Alles ist grün
Party aller Zeiten, einem spektakulären kollektiven Vereinigungswerbespot, der Einweihung der neuesten Vorzeigediskothek der Juxhauskette sowie dem angekündigten Auftritt von Jack Lord, dem Hauptdarsteller aus Hawaii Fünf-Null, Bildhauer, Pilot und – ebenfalls unter der Ägide jenes J. D. Steelritter, der Sternberg und D. L. dreizehn Jahre vor dem Tag, dessen Beginn ich unterbrochen habe, als Werbekinder zusammengebracht hatte – Geschäftsführer des neuen und deregulierten Helikopter-Shuttle-Betriebs LordAloft, der heute, am Vereinigungstag, den landesweiten Flugbetrieb aufnahm.
Das alles könnte nach einer Abschweifung von diesem Hintergrund ausgesehen haben, noch dazu einer umständlichen und verwirrenden, und ich möchte betonen, dass mir das leidtut und dass ich mir der Tatsache schmerzlich bewusst bin, dass unsere gemeinsame Zeit kostbar ist. Ehrlich. DerNotwendigkeit eingedenk, ökonomisch zur Sache zu kommen, folgen hier daher ein paar schlichte, wahre, unverbindliche Aussagen, die ich Sie einfach zur Kenntnis zu nehmen bitte. Mark Nechtr stammt aus einer Vorstadt von Baltimore, ist jung und (worüber er auch nie sprach) ein Treuhandfondsbaby, der Erbe eines Waschmittelvermögens. Er studiert im Rahmen des universitären Schreibprogramms der East Chesapeake Tradeschool, wo er das Angebot finanzieller Unterstützung aus offensichtlichen, aber recht taktvollen Gründen abgelehnt hat. Er ist ein ganz anständiger Bogenschütze und hat an Wettkämpfen teilgenommen, seit er von einer molligen trinitarischen YWCA – Ausbilderin im Sweatshirt technisch entjungfert worden ist, die ihn zu den Vorzügen zwölfsträngiger Sehnen bekehrte, Halbfingerlederhandschuhen, absolut leerer Konzentration, dem Spannungszusammenbruch beim Lösen der Sehne und den Vorteilen von Hand befiederter Pfeile. Mark geht fast auf Zehenspitzen – irgendwas von wegen Klauenhohlfuß –, hat leicht asiatische Augen, strahlt das schon erwähnte Strahlen aus, obwohl er handschuhblasse Hände und ein Faible für kragenlose, ziemlich effeminierte Chirurgenhemden mitbringt – minimale Unvollkommenheiten, die die Gesamtvollkommenheit nur betonten, usw. usf.
Zu seiner bürgerlichen Ehe mit Drew-Lynn Eberhardt kam es, kurz gesagt, so: Eines schönen Tages wurde er Zeuge, wie die lindgrün gewandete Postmodernistin unmittelbar vor dem ersten Läuten zu Dr. Ambroses Workshop etwas Kleinkariertes und Gemeines an die grüne Seminarraumtafel schrieb; sie sah, dass er sie sah – Scheiße, er saß einfach da, der Einzige der elf anderen Studenten, der so früh dran war; aber als D. L. sah, dass er sie sah, wischte sie es trotzdem nicht ab, tat’s einfach nicht; sie wollte da schon aus dem ganzen Programm aussteigen; die taktvoll kühle Aufnahme durch Ambrose durchstach als Erstes immer die dünne Haut derFeuerköpfe; es war ihr wurst, was der unproduktive, stiernackige Seminarliebling sah; sollte er doch petzen und Ambrose sagen, was sie angeschrieben hatte, oder es abwischen, da die beiden pädagogisch doch so toll miteinander konnten. Und so nahm sie mit vorgerecktem Becken und in Tränen aufgelöst Reißaus, als es zum zweiten Mal läutete, griff sich mit so Mitleid erregender Verletzlichkeit an die Polyesterbrust, dass es den Jungen rührte, der sich unter seiner sonnigen, lederbraunen und gesunden Schale ebenfalls für ganz schön verletzlich und abgefuckt hielt. Aber weder wischte er den kleinkarierten kritischen Limerick ab noch petzte er Ambrose oder einem von uns, wer ihn angeschrieben hatte. Es war ihm egal, ob wir ihn für den Verfasser hielten, also taten wir das auch nicht, und die Autorschaft lag sowieso klar zutage – D. L. war die einzige Studentin, die an dem Tag unentschuldigt fehlte, und ihre trockene, säuerliche Bosheit war dem Ding deutlich anzumerken (außerdem war es selbstgefällig und schlecht). Die Hölle selbst kann nicht wüten wie eine kühl aufgenommene Postmodernistin. Und Professor Ambrose sagte zwar nichts, griff auch nicht als Erstes nach dem Schwamm, war aber sichtlich verletzt: Außerhalb der Buchseiten stand er im Ruf eines ziemlich sensiblen Typen. In Wahrheit war er am Boden zerstört, wie er J. D. Steelritter schrieb, aber Mark Nechtr gestand er das nie.
Von da an wurden Mark und D. L. zusammen gesehen. Warum? Die Frage wurde gestellt, aber hallo, und zum Thema ihrer Flüssigkeiten wurde allerlei Senf dazugegeben.
Sie, weil Mark gesund und beliebt war, nicht gepetzt, sondern sich um
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