohne ständig nach Grauen Ausschau halten zu müssen.«
»Und wie genau soll das funktionieren?«
»Komm in die Lenox Avenue 623.« Chandra reichte Haven eine Visitenkarte. »Heute Abend um sechs. Und bring Mr Morrow mit. Phoebe wird euch dann alles erklären.«
Haven sah sich die Karte an. Sie war schmutzig und zerknickt, als hätte jemand sie von der Straße aufgelesen. Darauf standen die Adresse und eine Telefonnummer: 534 – 8987 .
Die Bahn fuhr in die Grand Central Station ein, und die Leute in ihrem Wagen tauschten die Plätze mit denjenigen, die draußen auf dem Bahnsteig gewartet hatten. Haven trat einen Schritt zur Seite, um einer Frau aus dem Weg zu gehen, die einen Kinderwagen voller alter, schmutziger Puppen vor sich herschob. Als sie an ihre Haltestange zurückkehrte, war Chandra verschwunden.
KAPITEL 14
D u hast ihn gesehen? Und mit ihm geredet ?« Sie standen draußen auf Frances Whitmans Dachterrasse, und Iain tigerte auf und ab. Haven starrte voller Unruhe auf seine Füße, besorgt, er könnte auf einem Stück Eis ausrutschen und hinunter in den Park stürzen.
»Ich hatte gar keine Wahl. Irgendjemand in dem Spa muss ihm erzählt haben, dass ich da war.« Haven bemerkte, wie Frances durch einen Spalt in den Wohnzimmervorhängen zu ihnen nach draußen lugte.
»Du hattest immer noch die Möglichkeit, nicht mit ihm zu reden, oder etwa nicht?«
Haven schlang die Arme um ihren Körper. Siebzehn Stockwerke über der Straße war der Wind schneidend kalt. »Was hätte ich denn machen sollen, einfach schweigend dastehen?«
»Du hättest abhauen können«, sagte Iain.
»Ich hatte einen superkurzen Bademantel an und nichts drunter. Wo hätte ich denn so bitte schön hinlaufen sollen?«
»Du hattest was an?«, rief Iain ein bisschen zu laut. In dem Apartment ein Stockwerk höher ging ein Licht an, und Haven sah, wie eine Gestalt in die Dämmerung hinausspähte. »Ach, vergiss es. Ich will es gar nicht genauer wissen. Ich kann gut darauf verzichten, dass sich das Bild für den Rest der Ewigkeit in mein Gehirn brennt. Also, was hat Adam zu dir gesagt?«
»Er hat mir noch einmal versprochen, dass er mich in Ruhe lassen wird.
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