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Alles ist grün

Alles ist grün

Titel: Alles ist grün Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Foster Wallace
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genommen hat. Die Horsd’œuvres, bei denen ihr Medium schon das kalte Kotzen kriegt, wenn sie nur dran denkt. Kerngesunder Übeltäter. Vermählt Begehren und Furcht zu privater, leidenschaftlicher Kunstfertigkeit.
    Mark hat jetzt ein Problem mit den Rosen, denkt sie. Sie sieht seine zunehmende Abhängigkeit. Sie reden nicht darüber, Mark behält seine Meinung für sich, aber ihrer Meinung nach hält das Problem mit den Blumen ihn ironischerweise davon ab zu produzieren, wie er will.
    D.   L. weigert sich einfach, Schönes zu essen. Das ist eine Entweihung. Eine Art Blasphemie für Atheisten. Ästhetisch betrachtet, vorsätzlicher Mord. D.   L. hat ihre Gelüste, sagt aber nein danke zum Ansinnen, etwas zu essen, das ihr rot und ewig gegenübersteht und brüllt, es sei kein Essen. Da macht sie einfach nicht mit. Nicht mal, um eine bessere Postmodernistin zu werden. Das gibt ihr auf verklemmte, streberhafte Weise etwas Heroisches. Etwas Altmodisches, ironischerweise. Sie mag das Wort Anstand. Ehre ist für sie manchmal sogar ein Substantiv.
    »Ich dachte, Sie kennen Jack Lord persönlich«, sagt sie undsieht durch DeHavens Windschutzscheibe etwas, das ungleichmäßig getönt zu sein scheint. Gewitterwolken. »Aber jetzt machen Sie hier seine Serie schlecht. Warum repräsentieren Sie dann LordAloft?«
    »Ich mache nichts und niemanden schlecht, Missy. Und ich kenne Jack tatsächlich.« J.   D. schnippt mit einem Finger an die Würfel, und DeHaven lässt den Arm auf dem Schaltknüppel ruhen, zwischen J.   D. und dem stotternden roten Öllämpchen, und sein Gesicht unter dem Glücksgesicht ist düster. Das Lämpchenrot stottert, wenn der Wagen rüttelt. Das Schottergeräusch ist unerträglich.
    »Aber Jack ist ein vielschichtiger Mann«, sagt J.   D. Steelritter. »Seit ich in der Branche bin, habe ich mindestens drei verschiedene Jack Lords kennengelernt. Der erste war der, der im Helikopter über dem Paradies herumkurvte und unterbezahlte Eingeborene mit Platzpatronen beschoss. In den Siebzigern gab es dann einen außer Dienst gestellten, auf Kunst gepolten, politisch korrekten Jack Lord, der im Freestyle drauflostöpferte und Gratis-Spots für Behindertenorganisationen drehte. Der Jack Lord von heute macht nicht viel Federlesens. Das ist ein Geschäftsmann. Ein professioneller Pilot und Unternehmer. Eigentlich der ideale Yuppie mit Start-up-Kapital, Unternehmergeist und mehr Mumm in den Knochen, als hier im ganzen Wagen versammelt ist, wobei – hab ich dir nicht gesagt, du sollst auf die Tube drücken, Rotzlöffel? Und glaub ja nicht, ich würd das Öllämpchen nicht sehen. Da musste mir gar nicht mit dem Ellbogen vorm Gesicht rumfuchteln. Scheiß aufs Öllämpchen. Selbst gebastelten Armaturen trau ich eh nicht übern Weg. Mach hinne. Um Mittag will ich da sein. Wenn wir keinen Schatten mehr haben, will ich die Leute hier im Rausch schwelgen sehen.«
    »Wir dröhn’n«, sagt DeHaven, aber ohne innere Überzeugung. Das Auto macht einen Satz und wird leiser. Die goldenen Bögen sind in Marks Fenster jetzt nach hinten gewandert. Das selbst gebaute Auto befindet sich eindeutig im Nordosten von Collision. Mark würde gern eine Rose essen, hat aber nicht mehr viele, und eigentlich will er gar nichts Spezielles, nur ankommen, etliche Tassen Kaffee trinken, duschen und schlafen. Und die Ankunft ist kein von Menschenhand zu beeinflussendes Ereignis, hat es langsam den Anschein. Sie zieht sich unerträglich hin.
    »Und halt die Klappe mit dieser Für-wen- Kiste«, knurrt J.   D. seinen Sohn an. »Krieg ich ’n dicken Kopp von.« Er zieht die nächste grüne Rothschild heraus, wickelt sie aus, zermalmt die Spitze und drückt sie in die wattierte Plastikverpackung, alles mit einer Hand. Die andere Hand begeht einen absoluten Entomizid unter den Unmengen träger, schwerfälliger, stoischer Mücken, die auf dem eingedellten roten Armaturenbrett sitzen. Die Mücken haben etwas Gespenstisches. Lemmingartiges. Nihilistisches. Und Träges. Als alter Hase und faktischer Zigarrenkettenraucher kann J.   D. eine Zigarre mit einem Streichholz anzünden (Feuerzeug hat kein Benzin mehr), das er mit dem Zeigefinger aus dem ronaldbeprägten Heftchen drückt und mit dem Daumen über die Reibefläche schiebt, ohne es erst abzureißen, und parallel dazu die ganze Zeit winzige Insekten zermatschen. Ein sicheres Anzündverfahren ist das nicht. Deckel vor dem Anreißen schließen. Warum nimmt er nicht einfach das Autofeuerzeug, das

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