Alles ist grün
Bedeutung von ›Job‹.«
DeHaven starrt eisig auf eine schwarze Landstraße, die er längst nicht mehr wahrnimmt, setzt die rote Perücke wieder auf, lässt sie aber schief. Die batterieschwere rote Nase rutscht zum Enteiser-Luftschlitz zwischen Armaturenbrett und Windschutzscheibe und ist nicht mehr zu sehen.
Mit zusammengebissenen Zähnen sagt DeHaven: »Ein Job ist, dass man, wenn man einen annimmt, Sachen macht, egal ob man sich dabei gut fühlt oder nicht, weil man sie in dem Augenblick versprochen hat, als man den Job angenommen hat.«
»Welch ein Gedächtnis. Da platzt man als Vater doch vor –«
»Ich glaube, allen Anwesenden hier geht es absolut am Arsch vorbei, ob ich eine rote Perücke aufhab oder nicht.«
»Du repräsentierst McDonald’s, Rotzlöffel. Es geht nicht um dich als Fahrer. Du repräsentierst das Gemeinschaftsrestaurant der Welt.«
»Es ist wirklich sehr heiß, Mr. Steelritter«, sagt Magda und beugt sich vor, damit er sie hört. Mark hört sie. Der einzige Hinweis auf einen BH ist eine Art Knopf in der Rückenmitte unter ihrer braunen Orlon-Bluse über der Wirbelsäule.
J. D. überhört sie. »Zeig doch mal ein bisschen Stolz, DeHaven.«
»Sind wir bald da?«, meldet sich Sternberg zu Wort, die Hände im Schoß, und starrt widerwillig Magdas Blusenknopf an, der in seiner Fantasie komplizierte Beziehungen von Haken enthält, die Männer nie aufbekommen, und die Frauen mit einer Hand hinter dem Rücken aufkriegen.
»Nein«, sagt J. D.
»Ähm, noch weit?«
»Kilometerzähler springt gleich um«, sagt DeHaven und verfolgt die unerbittlichen Drehungen der Zahlenrädchen.
J. D. grübelt; entfernt, zermalmt und befeuert die Zigarre wieder. Der rote Innenraum füllt sich wieder mit dem grünen Zigarrengestank. Sternberg versinkt wieder in der Nichtbeachtung. D. L.s Husten klingt wie ein Lachen und wird auch nicht beachtet. Eine erstklassige, unmissverständliche Vogelscheuche aus schwarzem Eisengeflecht, eher eine Dekoration als eine echte Vogelscheuche, legt sich direkt am Straßenrand kurz mit dem Autoschatten an. Mark ist auch froh, dass Ronald die Perücke wieder aufhat, nicht aus Böswilligkeit dem Burschen gegenüber –
»Jedenfalls hat meine Musik, wie sie mir vorschwebt, Affinitäten zum Werk von Glass oder Reich, aber mit mehr … Progression. Harmonisch ist sie noch atonaler, und rhythmisch hat sie so was Faschistisches, was mir gefällt, so in der Art ›Knobelbecher marschieren auf polnische Kleinstadt zu‹.«
»Pst«, sagt J. D. gedankenverloren.
»Eine Musik, die dich am Jackenaufschlag packt und sagt, gib mir dein ganzes Land oder ich schlitz dein Vieh auf«, fasstDeHaven schnell zusammen. »Nur viel vergeistigter. Und mit Schlagzeug bis zum Gehtnichtmehr.«
– sondern weil ihr Abnehmen gezeigt hat, dass das grelle Make-up des Clowns am oberen Halsansatz und dem Schwung der runden Wangen einfach endet und der normalen roten, windverbrannten Haut der Steelritters mit einer Abruptheit den Vortritt lässt, die Mark grad gar nicht gut verknusen kann.
»Kannst du dich denn gar nicht erinnern?« D. L. hat sich umgedreht und richtet sich an Sternberg. »Weißt du nicht mehr, wie abgelegen der McDonald’s-Drehort damals war?«
»Collision liegt am Ende der Welt, Junge.«
»C. I. A. ist der nächste Flughafen mit Hubschrauberlandeplatz, aber es ist trotzdem kein Pipifax, wie weit Collision dann noch weg ist.«
»Mit Absicht«, sagt J. D. und balanciert die Zigarre auf der schweren Unterlippe. »Man geht nicht zum Klienten. Man sorgt dafür, dass der Klient zu einem kommt. Dann muss er nämlich die Mütze abnehmen. Wenn der Klient einen komplexen, langen Weg hinter sich hat, beschwerliche Reise, schlechte Straßen, keine Karten, Umleitungen: Da kommt er schon unterwegs zur Überzeugung, dass deine Dienstleistung wertvoll ist, wenn er nämlich schon durch die halbe Hölle reist, um dich überhaupt zu finden.« J. D. grinst hämisch. Mark merkt, dass DeHaven die gesamte Rede seines Vaters mimisch mitspricht. Und sein Schlussplädoyer auch:
»Das Strategem eines superweisen Gurus auf dem Gipfel eines schwer zu erkletternden Berges«, sagt J. D. »Es ist kein Zufall, dass die Gurus auf den Bergen immer die weisesten sind. Wenn man den Gipfel erreicht hat, glaubt man schon an sie.«
Alle lassen das erst mal unbehaglich sacken.
Sternberg hüstelt sich einen Frosch aus dem Raucherhals und richtet das Geräusch irgendwie an die
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