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Alles ist grün

Alles ist grün

Titel: Alles ist grün Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Foster Wallace
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flach. Tu so, als wäre die ganze Sache Liebe. Tritt Arm in Arm mit dem Ziel durch die grinsende Glückstür. Schubs es. Spring wieder raus, bevor sich die Glückskiefer schließen. Dann steckt der Leser in der Kiste. Ganz anders als erwartet. Fühlt sich einsam. Die Kiste ist völlig desorientiert, aber auf unheimliche Weise, hart und kalt wie Windschutzscheibenglas; jeder mögliche sinnliche Winkel wird verwendet, jede sorgsam gelehrte Technik aus dem Köcher benutzt, denn jede »Technik« ist letztlich nur eine spiegelnde Fläche, die betrügt, was sie angeblich offenbart.
    Nur wäre der Ausgang immer zu sehen. Er würde hell und geradezu unzüchtig beleuchtet. Es gäbe keine Labyrinthe, durch die man sich hindurchfädeln müsste, keine Dunkelheit, die man bewältigen müsste, keine Fässer oder Scheiben, die einem die Orientierung rauben wollten, keine Minotaurusmaschinen aus Wachs, die auf Federn hervorspringen und bei den Verirrten Analflattern auslösen. Der Ausgang wäre klar markiert und läge direkt vor einem, gar nicht mal so weit weg. Der Stoff, aus dem der Ort gemacht wäre, würde ihn zum Jux machen. Das ganze Unternehmen eine reibungslose Fläche. Kühl, glatt, nie greifend, gut geölt, praktisch ohneAnhaltspunkt, zu spiegelndem Glanz poliert. Der Liebende versucht ihn zu durchqueren: die Gebärde des Reisens, aber keine Reise. Die in alle Richtungen spiegelnden Flächen würden jeden statischen Vorwärtsschritt spiegeln und als Rückwärtsschritt interpretieren. Es ergäbe sich die Illusion (sic!) des regungslosen Sprints des Träumenden, der gleichzeitig das Rückwärtsgleiten des Moonwalkers in der Disco wäre. Ausgang und Ende die ganze Zeit im Blick.
    Aber, Junge, was bräuchte man für ein kaltes Arschloch, um diesen Ort herbeizuschreiben. Eine ganz andere Rasse als den im Grunde gütigen und fröhlichen Metafiktionisten, dem Mark vertraut. Man bräuchte einen Architekten, der genug hassen könnte, um genug zu fühlen, um genug zu lieben, um jene spezifische Grausamkeit zu verüben, zu der nur echte Liebende imstande sind. Die Erzählung könnte als Fiktion kaum auch nur aus freien Stücken entstehen. Dieselbe Mischung aus bodenlosem Grauen und phylogenetischer Lust, die Mark verspürt, wenn er sich über die brutzelnde Pfanne beugt, um zu sehen, was …
    Nur spürt Mark in seinem jungen Waschbrettbauch, dass eine solche Erzählung KEINE Metafiktion wäre. Denn Metafiktion ist als Liebhaberin unwahr. Sie kann nicht betrügen. Sie kann nur offenbaren. Sie selbst ist ihr einziges Objekt. Sie ist ein Akt des einsamen, solipsistischen Narzissmus, ein Nachtlicht an der schwarzen fünften Wand des Subjektseins, ein Gesicht in der Menge. Liebende, die keine sind. Die das eigene Rückgrat küssen. Mit sich selbst schlafen. Keine Frage, es gibt da draußen ein paar begabte alte Schlangenmenschen. Ambrose und Robbe-Grillet und McElroy und Barthelme können verdammt gut mit sich selbst schlafen. Mark hat ihre ganze Orgie geprüft. Der arme Glückspilz von Leser ist nicht das Ziel dieser Szene, obwohl er die schrille Pfeife hört, die rasiermesserscharfe Brise spürt und weiß, dass dank der Gnadevon unser aller Vater dort jemand liegt, gepfählt und rot wie die Kreismitte, bäuchlings hergerichtet, jedes Glied eine Richtung auf so grenzenlosem Land, dass nichts das Auge hält außer Nahrung und Himmel und der Schatten einer langsamen Uhr …
    Bitte sagen Sie es nicht weiter, aber Mark wünscht sich, eines fernen, schwer verdienten Tages etwas zu schreiben, was einen ins Herz trifft. Das einen durchbohrt und glauben lässt, man müsse sterben. Vielleicht nennt sich das dann Metaleben. Oder Metafiktion. Oder Realismus. Oder Gfhrytytu. Er weiß es nicht. Er fragt sich, ob das überhaupt irgendwen juckt. Vielleicht hat es auch gar keinen Namen. Vielleicht steckt auch nur die Offenbarung eines Betrugs darin. Der Tatsache, dass »Verrat an den Ideen« im Grunde redundant ist. Der Stoff würde die Metafiktion wahrscheinlich als strahlend lächelnde Tarnung nutzen, als harmloses Kostüm mit Flossenlatschen, weil sich Metafiktion sicher lesen lässt, so vertraut ist wie Serienwiederholungen im Fernsehen, und kein Opfer ist köstlicher als das, das einen beim vertrauten Näherkommen erleichtert anlächelt. Das den spitzen Aluminiumpfeil sieht, der gerade genug auf seine eine Seite zielt, um es zu öffnen …
    Aber hier gibt es eine Entwicklung. Sie erinnern sich, dass der maximal gespannte reguläre Wettkampfpfeil

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