Alles ist grün
brennt, sondern ihr Feuer auch in einem beruhigenden Abstand von seinem Körper aufglimmen lässt. Auch an diesem Punkt, wo wir möglicherweise endlich vorankommen, könnte die vorige, vom eigenen Interpretationsfuror besessene Generation lähmend selbstbewusster Schriftsteller anmerken, dass die Erzählung nicht vorankommt, nicht dem Scheitelpunkt des nahtlosen Freytag’schen Dreiecks zustrebt, den wir an diesem Punkt, S. 35 (Manuskript), erklommen haben sollten. Ganz wie ihr Hohepriester C— Ambrose würden sie darauf bauen, dass das explizite interne Eingeständnis ihres Scheiterns, endlich loszulegen, sieirgendwie von der Verpflichtung befreie, endlich loszulegen. Oder dass es auf irgendeine rekursive und vor allen Dingen geniale Weise genau die Bewegung repräsentiere, die es vorgeblich dementiere. Mark nimmt an, dass diese Gamarahiten im Grunde ein ehrlicher Haufen sind – wenn auch eher Kritiker als die Priester, die sie so gern wären – und dass es ironisch ist, dass sie eben wegen ihrer kritischen Integrität von genau der Illusionsindustrie vereinnahmt werden, die sie regulieren wollen. Mark Nechtr ist im Schlangestehen von altmodischer Geduld. T. Sternberg verkörpert da eine andere Generationengeschichte. Graue Wolken wabern in schleichendem Schmerz durch sein halbes Sichtfeld. Als das Nikotin seinen Kreislauf flutet und in seinen Schlafmangel kracht, brechen fiese Gedanken über Sternberg herein, die hier kommentarlos wiedergegeben werden. Elender Scheißfarmer. Elende Scheiß-Avis-Frau aus dem Mittleren Westen mit ambossförmigem Haar, durchsichtiger Warze auf der Braue und Zuckerscheiß in den Mundwinkeln. Das schwarze Mädchenhaar auf ihrem Arm leuchtet quasi. Scheiß auf Mark mit seinem hypnotisierten Starren, den sensiblen Wimpern, dem Gestank nach Gesundheit und seinem einsamen Aluminiumpfeil, an dem phallischen kleinen Kerl befestigt oder so, ein tolles Versteck in dem halslosen, weibischen Chirurgenhemd, wo die Spitze noch knapp unter seiner Kehle zu sehen ist. Die Pfeife weiß nicht mal, wie sie für andere Leute aussieht. Scheiß auf D. L. mit ihrem adretten Bauch im zweiten Trimenon, ihrem Beckenlimbo, dem superschlauen Schmollen und dem Versagen, sich seiner Erinnerung anzupassen, und wie sie da jetzt irgendwas Progressives mit Eselsohren an die Brust drückt, statt mal sichtbare Titten wuppern zu lassen. Scheiß auf Tom unter seinem leicht öligen Schweißfirnis, weil er auf dem Poster der Bowler, die sich in einer neuen Dimension Familienspaß gönnen, keinen einzigen lausigen Fehler erkennenkann. Wir wollen einfach bloß fahren, Menno. Gratis. Zur Vereinigung. Wir wollen einfach bloß das absolut unvermeidbare Minimum tun. Steuern zahlen und sterben. Sternberg hegt Ressentiments, die so tief sitzen, dass er sie selbst nicht kennt. Daher die miese Laune und das verzweifelte Bedürfnis, seinen Körper zu entleeren. Das ist ekelhaft real, fürchte ich. Aber was tun?
Avis-Mädchen mit durchsichtiger Warze und glasiertem DoughNugget hinter Aluminiumtresen: »Womit können wir Ihnen heute dienen?«
Am anderen Ende des unteren Terminals liegt die untere Lounge, fast leer, die runden Schößlinge der Plastiktische haben nur einen Stiel, oben abgeplattete Atompilze, der Barkeeper in seiner grünen Weste hängt gespülte Gläser an den Stielen unter einen großen Fernseher, der in einer Ecke auf der Seite, auf der Sternberg nichts sehen kann – obwohl sein anderes Auge wahnsinnig scharf sieht, tatsächlich das Auge eines Scharfschützen –, kneipenhoch angebracht ist.
»Als Erstes möchte ich Ihnen gleich sagen, dass wir einen Datsun brauchen«, sagt D. L., den Tresen in theoretischer Brusthöhe.
Hawaii Fünf-Null und der Barkeeper haben beide fast achtundvierzig Stunden hinter sich. Der Barkeeper ist schlecht drauf, muss noch einmal hören, wie Danno angewiesen wird, jemanden zu verknacken … Auch Sternberg kennt die Folge schon und dreht den Kopf hin. Er mag einfach Folgen, die er schon kennt.
»Keine Datsuns mehr? Mark, sie sagt anscheinend, dass es keine Datsuns mehr gibt.«
Mit Blick auf Sternberg und den fernen hochgestellten Fernseher: »Datsuns heißen jetzt Nissans, Schatz. Frag, ob sie einen Nissan haben.« Das hat er ihr schon mal zu verklickern versucht, aber die Info kommt nie richtig an.
Die erste Gewaltanwendung in dieser Folge. Jack Lords Antagonisten werden immer vorgestellt, indem sie Unschuldigen und Komparsen Gewalt antun. Hier betreten bedrohliche Asiaten
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