Alles ist grün

erläutert oder interpretiert, vermittelt er Körperlichkeit. Er fordert Mitleid von einem Spiegel ein, von dem er zurückgetreten ist, um den Wasserfluss aufzuhalten. Zwecklos. Vielleicht läuft es schon zu lange. Es ergießt sich auf den Boden. Toll. Er fordert Mitleid ein. Aber von wem bloß?
    »J.   D. greift auf dasselbe Prinzip zurück, nach dem Tierforscher Tiere markieren und verfolgen. Jeder Schein wird mit diesem klitzekleinen Silikonsender markiert, sehen Sie?« Hogan zeigt Mark und D.   L. etwas, das an ein Monokel über dem Auge erinnert, das im Großen Siegel der USA Annuit von Coeptis trennt. »Gleichzeitig«, erklärt Hogan, »bitte ich die Leute, die das Geld nehmen, frei von der Leber weg das zu nennen, wovor sie auf der Welt am meisten Angst haben. Ihre eine alles durchdringende Angst.«
    Hogan kommt in Fahrt, hält ihnen das schwere Klemmbrett hin und blättert ein Blatt auf, auf dem einfach Angst steht. Mark überfliegt die Seite:
    »Bombe.«
    »Kernschmelze oder Bombe.«
    »Krebs – die schleichende Variante.«
    »Hyperinflation.«
    »Der Treibhauseffekt.«
    »Dass meine Frau mich im Schlaf verbrüht.«
    »Hyperinflation in Kombination mit Finanzkollaps.«
    »Dass die gesamte chinesische Bevölkerung im selben Moment in die Luft springt.«
    »Russische Bombe.«
    »Verwirrung.«
    »Die Stimme meines Vaters.«
    »Abbau der Ozonschicht.«
    »Apokalypse.«

    »Der Telefonanruf mitten in der Nacht.«
    »Schleichender Krebs infolge von Kernschmelze oder Bombe.«
    »Die Dunkelheit.«
    »Dass ich meinen Mann im Schlaf verbrühe.«
    »Nuklearwinter.«
    »Dass wir drüben in der Ud SSR Staatschefs kriegen, die zu jung sind, um sich zu erinnern, wie es im Zweiten Weltkrieg war.«
    »Überschuldung.«
    »Vor der Angst selbst.«
    »Bomben aller Art.«
    »Die subversive Besudelung der weißen arischen Rasse durch Niggerschwuchteln.«
    »Verbrühung.«
    »Das Licht.«
    »Atomterrorismus.«
    »Verwirrung.«
    »Vor mir.«
    »Dass es keinen Gott gibt.«
    »Unbehagen.«
    »Meine Genitalien.«
    »Eine Fortsetzung von Herzbube mit zwei Damen.«
    »Dass ich sterbe und in den Himmel komme und dass der dann kein Himmel mehr ist, weil ich gekommen bin.«
    »Tod durch Ertrinken.«
    »Bomben, die in Metallkoffer passen.«
    »Dass es einen Gott gibt.«
    »Dass die Leute, die Max Headroom erfunden haben, jetzt eifrig damit beschäftigt sind, was anderes zu erfinden.«
    »Und so weiter«, sagt Hogan und schließt das Klemmbrett, »und eine vergleichbare Verteilung findet sich am Wunschende, nach Wünschen haben wir nämlich auch schon gefragt.J.   D. denkt sich das so: Wenn sich jemand von wildfremden Menschen am Flughafen einfach so Geld schenken lässt, ohne die geringste Ahnung zu haben, wer die sind oder ob das ein Schmu ist, und wenn der einem Klemmbrett für Geld seine größten Wünsche Schrägstrich Ängste offenbart, dann ist das der ideale Konsument, ein in sich geschlossener Mikromarkt voller Wünsche und Ängste, und umgekehrt ist er das ideale Ziel für die nächste Welle zielgruppenorientierter Werbekampagnen. Und wir suchen nach einer Art Planbarkeit seines Ausgabenmusters. Deshalb werden die Scheine markiert.«
    »Meine Güte«, sagt Mark hingerissen.
    »Mark, Schatz«, sagt D.   L. durch zusammengebissene Zähne.
    »Nur die Ruhe. Ich sag Ihnen doch, ich hab einen Transporter bestellt«, sagt Hogan und greift hinter sich nach dem Pappbecher mit dem guten, aber kalten Kaffeerest. Er reicht ihn der hektischen Avis-Dame mit der Bitte, ihn für ihn wegzuwerfen, und mustert die beiden Jugendlichen. »Sie beide haben schon für J.   D. gearbeitet, stimmt’s? Von wegen Vereinigung und alles?«
    »Also«, setzt Mark an, »ich –«
    »Dann wissen Sie ja, welch ein Genie ich da als Boss habe. Der Mann ist ein Genie. Es ist eine Ehre, für J.   D. Steelritter auch nur Marktforschung machen zu dürfen. Und sei es in dieser gottverlassenen Gegend.« Er sieht sich um, als könne er belauscht werden. »Das ist der Mann, der legendäre Mann, das wissen Sie ja bestimmt, der die Kunden von Arm & Hammer dazu brachte, das Backpulver in den Ausguss zu kippen. Als … muss man sich mal reinziehen … Geruchskiller! « Er leckt sich ein bisschen Süßstoff vom Handballen. »Ist das nicht genial? Ist das nicht die geplante Veralterung eines Gebrauchsguts, wie sie im Buche steht? Und alles aus Angst. J.   D. reimte sich zusammen, dass jemand, der aus Angst vor Kühlschrankgerüchen eine Packung Backpulver kauft, keine