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Alles ist grün

Alles ist grün

Titel: Alles ist grün Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Foster Wallace
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falls man das sagen kann. Mark sieht unwillkürlich einen Camus auf Speed vor sich.
    J.   D. Steelritter, dessen Laune sich jetzt umgekehrt proportional zum Abstand des Autos von den noch fernen, inzwischen aber wenigstens sichtbaren und sich spreizenden Bögen hebt, auch dank der Vorstellung der Lustbarkeiten unter ihnen, versucht, sich zerstreut vorzustellen, wie und wo er diesen ausnehmend lästigen und verspäteten Jugendlichen als Kindern ihre Rollen gegeben hat. Eberhardt, das weiß er noch, hat er entdeckt, als er mit einem Reiseführer die ausgebrannten Ruinen von Ambroses Ocean City Park besichtigte. Sie war mit ihrem Vater da gewesen, einem echt robusten, stämmigen Mann, einem Volvo von Mann mit Bürstenschnitt, muskulös unter einer schwarzen Satinjacke, auf deren Rückseite ein blaues Südostasien prangte, umringelt von einer roten Kekulé’schen Schlange, die sich in den spitzen Schwanz biss, und darunter der weiße Schriftzug Dort starb ich. Es war die Art, wie sie die geschmolzene grelle Hülle der Dicken May des zerstörten Juxhauses berührte, die Handfläche auf die große abgesackte Stirn legte, eine winzige Mutter mit einem riesigen fiebernden Kind, die J.   D. erregt hatte – dieses Kind reagierte am sanftesten auf die grell Enthüllten. Als sich J.   D. vorstellte, hatte der Vater ihm den Haken des Amputierten hingestreckt. Eberhardt war ein gut entwickeltes, attraktives Mädchen gewesen. Bei Sternberg konnte er sich einfach nicht erinnern, wo oder warum er den Jungen aufgegabelt hatte, allerdings erinnert er sich nur zu gut an das metallische Zwitschern inder Stimme seiner Mutter und daran, wie sie ihren Jungen kämmte und an seiner Kleidung herumzupfte, ihn zu etwas Makellosem und Falschem glättete, nachdem J.   D. Zeit und Mühe darauf verwendet hatte, ihn als den traurigen und zerzausten Jungen zu formen, der per Gegensprechanlage bestellte und dann beim Spielen aß.
    »Ich sehe Bögen!«, singt D.   L.
    Der Kilometerzähler steht ganz kurz vor dem Umspringen.
    »Wir dröhn’n«, sagt DeHaven und lässt die Zahlen am Armaturenbrett kaum aus den Augen. Dann sieht er etwas anderes.
    Die Bögen schwellen aufreizend langsam an, und über den goldenen Regenbögen ist die schwarze Linie im Westen zu einem breiten Geschmier geworden. Sieht nach Regen aus.
    DeHaven wird wieder überholt, diesmal von einem zylindrischen Tanklastwagen, der schon fast auf Collision zufliegt. Die große silberne Röhre des Aufliegers schert vor ihnen wieder ein, schwankt hin und her, rote Schilder an seinem Arsch raten zu feuergefährlicher Vorsicht und sagen einem ganz genau, wie lang das Ding ist. Es entfernt sich.
    Es entfernt sich unter anderem so schnell, weil DeHaven ein bisschen verlangsamt hat, weil am Armaturenbrett jetzt das kleine rote Öllämpchen blinkt. Das ist eine ziemlich schauderhafte Entwicklung. D.   L. sieht das Rot ebenfalls. J.   D. nicht. Aber D.   L. sagt niemandem im Auto etwas davon. Warum nicht? Warum bloß nicht? Vielleicht mag sie DeHaven Steelritter, seit er ihr von seinen atonalen Ambitionen erzählt hat. Man sollte meinen, derlei Ambitionen klängen absurd, wenn sie aus einem roten Clownsmund dringen. Aber das tun sie irgendwie nicht. DeHaven und D.   L. tauschen jetzt einen Seitenblick, den Magda Ambrose-Gatz von hinten im Rückspiegel sieht. Der Wagen scheint bei der neuen, etwas niedrigeren Geschwindigkeit noch mehr zu dröhnen.
    Auch vom Beifahrersitz kann J.   D. sehen, wie die zuvordurchgezogene Linie des Mittelstreifens jetzt ein bisschen durchbrochen wird.
    »Drück auf die Tube, Junge. Wir sind spät dran. Was soll das? Wir wollen allerspätestens um Mittag da sein, hab ich gesagt. Hier, ich weiß. Bring sie von Norden rein. So sparen wir zehn Minuten. Aber drück auf die Tube. Bleifuß. Los jetzt .« Er fährt sich mit beiden Händen durchs Haar, das sich von Händen nicht beeindrucken lässt.
    DeHaven biegt unvermittelt rechts ab auf etwas deprimierend Winziges und Randstreifenloses namens 2000N, das auf Mark den Eindruck von etwas frisch Erfundenem macht: neuer Asphalt und blütenweißer Schotter, der wie wahnsinnig von den großen klebrigen Reifen und heißen Felgen abprallt. Die großen Zwillingsbögen bauen sich nach einer Gruppe von Windbrecherbäumen wieder vor Marks Fenster auf. Er sieht sie jetzt wenig überraschend als Initialen.
    Sternbergs Stimme, schrill und fast unkontrolliert: »Wir fahren nach Norden?«
    »Paps bringt euch von Nordosten heran, um

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