Alles ist grün
gefährlichen Wagens), die in Form von Magdas braunem Rock partiell auf Tuchfühlung mit Sternbergs Gabardinehose geht, während zwischen ihrer zweiten Hinterbacke und Mark Nechtrs Bein eine ansehnliche Lücke aus rotem Vinyl klafft.
Und es gibt sozusagen auch eine Art farbige Lücke zwischen Mark Nechtr und allen anderen Insassen in DeHavens Heimwerkerauto. Er hat keine historische Verbindung zu ihrem Ziel, ist nie in einem McDonald’s-Werbespot aufgetreten, hat zu niemandem hier eine Verbindung außer zu D. L. aufgrund eines Fehlers, eines Wunders und der sittlichen Reife, sich ihr gegenüber korrekt verhalten zu wollen, obwohl, sollte man ihr am Ende des sechsten Monats nicht langsam etwas ansehen können? Und bei der Vereinigung wird ihn auch niemand kennen oder etwas von ihm wollen, und seine Ausrüstung ist in einem Schließfach am O’Hare bzw. einem überteuerten Obstgericht. Er fühlt sich beziehungslos, allein, irgendwie außerirdisch, im Transit, eingesperrt, umgeben von einem riesigen Nichts, das lebt.
Er stellt Magda die angesichts ihres Doppelnamens naheliegende Frage, auf wen sich die Bemerkung über die nicht handhabbare Ehe in Maryland bezogen habe, aber die Antwort geht im starken Hochgeschwindigkeitswind unter, als sich J. D. wieder eine Rothschild anfackelt und sein runtergekurbeltes Fenster richtig zu tosen anfängt und obendrein haufenweise seltsame kleine Mücken einlässt, und Sternberg hinter J. D. steckt sich als Vergeltungsschlag eine 100 an und kurbelt nun auch sein Fenster runter, und D. L. hustet bedeutungsschwanger und dreht das Heathkit-Bausatzradio laut, das DeHaven ins tiefrote Armaturenbrett des Wagens eingebaut hat. Während D. L. irgendeinen zeitgenössischen Sender sucht, klingt das statische Rauschen für Mark wie Meeresbrandung am Atlantik. Die Mischung aus J. D.s und Sternbergs entzündeten Brandopfern ergibt ein violettes Gas, das wie wahnsinnig im Sonnenlicht herumwirbelt, das die östliche Hälfte des höhergelegten Heimwerkerautos erfüllt.
Sternberg erkundigt sich mit kaum unterdrücktem Pathos, ob sie bald da sind.
D. L. schießt sich auf eine Sendung mit Zuhörerbeteiligung ein, die von einem Bluttat-und-Bibel-Sender ausgestrahlt wird, der sich in dreiteiliger Glissando-Harmonie als Wonderful WILL bezeichnet. Die Sendung, fast an der Spitze von DeHavens 110-Watt-Kapazität, heißt »Volksrevier: Verbrechen aus dem Leben«, und die heutige Folge heißt »Mord oder Selbstmord: Sie entscheiden, das Publikum «. Eine stürmische Liebesaffäre im Mittleren Westen endet mit Pfählung und Tod eines der Liebenden. Der andere Liebende war am Tatort, aber an der Tatwaffe finden sich nur die Fingerabdrücke der Leiche. » Sie entscheiden«, sagt der Moderator, »das Publikum .« Und gibt eine 900-Nummer durch. Einige Indizien werden präsentiert, und Mark spürt den Stich einer Erzählung, die sein Eigen, aber auch für andere wahr ist.
Sternberg fragt Magda, wo sie eigentlich sind. Der Wagen ächzt in den Kurven und klappert auf Geraden. Sie sind schon ein paarmal auf kleine Landstraßen abgebogen. Die beiden offenen Fenster lassen noch mehr kleine Insekten herein, als sie an einem seltenen nachtschwarzen Brachfeld entlangfahren. Die Insekten sind unheimlich, klein, haben durchsichtige Flügel, scheinen nicht zu fliegen, sondern sitzen innen an den offenen Fenstern einfach nur da, laden dazu ein, sie zu zerquetschen, und stinken, wenn man sie zerquetscht.
D. L. sieht von Notizbuch und Gedicht hoch – der einzige Mensch, den Mark je gesehen hat, der überall produzieren kann, auch wenn er rüttelnd vorwärtsgetrieben wird –, nimmt vor der Radiosendung über scheußliche Verbrechen ihre Fiese-Nonnen-Haltung ein und schreit J. D. Steelritter ins rote Ohr, der deutlichste Hinweis auf eine nahende Apokalypse finde sich in der veränderten Gewaltbereitschaft der Welt: Gewalt zeige sich anscheinend mit jedem Jahr weniger als Fähigkeit und mehr und mehr als bloße Gelegenheit, jemandem zu schaden. DeHaven antwortet brüllend, das einzig wirklich sichere Zeichen der drohenden Katastrophe sei es, wenn die Cubs die Meisterschaft gewönnen, und dieses Jahr sei die Gefahr groß. J. D. sagt, er solle die Schnauze halten, und winkt gereizt einem Wagen, der ihnen fast in den Auspuff kriecht, er soll überholen. Der Wagen überholt, ein Chrysler, brechend voll mit Asiaten. Er hat etwa 160 Sachen drauf.
Verdammte Schlitzaugen, sagt J. D. Steelritter.
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