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Alles ist grün

Alles ist grün

Titel: Alles ist grün Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Foster Wallace
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eingefrorenes weißes Gesicht den Kondomautomaten an der Wand schmückt; die Überschwemmung erglänzt schon unter der Ritze der Herrentoilettentür und breitet sich von dort in einem dunklen Bogen auf der dünnen Industrieauslegeware des unteren Terminals aus.
    »War ’n Versehen, Sportsfreund«, sagt Sternberg mit entflammter Stirn, während sich Ronalds riesige Flossenlatschen akustisch der Lounge nähern. »Ich bin spät dran für diese echt wichtige Fahrgelegenheit, die endlich da ist, vielleicht könnten wir also einfach …«
    »Ich bin nicht dein Sportsfreund, und du fährst hier nirgends hin ohne eine echte Geste der Abbitte.«
    »Na, alles Klärchen?«, fragt der Clown vom Lounge-Eingang ein paar Schritt weiter, ein cooler Clown, der eine Faust macht und seine unter Baumwollhandschuhen verborgenen Fingernägel mustert. Auf der anderen Seite hinter ihm veranschaulicht J.   D. an der belagerten Avis-Theke für Nola (Unsere Liebe Frau mit der durchsichtigen Warze) eine weitschweifige Erklärung.
    »Sorry, Mann, sag ich doch«, sagt Sternberg, fest entschlossen, genauso auf vergnatzt zu machen.
    »Gibt’s hier ’n Sternberg oder ’ne Ambrose-Gatz?«, fragt DeHaven und nickt flüchtig dem Barmann mit Überstunden und Tränensäcken zu, der Feierabend macht und die unvermeidliche grüne Weste auszieht, während der erhöhte Bildschirm erstmals seit Tagen dunkel wird.
    »Ja, genau, du hast sorry gesagt, aber erst, als ich dich angehalten hab.« Mit geschwollenen Augen und Eiern hört der Vertreter, der es schafft, in Kord verlebt auszusehen, starke Leistung eigentlich, seine persönlichen Nachtflugschlafmangelsignale, das Geräusch einer Unendlichkeit malmender mutierter kleiner Kiefer, auf kleinen stillvergnügten Brustkörben herumtrampelnder kleiner Beine. »Aber du hast keine Geste gemacht.«
    »Ich hab da eine Geste für Sie, wenn Sie eine Geste brauchen.«
    »Er hat’s gesagt, aber nicht gezeigt«, schindet der Pestizidmann Eindruck bei der Flugbegleiterin.
    »Ich bin Magda Ambrose-Gatz«, sagt Magda und betupft sich mit einer feuchten Serviette.
    »Und ich bin Thomas Sternberg.«
    DeHavens geschminktes Lächeln vergrößert sich über dem abgängigen Bartgeschmier, in dem noch Teile von Pfannkuchen-Make-up hängen, und er verteilt die allerletzten Vereinigungs-Namensschildchen. Er mustert Sternberg. »Üblen Pickel haste da an der Stirn, Meister.«

    »Das ist Giftsumach. Kein Pickel. Und das da auf der Hose ist Wasser.«
    DeHaven wendet sich zum Vertreter und sieht ihn so einschüchternd an, wie das nur ein professioneller Clown kann. Er mustert das verlebte Männchen von Kopf bis Fuß. »Hältst dich wohl für endgeil, was?«
    »Die finale Brünftigkeit ist hier irrelevant. Dieses … Gespenst von einem Jungen hat mein Rendezvous absichtlich mit Rémy bespritzt.«
    »Das ist kein Pickel.«
    »Und ich bin kein Rendezvous«, erklingt Magdas wenn-besonnen-dann-ruhige Stimme an Sternbergs invertierter Seite.
    Sternberg bekämpft mühsam den rosengenährten Wunsch, die ihn immer noch festhaltende Hand des verlebten Manns mit der kompottigen Spitze von Marks Pfeil zu pieksen, den Magda, immer noch auf Sternbergs blinder Seite, weggenommen hat und jetzt mustert. Aber die hemmende Hand wird von den eleganten Wurstfingern J.   D. Steelritters entfernt, der in diesem Augenblick in Form von Zigarre, Wanst und Hand von oben an Toms Seite auftaucht und ihn befreit. J.   D. räuspert sich.
    Manche Leute stellen die Frage, ob es Probleme gebe, so, dass man automatisch verneint. Stellen Sie sich als Pendant einen Liebhaber vor, der sich mitten in der Nacht erkundigt:
    » BIST DU WACH ?«
    Der Schriftsteller und Dozent C— Ambrose mit seinem Leberfleck, dem fröhlichen Lächeln und einem manischen Lachen, bei dem wir, wie der ganze Workshop festgestellt hat, am ehesten Spukschlösser und Porträts mit sich bewegenden Augen assoziieren, hat einen enormen Einfluss auf Mark Nechtrs Einstellung. Auch wenn Mark ihm nicht traut, hörter ihm doch zu. Und selbst wenn er ihm nicht zuhört, negiert er bewusst die Option des Zuhörens und hört das heraus, was er nicht hören will.
    Ambrose erklärt unserem Seminar, dass die Menschen Fiktionen so lesen, wie Verwandte von Gekidnappten der Stimme der Geisel am Telefon in der Hand des Geiselnehmers lauschen: Sie achten natürlich auf die Worte des Opfers, aber mehr noch hängen sie an Ton, Zittern und Färbung des Gesagten, suchen einen der Intimität geschuldeten Code, der

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