Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Alles Ist Ewig

Alles Ist Ewig

Titel: Alles Ist Ewig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kirsten Miller
Vom Netzwerk:
gebracht hat, als ich klein war. Damals hab ich hauptsächlich von drei Leben erzählt. Ich hab immer davon geredet, im siebzehnten Jahrhundert ein berühmter Schauspieler gewesen zu sein. Es wäre sogar möglich, dass Shakespeare die Rolle des Hamlet extra für mich geschrieben hat. Ein oder zwei Jahrhunderte später war ich dann ein erfolgreicher Kinderschauspieler, bin aber leider an irgendeiner schrecklichen Krankheit gestorben. Und in meinem letzten Leben war ich Wallace Reid.«
    »Wer?«, fragte Haven.
    Calum runzelte die Stirn. »Wallace Reid war ein Stummfilmstar. ›Der größte Liebhaber, den die Leinwand je gesehen hat.‹ Na ja, jedenfalls war meine Mutter ziemlich überzeugt davon, dass ich zu Großem berufen bin.«
    »Sie muss sehr stolz auf dich sein«, sagte Haven. »Du hast es schließlich ganz schön weit gebracht.«
    »Na ja, alles ist relativ«, entgegnete Calum ohne seine gewohnte Bissigkeit. »Wir reden nicht mehr viel miteinander.«
    »Hey, ihr zwei. Wollt ihr mal was Tolles sehen?«, rief Alex zu ihnen herüber. »Ich will euch etwas zeigen, das ich vor ein paar Wochen entdeckt habe. Es kann noch nicht lange hier sein, sonst wäre es mir bestimmt schon früher aufgefallen.« Sie stand vor einem glänzenden Zwanzigerjahrekleid, das mit Tausenden und Abertausenden von Goldperlen bestickt war. Es waren 10725 Stück, um genau zu sein, und jede einzelne war aus reinem, vierundzwanzigkarätigem Gold. Haven wusste das deshalb, weil dieses Kleid ihr gehört hatte, als ihr Name noch Constance Whitman gewesen war. Ihr wurde schwindelig, und sie nahm das Schild, das auf Höhe der Füße der Puppe angebracht war, zum Anlass, sich einen Moment hinzuhocken, um wieder zu Atem zu kommen.
    ABENDKLEID, SEIDE MIT GOLDPERLEN, UM 1924.
    GESCHENK EINES FREUNDES DER FAMILIE WHITMAN.
    »Was machst du denn da unten?«, fragte Alex.
    »Die Beschreibung lesen«, erwiderte Haven matt.
    »Na, dann steh mal schnell wieder auf und sieh dir den Arm der Puppe an.«
    Haven war noch immer ein wenig schwummrig, als sie sich wieder aufrichtete, und ihre Knie gaben beinahe unter ihr nach, als sie das goldene Armband an dem geisterhaft weißen Handgelenk erblickte. Es war eine Schlange mit zwei rubinroten Augen, deren Kiefer sich um ihren eigenen Schwanz schlossen. Ein Ouroboros.
    »Glaubt ihr, das hat jemandem von uns gehört?«, fragte Alex.
    »Keine Ahnung«, erwiderte Calum. »Wann ist die Gesellschaft denn gegründet worden?«
    »Neunzehnhundertdreiundzwanzig«, sagte Haven, und die beiden fuhren zu ihr herum.
    »Woher weißt du das denn?«, wollte Calum wissen. »Du bist doch noch nicht mal Mitglied.«
    »Aber damals war ich eins«, erklärte Haven. »Ich hab dieses Kleid entworfen, und das da war mein Schmuck.«
    »Ist nicht dein Ernst!«, rief Alex. »Ich wusste , mein Gefühl, dich unbedingt hierherbringen zu müssen, war nicht unbegründet. Glaubst du, ich bin eine Hellseherin oder so was?«
    »Hör auf, dich selbst zu beweihräuchern, und lass Haven erzählen!«, schnitt Calum ihr das Wort ab. »Ich sterbe sonst gleich vor Neugier!«
    »Nein, nein, warte!«, entgegnete Alex. »So was Spannendes sollte man nicht im Stehen besprechen. Lasst uns mittagessen gehen, dann kann Haven uns alles in Ruhe erzählen.«
    »Hervorragende Idee«, stimmte Calum zu, und die beiden marschierten auf die Treppe zum Erdgeschoss zu.
    »Hey«, rief Haven ihnen hinterher, als sie sich auf den Weg zur Abteilung für Ägyptische Kunst machten. »Ich glaube, zum Ausgang geht es da aber nicht lang.«
    »Natürlich nicht«, bestätigte Alex. »Wir sind doch auch gerade erst gekommen. Wieso sollten wir denn schon wieder gehen?«
    Sie liefen am ägyptischen Tempel von Dendur vorbei, an glänzenden mittelalterlichen Rüstungen und umrundeten eine Statue der Andromeda, die an eine Felsklippe gekettet war. In einem der französischen Salons stiegen Alex und Calum über eine Samtkordel und machten es sich in zwei Plüschsesseln mit vergoldeten Beinen bequem. Der Raum wirkte edel und opulent, trotz des unverkennbaren Geruchs nach Würstchen, der in der Luft lag.
    »Bedient euch«, sagte Alex. Auf einer französischen Kommode aus dem achtzehnten Jahrhundert standen ein paar abgedeckte Silberplatten. Calum sprang auf und hob einen der Deckel hoch.
    »Hotdogs?«, stöhnte er. »Wir sitzen hier in einem Zimmer aus dem Haus des Marquis de Cabris und essen ausgerechnet Hotdogs ?«
    »Ich mag Hotdogs nun mal«, erwiderte Alex. »Und die Franzosen auch. Sei doch

Weitere Kostenlose Bücher