Alles ist grün
aus Peoria bedient und ihm, während sie aus dem Portemonnaie am Gürtel Wechselgeld heraussuchte, en passant gesagt hatte, sie habe nach der Landung auf dem C. I. Airport Zeit totzuschlagen, weil sie auf eine Fahrgelegenheit warten müsse, und die der Pestizidvertreter unbedingt nageln will, Alters- und Teintaspekte kurzfristig mal hintangestellt, weil die Dinge für ihn in letzter Zeit überhaupt nicht gut gelaufen sind, denn die Maisschädlinge haben dieses Jahr anscheinend eine genetische Immunität gegen – oder schlimmer noch: eine Feinschmeckervorliebe für – speziell die Pestizide seines Unternehmens erworben, und die mit diesem Pestizid getränkten Maisfelder werden nun von den Schädlingen mit den distinguiertesten Gaumen ausfindig gemacht, und diese pflegen sogar, wie unter den Mikroskopen der Forschungslaboratorien nachgewiesen werden konnte, mit ihren Beinchen und Kiefern das Zeug wie Marmelade auf Blättern und Körnern zu verteilen, bevor sie zulangen, ein Grauen, und die einzige Hoffnung des Pestizidunternehmens, das Geschäftsjahr noch in den schwarzen Zahlen abzuschließen, ist sein Marketingfachmann bei J. D. Steelritter Advertising, der vorgeschlagen hat, das Zeug als Schädlings ablenker zu vermarkten, neuer Markenname Pest-Aside, es auf brach liegenden oder unfruchtbaren Feldern zu versprühen, als Finte zur Ablenkung, um die entomologischen Übergriffe auf die grüneren und zutatenfreien Maisfelder zu unterbinden, aber mit der Masche sind sie ein bisschenspät dran, um noch mehr als ein paar Verluste zu minimieren, und der Pestizidvertreter wird von Angst geplagt, hat gerötete Augen, auch sein Selbstwertgefühl ist im Keller, und er will unbedingt diese alterslose, aber seltsam scharfe, orangegesichtige Flugbegleiterin nageln, als zusätzliche Absicherung gegen weitere Verluste. Die Flugbegleiterin ist straßenköterblond, ihr Gesicht orange, an den Schläfen allerdings mit Portweinflecken. Ihr Gepäck muss nicht getragen, sondern kann gezogen werden. Sie heißt Magda, wobei das g stumm bleibt und das a entsprechend diphthonguliert wird, ungefähr so wie der Vokal in »kein« oder »Mai«.
Und so zuckt der schmalgesichtige Pestidor ob des plötzlich im Kompott erzitternden, auf seiner Liste erwartbarer Erscheinungen zweifellos weit unten rangierenden großen und bösen Dexter-Scheibenpfeils so schockiert zusammen, dass der Morgenbrandy von Flugbegleiterin Magda flugs in ihrem Schoß landet.
»Was zum Teufel ist denn das?«, hört Sternberg den Vertreter hinter sich aufschreien und zuckt in einem Warum-ausgerechnet-der-Zusammenzucken zusammen.
»Herr je«, kreischt Magda, springt abrupt auf – und versucht wie alle Bekleckerten instinktiv, sich von ihrer Kleidung zu entfernen. Sternberg, der sich wie die meisten Angehörigen seiner Generation mit abgewandtem Blick und Schulter voran an jeder von ihm verursachten Unordnung vorbeidrücken will und mit dem ominös verdunkelten Gabardinehosenschritt sowieso gerade keine Lust auf Konfrontationen hat – und genau in diesem Augenblick einen getüpfelten und leichtfüßigen Ronald McDonald herbeihüpfen sieht, der eine Kippe im Avis-Aschenbecher deponiert und Namensschildchen mit Goldbögen an D. L. und Mark Nechtr befestigen will, was von Letzterem abgewehrt wird, der die Aufmerksamkeit von Clown, Avis-Lady, Jesus-Typ sowie, heilige Scheiße, J. D. Steelritter höchstpersönlich in Richtung Lounge und auf ihn, Tom Sternberg, lenkt –, will sich Schulter voran an der kleinen Unordnung vorbeidrücken, die Marks Pfeil verursacht hat. Der verständlicherweise vergnatzte Pestizidmann jedoch, der mit dem punktierten Kompott und dem brandybekleckerten Liebesobjekt, hemmt Sternbergs Flucht mit einer eheberingten Hand und richtet ein gleichschenkliges Nasenporendreieck auf Toms gutes Auge.
Sternberg probiert es mit der barschen »Sorry, Mann«-Variante, schiebt die Schulter voran, Hände vor dem Schritt.
»Ich fürchte, ›sorry‹ reicht hier nicht ganz, junger Sir.«
»Junger Sir?«
»Sehen Sie sich meinen Rock an«, seufzt Magda.
»Sie haben … mein Frühstück erstochen.«
Wobei Brandy im Schoß einem ja nun auch nicht gleich die Seele auf halbmast schicken muss. Kein Vergleich mit kaltem Wasser auf dem Gemächt eines Menschen mit ambivalentem Körpergefühl. Das Wasser am automatischen Waschbecken spritzt notabene immer noch aus dem kaputten Hahn genau südlich unter einer Frau, deren in einem fotografisch verewigten Höhepunkt
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