Alles ist grün
›Neue Ausrüstung muss entworfen werden, um auch nur den Versuch zu wagen, das Vereinigungsessen der Schauspieler der vollen dreißig Jahre aufzunehmen, eine gedrängte und endgültige Umgestaltung zu erfassen, die das weltweite Verlangen nach Fleisch repräsentiert und so vermittelt, das panglobale Errichten des wahren und totalen Restaurants der Weltgemeinschaft‹. Ich weiß; Steelritter Advertising klingt eben so. Und Mr. Steelritter ist nicht gekommen, um uns zu empfangen. Wir hatten Verspätung. Wir. Mein Mann und ein Freund sind beide« – sieht sich um – »mein Mann ist in der Lounge, da drüben, mit Blick zum Fenster, den können Sie grade noch sehen. Mark Nechtr, mein Ehemann. Mit ch und ohne Vokal. Tragen Sie ihn bitte als Ersten ein. Dann D. L. Eberhardt, Einführung der McDonald’s-Freiluftess- und Familienspaßzonen, Winter 1970. Ich rutsche eine kompakt geschwungene Rutsche hinab, mein möglicherweise nackterkleiner Popo quietscht reibungsbedingt über sehr, sehr kaltes Metall. In aller Unschuld gebe ich dem Hamburgerklau einen Burger, den er nicht mal kaut, sondern mit einem Haps verschlingt, wovor ich zurückpralle. Der arme Mann platzte fast aus seinem Kostüm, bevor Steelritter mit den Aufnahmen zufrieden war. Das war ein Perfektionist. Er und die Schauspieler, die Kostüme trugen, konnten nicht so gut miteinander, hatten wir den Eindruck. Wir. Einen Thomas Sternberg sollten Sie als möglichen Fahrer bitte auch noch aufschreiben. Der war bei der Einführung der Drive-Thru-Option im Winter 1970 dabei. Er bittet per Gegensprechanlage mit Smiley drauf um ein FunMeal, und der Schauspieler am Steuer wuschelt ihm durchs Haar. Genießt die Pause, die er sich redlich verdient hat. Das sind wahrscheinlich mehr Informationen, als Sie brauchen. Wir sind einfach nur sehr müde, wir sind die ganze Strecke von der Ostküste hergeflogen, haben nicht richtig geschlafen, sind nicht abgeholt worden, und wir möchten da einfach nur endlich ankommen. Mit minimaler Schikane. Wir sind spät dran, haben ein Transportproblem und genug Kredit, um das zu beheben. Und die nationale Kreditkarte unserer Wahl ist: Visa. Sie haben recht, genau genommen ist das nicht unser Name auf der Karte. Genau genommen gehört die Karte dem Vater meines Ehemanns Mark Nechtr. Der ist in der Waschmittelbranche und leider nicht Steelritters Klient.«
Narrative Dynamik kommt auf. Sternberg sitzt da und versucht ängstlich, seine Schuhe den Blicken zu entziehen. In weiterer Ängstlich- und Unschlüssigkeit betastet er seine Stirn, als der Geruch, den das von ihm Konsumierte produziert, um ihn her aufsteigt. Neben ihm lässt der rotzahnige Mark träge seinen Pfeil hochschnellen, rotieren und mit der rasiermesserscharfen Dexter-Spitze im runden Lounge-Tischstecken bleiben. Das kann er gut – ein alter Lounge-Trick –; man lässt einfach Nocke und einen Teil des Zedernschafts über den Tischrand hinauszeigen, versetzt ihm einen leichten Klaps von unten, und das Ding dreht sich um sich selbst, kommt mit der Spitze voran runter und bleibt stecken. Der Barkeeper, der über punktierte Tischplatten nicht gerade erfreut wäre, ist zum Glück völlig vertieft in das, was die jetzt ledergekleideten Asiaten einer weißen Nonne antun.
»Liegt das daran, dass J. D. Steelritter, dem wahrscheinlich dieser ganze Flughafen mitsamt Inventar gehört, keine Klienten aus der Waschmittelbranche annimmt?«, will D. L. wissen. »Und nein, ich versuche doch gerade, Ihnen klarzumachen, dass das sehr wohl unsere Karte ist, sie ist nur auf den Namen seines Vaters ausgestellt. Ein Hochzeitsgeschenk. Wir sind praktisch frisch verhei- – aber warum muss sie denn auf unseren Namen ausgestellt sein? Ich bin über einundzwanzig, ich bin fünf undzwanzig, Herrgott noch mal – schauen Sie sich doch meinen Führerschein an. Ich bin schwanger. Ich habe einen Gatten. Nein, Mark hat keine Visa-Karte auf seinen eigenen Namen. Er studiert noch. Wir erwerben uns gerade erst Kredit. Und von Tom Sternberg weiß ich, dass er keine Kreditkarte hat. Er zahlt immer bar. Hat nicht mal ein Girokonto. Er begründet das politisch, aber in Wahrheit hat er nur Angst, er würde davon überfordert und könnte es überziehen.«
Die Avis-Angestellte kaut verständnisvoll und erklärt, dass Autovermieter Karten brauchen, deren Namen mit denen der Mieter identisch sind. Dass sie nur die Firmenpolitik wiedergibt. Dass es da schwarz auf weiß steht. Aus rechtlichen Gründen. Man muss
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