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Alles ist grün

Alles ist grün

Titel: Alles ist grün Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Foster Wallace
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Sternberg, die Stimme um eine Oktave gestiegen im Versuch, beiläufig, aber höflich zu klingen. Manchmal nimmt J.   D. Steelritter sogar Boxer als zweiten Vornamen, wenn er Verträge unterzeichnet.
    »Ist ja schön für dich, Junge.«
    »Bin im Großraum Boston ansässig.«
    »Echt starke Gegend.«
    »Und wie. Ich mag die Gegend total.«
    »Gut ausgelastet? Wer repräsentiert dich? Kenn ich die Leute, für die du arbeitest?«
    »Ich bin quasi noch in der aufregenden Anfangsphase«, sagt Sternberg lässig. »Ich warte wegen eines Auftritts auf den Rückruf einer Bostoner Bank. Ich bin in der Wahl für einen echt hilfreichen Schalterbeamten.«
    J.   D. atmet auf die Zigarrenspitze aus, hält den Stumpen hoch und kontrolliert gelassen, ob er gleichmäßig abbrennt.
    »Für die Rückrufe habe ich eine Rufumleitung.«
    J.   D. lächelt in sich hinein. »Vielleicht kann ich dich während der Feier ein paar von den wichtigeren Leuten vorstellen.«
    »Mensch.«
    »So wie ich die Sache nach dieser McDonald’s-Kiste einschätze, könntest du eine echte Zukunft haben.«
    »Hey, das klingt ja richtig vielversprechend, Sir.«

    »Worauf du einen lassen kannst, Junge. Das ist mein Job.«
    »Wie meinen Sie das, das ist Ihr Job?«, fragt Sternberg verwirrt.
    Magda räuspert sich artig gegen die Oxide dreier verschiedener Marken und erkundigt sich nach Mark Nechtrs Plänen.
    »Genau, Nechtr«, sagt J.   D. »Du hast mir das Zeug zum Schauspieler. Fotogen. Unbefangen. Entspannt in Designerjeans und dieser Arztaufmachung. Irgendwas Schauspielerisches am Horizont? Dein Vater ist in der Wäschereibranche, hat Nola vorhin gesagt.«
    Mark muss sowieso gerade ausatmen und erklärt, dass er eigentlich noch studiert. Als DeHaven lacht und fragt, was denn, interessiert sich Mark plötzlich brennend für den Fußboden. Englisch und so, sagt er.
    »Creative Writing «, ergänzt D.   L. an die Adresse von DeHaven, der seine Zigarette immer noch wie einen Joint hält und durch den Rauch zwischen Armaturenbrett und Straße blinzelt. D.   L. dreht sich leicht auf dem vorderen Mittelsitz. »Es ist ihm peinlich, den Leuten auf Befragen zu sagen, was genau er studiert. Er lügt sogar. Warum eigentlich, Schatz?«
    J.   D. kichert wieder. »Mensch, Nechtr, da muss man sich doch nicht für schämen. Viele Schreiblehrer verdienen als Dozenten für Creative Writing eine Stange Geld. Da besteht eine echte Nachfrage. Drüben bei Steelritter Ads haben wir manchmal Werbetexter, die direkt aus irgendwelchen Schreibprogrammen kommen. Auch Ambrose macht drüben an der East Chesapeake Trades einen kräftigen Reibach.«
    »Da ist Mark. Er studiert bei ihm.«
    J.   D. überhört das Mädchen. »Schreibprogramme sind ein Grund, warum die ganze Juxhauskette überhaupt in Gang gekommen ist. Schreiblehrer machen keinen Druck. Sie wissen, wann sie Zugeständnisse machen müssen. Sie beugen sich Leuten, die sich in einer Branche auskennen.«

    »Streng genommen Teil des Instituts für Anglistik … streng genommen ein Anglistikabschluss«, murmelt Mark undeutlich im Dröhnen seines offenen Fensters. Der Rauch wird durch die breite Ritze hinausgesogen, rutscht hinaus wie die letzte körnige Neige in einen Abfluss. Der gemischte Rauch der Raucher hat dieselbe Farbe wie die Wolken, die sich hinter den Bögen im Westen auftürmen und sichtlich auf sie zukommen. Streifen hellen Lichts erscheinen und verschwinden dann sofort in den dichten Wolken – Glühdrähte in schlechten Birnen. Die Luft kühlt weiter ab, und durch den Fensterspalt dringt der Geruch baldigen Regens herein. Magda beugt sich ein Stück zu Mark mit den Blumen und haucht im Dröhnen des Luftzugs:
    »Regen«, mit einem Seufzen.
    Und plötzlich kommen sie an einem allein stehenden Farmhaus vorbei, direkt an der 2500W, mit Bäumen, kleiner Skyline aus Silos, Baumschaukel und rostigen Maschinen, die schief im hohen Gras des grenzenlosen Gartens stehen. Auf den ans Haus grenzenden Feldern liegen Reste von Gras oder Heu. Auf der grauen Veranda sitzt eine Frau auf einem Gartenstuhl und winkt ihnen mit einem fleischigen Arm zu, neben sich eine feuchte Sense und eine Styropor-Kühlbox. Auf dem Briefkasten des Hauses steht ein Name, und die Klappe wartet gähnend auf Post. Die Frau winkt dem knurrenden, höhergelegten Vereinigungswagen zu. Sie winkt bedächtig und gleichmäßig wie ein Scheibenwischer. Sie ist eine Sturmwächterin. Im ländlichen Illinois ein Publikumssport. Andernorts unbekannt. Aber Stürme

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