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Alles ist grün

Alles ist grün

Titel: Alles ist grün Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Foster Wallace
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alles.«
    »…«
    »Wenn du nicht sagen willst, wo du hinfährst, dann kannst du mir wenigstens verraten, warum das Bremslicht am Armaturenbrett immer anbleibt.«
    »Das Bremslicht?«
    »Hier am Armaturenbrett. Solange ich mich erinnern kann, ist das Ding noch nie ausgegangen. Wenn du Probleme mit den Bremsen hast, kann ich dir ’n paar Werkstätten empfehlen.«
    »Da stimmt was nicht hinter dem Armaturenbrett. Irgendwas ist da falsch verkabelt. Das geht nie aus. Seit ich die Karre hab. Für mich ist das inzwischen so ’ne Art ewiges Licht.«
    »Das geht nie aus?«
    »Und an den Bremsen liegt das auch nicht.«
    »Würd ich ja ’ne Gänsehaut von kriegen, glaub ich.«
    »Weiß nicht. Ich mag’s irgendwie. Ich glaub, ich find das irgendwie schon fast beruhigend.«

LEN
    Wobei auch der Novize wohl schnell erkennt, dass ein – ob nun auf Zeit oder nicht – als eine schlichte Lossagung von Werten geführtes Leben bestenfalls schnell verstopft wird und schlimmstenfalls hohl: ein lebenslanges Warten auf Wird-nie-sein. Dasitzen in passiver Hinnahme (statt einer Beurteilung) des Geschehens und Endens der Dinge.
    Ich werde auf die Ankunft derer warten, deren Umlaufbahnen ich zerstört habe. Ich werde die Öffentlichkeit des Ganzen abwarten – die kollektive Haltung, die Beratschlagungen, Beschuldigungen, Loyalitätsbekundungen, den Verrat, die Konsequenzen. Und dann wird auch das enden. Die Verletzten werden die Geschädigten führen. Meine Konstellation wird außerhalb meines Horizonts liegen.
    Aber sie werden warten, weil ich warten werde. Wir werden auf den Tag warten, an dem Punktion und Zingulum von Carlina Rentaria-Cruz für Leonard Shlomith einfach zum Alltag gehören werden. Und wir werden auf den unausbleiblichen Tag warten, an dem verstummte Pfeifen ertönen und meine eine Sirene mich für einen Mann von der Farbe edler Zigarillos verlassen wird.
    Und sagt dann nicht, ich würde auf etwas warten, das das Warten lohnt.
LABOV
    »Macht, dass ihr wegkommt, und lasst die Dame in Frieden!«, brülle ich eine Bande von jungen Gannefs in Leder an, die den ganzen Plastikwarteraum am Hochbahnsteig beanspruchen, pfeifen und Kommentare zu den Tränen abgeben, die an den dicken Brillengläsern von Mrs. Tagus im Wind gefroren sind. In meinen kalten Füßen (Arthritis auch in den Füßen) auf dem Bahnsteig spüre ich, dass die Bahn kommt.
    Ich sage Mrs. Tagus, sie soll anrufen, wenn sie ein Nachttaxi nach Hause braucht. Ich treffe sie dann zu Hause.
    Ein Landstreicher neben einer brennenden Mülltonne singt über beide Gleise hinweg die Nationalhymne, das Lied erreicht uns und wird sogleich von dem auf dem Bahnsteig stark blasenden Winterwind verweht. Aller Schnee ist in starren Positionen gefroren. Ich gebe Mrs. Tagus die Thermosflasche mit Tee für den Zug, die Fahrt dauert eine Dreiviertelstunde, aber zum Glück ohne Umsteigen.
    Ich sage Mrs. Tagus, sie soll ihren Jungen sagen, sie sollen in meiner Wohnung anrufen. Wir trinken etwas Heißes und besprechen die ganze Angelegenheit.
    Und jetzt kommt der Zug. Mrs. Tagus tastet sich voran. Sie redet nie, wenn sie weint, Greta. Wir übersehen das aus Gründen des Respekts. Sie hat die Schwelle des Zuges überschritten. Sie findet einen Einzelplatz, aber mit dem Rücken zur Fahrtrichtung, was mich beunruhigt, denn es könnte schlecht für den Magen sein. Greta zieht die Handschuhe ab und hebt die gelben Hände, an deren Weiße ich mich noch erinnern kann, sie hebt die Hände und nimmt die gefrorene Brille ab. Ohne ihre Brille ist Mrs. Tagus älter. Die Türen schließen sich, bevor ich mit meiner Steifheit hingehen und Mrs. Tagus durch die Türöffnung sagen kann, in welche Richtung der Zug fährt. Es ist so laut, ich kann den Lärm nicht ertragen. Ich halte mir mit den Händen in den Handschuhen, die ich mir gekauft habe, die Ohren zu und sehe, wie Mrs. Tagus auf einem Gleis Richtung Norden befördert wird. In unserem Haus in meiner Küche sehe ich mich in meiner Küche um und sehe, wie der Zug sie fortfährt.

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Alles ist grün
    Sie sagt, es juckt mich nicht, ob du mir glaubst oder nicht, es ist die Wahrheit, also glaub doch, was du willst. Damit steht fest, dass sie lügt. Wenn es die Wahrheit ist, bricht sie sich immer total einen ab, damit du ihr glaubst. Ich glaube also zu wissen, was Sache ist.
    Sie steckt sich eine an und sieht weg, sieht gemein aus mit ihrer Zigarette im Licht vom nassen Fenster, und ich hab keine Ahnung, was ich sagen soll.
    Mayfly, sag ich, ich

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