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Alles ist grün

Alles ist grün

Titel: Alles ist grün Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Foster Wallace
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überraschend geduldigen Parallelschlange am Avis-Schalter vom C.   I. Airport versucht ein hünenhafter Farmer im Overall – so groß, dass er den Schalter unabsichtlich als Schemel nutzt, den Stiefel auf dem Schalter und den Ellbogen auf dem Knie hat –, eine ganze Tausend-Scheffel-Ernte von erstklassigem Illinois-Futtermais plus seinen Allis-Chalmers-Mähdrescher, Baujahr 81, für die nur dreiwöchige Miete eines ausländischen Fabrikats zu verschachern. Jedenfalls irgendwas Ausländisches, das ist das Traurige. Anscheinend für seinen Ältesten. Seine Jungen und unsere Jugendlichen folgen den Verhandlungen. Der Avis-Angestellten ist der für die zweite Wahl geltende Imperativ bewusst, die Anstrengungen zu verstärken, und sie erklärt, sie mache die Regeln nicht, sondern vermittle sie nur der Öffentlichkeit, und das Tauschangebot müsse sie leider ablehnen, auch wenn sie die Gefühle des Farmers sehr gut nachempfinden könne.
    »Datsun oder gar nichts«, schärft D.   L. den beiden noch einmal ein, und Mark Nechtr beißt die Zähne zusammen und setzt ein verkniffenes Lächeln auf. D.   L. lässt sich nur in Datsuns blicken. Das ist natürlich eine Neurose, aber sie ist so mächtig, dass man in vielen amüsanten Fällen, für die wir hierkeine Zeit haben, nachgeben muss. Sternberg mustert um den Schenkel des mächtigen Farmers herum die ganze Zeit ein weiteres Poster, das für Central Illinois’ Bowling-Center für die ganze Familie wirbt. Sternberg hat zwar sein ganzes Leben mit seinen Eltern zusammengewohnt und tatsächlich auch nur sie je geküsst, trotzdem verwirrt ihn die Wendung »Spaß für die ganze Familie«.
    Die Weigerung der Avis-Angestellten, auf das Tauschgeschäft des mächtigen Farmers einzugehen, zeugt von Mitgefühl und Verständnis, aber nicht von Mitleid oder Anteilnahme. Die mangelnde Anteilnahme liegt wahrscheinlich daran, dass sie den Mund voll hat mit süßen mundgerechten Stücken Breakfast DoughNugget, während sie geduldig Avis’ unabänderliche Zahlungspraktiken erläutert: Bargeld, lokal ausgestellte Schecks mit Garantiekarte oder zumindest Daten einer landesweit gültigen Kreditkarte, wozu in dieser misslichen Zeit MasterCard, AmEx, Visa, CitiCorp sowie die neue, praktische Discover Card mit immer mehr Optionen zählen. Der Farmer hat nur Rohgetreide, davon seltsamerweise aber zu viel, sodass es nichts wert ist. Und Avis’ Gewinnprognose bei der Vermietung von Mähdreschern an Flughäfen ist verständlicherweise düster. Der Farmer sehe doch sicher ein, dass es in einer solchen Situation keine Schuldzuweisung geben könne.
    Tut er. Der hünenhafte Farmer.
    Sternberg weist D.   L. auf das große Poster hin. Letztlich läuft der Slogan auf »Geniessen Sie Bowling in einer neuen Dimension« hinaus.
    Ihn verwirrt der Spaß für die ganze Familie, und das Poster jagt ihm irgendwie Angst ein. »Bowling ist doch eigentlich schon verflixt dreidimensional, findest du nicht auch?«
    Mark lächelt. »Vierdimensionales Bowling?« D.   L. lacht. Ihr Lachen hört sich oft an wie ein Husten. Und umgekehrt. Sternberg mustert das zweidimensionale Bild und sucht dieModels der Anzeigenfamilie nach Fehlern ab. Mark steht auf Zehenspitzen, dehnt die Fußgelenke, und sein Pfeil bildet unter seinem Chirurgenhemd einen vertikalen Winkel.
    Und auf einmal stehen sie an der Spitze der langen Schlange vor dem Schalter, merkt Sternberg. Wo ist denn der riesige alte Farmer geblieben, der außerstande war, in der Tradition, die die USA – nein, die ganze Evolution von den nomadisierenden Sammlern und Jägern bis hin zu Landbebauung und Städtegründung – erst möglich und groß gemacht hat, die Ernte eines ganzen Fruchtzyklus voller Schweiß und Mühen für lausige drei Wochen blitzschnellen Transports einzutauschen? Hat er seine flachnasige Brut um sich geschart, den Schild seiner Genossenschaftsmütze gelüpft, um sich die müde, backsteinrote Stirn zu wischen, und ist losgegangen, um es in der Filiale der ersten Autovermietung am Platz umso energischer zu probieren? Mark hat das Gefühl, er sollte deswegen niedergeschlagen sein: Das Auto war für die potenzielle Hochzeit des ältesten Sohns des Farmers mit der Tochter eines Kreditberaters gedacht. Aber Sternberg kann weder Farmer noch Brut mehr erblicken, sein Stuhlgangsimperativ ist inzwischen ein Übelkeit erregender Schmerz im Unterbauch geworden, und er zieht eine Zichte heraus, eine 100, seine Lieblingssorte, weil sie nicht nur ewig lange

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