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Alles ist grün

Alles ist grün

Titel: Alles ist grün Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Foster Wallace
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sollten unter den jetzt aussteigenden Leuten sein, die sich unter den Rotorblättern bücken und gegen den herumgewirbelten Grus und die Morgennebelfetzen ihre Kopfbedeckungen festhalten. Aber keine Jugendlichen. Die vom Rollfeld durch das blumenübersäte Gate Hereinkommenden sehen alle zu erwachsen aus, zielstrebig, weder ein Scheiß- noch ein Sauhaufen.
    Ein Sauhaufen? Erwachsen? J.   D. Steelritters eigener DeHaven Steelritter ist ein kommerzielles Markenzeichen. Ein Clown. Der Clown. Ist jetzt seit einem Jahr der Ronald derWerbekampagne, seit der Fehltritt des letzten Ronald mit dieser Malaiin (O Mann, die hatte aber auch eine Haut wie Kaffee mit einem Schuss Sahne, und die Augen erst!) im Verwunschenen Pommes-Frites-Wald J.   D. gezwungen hatte, dafür zu sorgen, dass dieser spezielle Clown nie wieder in der Branche Fuß fassen konnte. Nie. Sein grell verschmierter Lippenstift auf dem Café-au-Lait-Bauch der Schönen! Die rote Nase, mit der Obszönität erwachsener Gewalt über ihre eigene gestülpt! Die Knutschflecken – Gott sei Dank wenigstens keine Veilchen, also keine Zugeständnisse erforderlich, und als die malaiische Bühnenmutter das arme Ding, dem die Beine zitterten wie einem frisch geborenen Fohlen, von der Bühne führte, konnte man ihr alles als Lampenfieber verkaufen. Mein lieber Scholli, nie wieder einen von diesen grauhaarigen Zirkusclowns; Männern, von denen zwölf in einen Honda Civic passen, kann man nicht trauen, stimmt’s? Stimmt.
    Ja und DeHaven Steelritter? erwachsen? mutmaßlicher Sohn? potenzieller Erbe? Thronräuber? Wer konnte diesen DeHaven Steelritter lieben – Alter: muss sich rasieren; Größe: steht absichtlich da wie ’n Schluck Wasser in der Kurve; Gewicht: Woher soll man das wissen bei so viel Leder oder diesem pockennarbigen Tüpfelkostüm mit den ausladenden Hüften und den Schwimmflossen an den Füßen; Schulbildung: Da Schule nicht zu hundert Prozent leicht und vergnüglich ist, ist sie »Schwindel«; Berufsziel: atonaler Komponist (angeblich), verlangt einen Höchstlohn für ein erbrachtes Minimum und verpisst sich (offenbar) den Rest der Zeit? Er repräsentiert das Produkt. Ist Ronald McDonald. Professionell. Dieser Sohn, dieses Gerstenkorn am kosmischen Augenlid, dieser Blindtext im kosmischen Anzeigentext, repräsentiert das Gemeinschaftsrestaurant der Welt.
    Und was ist mit Dankbarkeit? Der Job ist clownmäßig ein Traum vom Zuckerschlecken – Clownveteranen würden alleinfür ein gekichertes Vorsprechen ihr linkes Ei hergeben. Aber nach dem Lampenfieberschlamassel war das ein abgekartetes Spiel. J.   D. Steelritter kontrolliert Image und Wahrnehmung der McDonald’s-Kette und hat sie seit den Anfängen der ersten Collision-Illinois-Ray-Kroc-Burger-Bude kontrolliert.
    Keine Ehemaligen in diesem LordAloft. Sie haben ihn verpasst. Kinder. Das Haar in jeder vollkommenen Scheißküchensuppe. DeHaven sieht zu J.   D. herüber und zuckt die Schultern, kontrolliert sein fettes Klemmbrett, zuckt die Schultern mit der Was-soll-man-da-machen-Apathie, mit der er jedem Hindernis begegnet. J.   D. denkt nach. Was ist sein Sohn? Die Juden haben doch bestimmt ein Wort dafür, stimmt’s? Schlemihl heißt der tollpatschige Kellner, der einen mit der kochend heißen Suppe verbrüht, Schlamassel ist der völlig unschuldige Pechvogel, der die Suppe abkriegt, und J.   D. Steelritters Sohn ist der Gast, der die Suppe (auf Pump) bestellt hat, der jetzt sofort seine Scheißsuppe haben will und außerdem Ruhe von dem brüllenden verbrühten Typ da drüben, damit er seine Suppe mit all dem friedlichen und stillen Genuss verzehren kann, den er nicht verdient hat. Ein Kind, das aus der Gebärmutter flutschte und sich inkommodiert fühlte.
    Um Missverständnissen oder Vorurteilen vorzubeugen, J.   D. ist traurig, üblicherweise aber nicht so bitter. Hauptsächlich geht das auf den Schlafmangel zurück, auf Angst, eine fast heiligabendmäßige Vorahnung sowie die längere Nähe seines Sohnes, die, Hand aufs Herz, auch eine elterliche Engelsgeduld strapazieren würde. DeHaven ist kein schlechter Junge, das weiß J.   D. Mit den kommerziellen Kindern kann er gut umgehen. Legt dann eine Sanftheit an den Tag, die einen geringeren Werbefritzen erstaunen würde. Bei dem Jungen kriegt garantiert nie wer Lampenfieber.
    Als Clown ist er aber ein Lehrling, der dritte Ronald McDonald in der Geschichte amerikanischer Restaurantketten, und dabei ist sonnenklar, dass er das nicht zu schätzen

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