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Alles Ist Ewig

Alles Ist Ewig

Titel: Alles Ist Ewig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kirsten Miller
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sicher, dass sie die schöne junge Frau schon einmal irgendwo gesehen hatte. Eine förmlich gekleidete Dame eilte mit einem Korb voll geschnittener Pflanzen an ihnen vorbei. Sie sah aus wie eine japanische Touristin, die einmal vier Kleider in Havens Boutique in Rom gekauft hatte. Hinter ihr kämmte ein kleines Mädchen, das nicht älter als sechs Jahre sein konnte, im Gehen eine Perücke. Selbst das Kind kam Haven bekannt vor. Das taten sie alle. Als Haven schließlich eine junge Frau erkannte, die ihr während ihres ersten Besuchs in New York ein Paar Schuhe verkauft hatte, blieb sie abrupt stehen. Iain tat es ihr gleich, aber Vera wirkte besorgt über die ungeplante Verzögerung.
    »Ihr habt mich beobachtet«, stellte Haven fest, die sich plötzlich vorkam, als wäre sie in eine Falle getappt – wie ein wildes Tier, das eines Tages aufwachte und sich in einem Zoo wiederfand.
    »Ja. Phoebe wird dir alles erklären.« Vera deutete auf eine der großen Uhren, die auf jedem Treppenabsatz standen. Der Minutenzeiger hatte fast die Zwölf erreicht. »Wir müssen uns wirklich beeilen.«
    Als sie den vierten Stock erreichten, begannen Glocken zu läuten. Ein Mädchen mit blonden Haaren schloss eine Tür zu ihrer Linken auf. Es trug einen langen braunen Mantel und Motorradstiefel. Dasselbe Outfit, das sie auch in Florenz angehabt hatte. Haven streckte gerade die Hand aus, um Iain am Ärmel zu zupfen, als die Uhren aufhörten zu schlagen. Unten im Haus gingen ungefähr ein Dutzend Türen auf einmal zu. Eine andere öffnete sich vor ihnen.
    »Wir sind da«, rief Vera.
    Die kleine Gruppe betrat einen sonnendurchfluteten Wintergarten, in dem die Pythia gerade Pflanzen bewässerte, die in ordentlichen Reihen aufgestellt waren. Im Spa hatte sie uralt gewirkt, jetzt konnte Haven jedoch sehen, dass Phoebe nicht viel älter als sechzig sein konnte. All ihre mystischen Accessoires waren verschwunden, und ihr Haar war zu einem eleganten silbernen Bob geschnitten. Auf das ungeübte Auge hätte ihr einfaches beiges Kleid unscheinbar wirken können. Haven aber erkannte es als das Werk eines Meisterschneiders. Und es stand Phoebe ausnehmend gut. Selbst in New York gab es wenige Frauen, die eine solch unangestrengte Eleganz besaßen.
    »Bitte, nehmt doch Platz«, sagte Vera zu Haven und Iain. In einer Ecke des Raums standen drei Korbsessel bereit.
    »Hallo«, begrüßte Phoebe das Paar freundlich. Als sie Havens besorgtes Gesicht sah, lächelte sie. »Du bist bestimmt überrascht, mich in so normaler Aufmachung zu sehen.«
    »Ein bisschen«, gab Haven zu, und ihre Anspannung ließ etwas nach.
    Phoebe schmunzelte. »Im Spa muss ich glaubwürdig wirken. Meine Kundinnen wären furchtbar enttäuscht, wenn ich in meiner Alltagskleidung zur Arbeit erscheinen würde. Und Sie müssen Mr Morrow sein.« Sie sah Iain nicht bloß an – sie studierte ihn, stellte Haven belustigt, aber nicht erstaunt, fest. Selbst ältere Frauen konnten sich Iains Charme kaum entziehen.
    »Wir sind uns schon einmal begegnet«, entgegnete Iain nüchtern. »In der Ouroboros-Gesellschaft.«
    »Ja, natürlich. Wie konnte ich das nur vergessen?« Phoebe blickte zu der blauhaarigen jungen Frau hinüber, die noch immer an der Tür stand. »Vera, Liebes, würde es dir etwas ausmachen, wenn ich mich kurz allein mit unseren Gästen unterhalte?«
    »Natürlich nicht«, antwortete Vera, obwohl Haven den Verdacht hatte, dass sie gern geblieben wäre.
    Als Vera die Tür hinter sich geschlossen hatte, goss Phoebe die letzten Pflanzen auf den Fensterbänken des sonnenhellen Raums. Haven fiel sofort auf, dass es keine typischen Zimmerpflanzen waren. Die hohen blattlosen Stängel erinnerten an eine Art Schilfrohr, das an den Ufern ferner Flüsse wachsen mochte. Sie verströmten einen schwachen Duft, der Haven an irgendetwas erinnerte, doch sie konnte nicht genau sagen, an was.
    »Was züchten Sie da?«, fragte sie daher. »Der Geruch der Pflanzen kommt mir irgendwie bekannt vor.«
    »Keine lebende Sprache hat einen Namen für diese Gattung. Sie ist seit Jahrhunderten so gut wie ausgestorben.« Phoebe schloss die Augen und atmete tief ein. »Für mich riechen sie nach Zypressenwäldern und Olivenblüten. Aber für dich wird der Geruch vermutlich nicht derselbe sein. Er ist für jeden anders. Das ist einer der Gründe, warum diese Pflanzen so wichtig für meine Arbeit sind. Aber dazu später mehr. Ihr müsst noch eine Menge anderer Fragen haben. Sollen wir versuchen, Antworten auf

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