Alles ist grün
Dialekten die Identitäten veranschaulichen, in denen sie/er atavistische Wache über Marks Entwicklung ins Erwachsenendasein gehalten hätte:
»Allmächtiger Vater, Bursche, du wächst ja wie die Heide auf den Hügeln.«
»Pater Costello? Moms alter Priester, der ihr die Beichte abnahm und jeden Monat zum Abendessen kam?«
»An der Ecke bitte links abbiegen.«
»Officer Al? Der Officer, bei dem ich in meinem alten Datsun die erste Führerscheinprüfung gemacht habe?«
»Äh, das ist falsch. Nicht da. Lass mich mal … ja, da. O ja. Siehst du? O Gott .«
»Charlene Hipple? Vom YWCA ? Die Ausbilderin im Bogenschießen, die mich entjungfert hat?«
Und so weiter. Dr. Ambrose, der die Selbstlosigkeit nur in Gestalt eines Voyeurs zu schätzen weiß, wäre mit den fünfen unterwegs, weniger um die Eröffnung des Juxhauses als um die Entfaltung der Vereinigung mitzuerleben – die er ebenso wie der Werber J. D. Steelritter als amerikanische Erfüllung der lange verheißenen Apokalypse ansieht, nach der alles Begehren von der Natur gestillt wird, die Menschen nichts mehr brauchen und den Wert der Dinge genießen, einfach weil sie sind. In der besten Manier der kontinental-marxistisch-kapitalistisch-apokalyptischen Tradition kollabieren die Unterscheidungen zwischen Sein und Existenz, Management undArbeit, wahr und falsch, Fiktion und Realität in der erbarmungslos blendenden Helligkeit von Jack Lords Suchscheinwerfer am Himmel.
Wenn das hier Fiktion wäre, würde den frittierten Rosen, die den Landwirt J. D., den Händler Ambrose, den Konsumenten und Jünger Mark, die Manichäerin D. L., die Abtrünnige Magda und den Bittsteller Sternberg vereinen, durch den magischen Prozess des Frittierens als um so lieblicheren Rosen gehuldigt: blutrot und spröde, fein gesponnenes, rotgrünes Glas, gefirnisst in Frittieröl und mitten im Erröten für die gemütliche Inspektion konserviert wie ein im Flug gefangener, prächtiger Schädling in Bernstein. Nur sind die Rosen, die J. D. Steelritter Mark Nechtr vom Fleck weg rüberzurücken aufgefordert hat, rußig dunkel, verknickt, verdreht, verstädtert, staubig, hässlich und ölig in einem von diesen verschmierten Klarsichtbeuteln, in denen man an der Junior High Dope bekommt.
»Wo hast du die her?«, fragt der Branchenlord tonlos.
»Woher?«
»Du hast gesagt, du hast die von Ambrose, richtig?«
Magda sieht Steelritter fast genauso ruhig an wie Mark.
»Ich wüsste nicht, dass ich überhaupt etwas gesagt hätte, Sir.«
DeHaven wirft seinem Vater einen Blick mit dieser speziellen Sohnesangst zu, als sich J. D. plötzlich von einem Ärger übermannen lässt, der so umfassend ist wie der Mais um sie her:
»Pass mal auf, du Rotzlöffel, die gehören mir. Ich baue sie an, ich pflege sie und ernte sie und bereite sie zu. Für euch sind sie erst später. Als Teil des Vereinigungspakets. Dieser Wichser von Professor und ich hatten ein Gentlemen’s Agreement. Die sind gegen seine Ängste. Nicht, um sie auf der Straße zu verteilen. Ich frage dich noch mal. Hat er dir die gegeben?«
»Nechtr hat gesagt, er hätte sie von jemandem, dem er sehr vertraut, Mr. Steelritter«, aus Sternbergs Ecke.
»Den mach ich platt. Der ist in der Branche weg vom Fenster. In jeder Branche. Ambrose hat verkackt. Verschissen.«
»Natürlich hat er die von ihm«, sagt D. L., und ihre Müdigkeit übertönt ihre Schadenfreude. »Sag’s ihm doch, Schatz.«
»Ich habe sie unter der Bedingung bekommen, dass ich nicht sage, woher, wenn ich gefragt werde«, sagt Mark ruhig.
»Diese Ratte«, sagt J. D. mit fassungslos hoher Stimme. »Diese kahlköpfige, arrogante Fotze, die ich aus einem lizenzlosen Nichts herangezogen habe.«
»Paps, das Öllämpchen hier flackert total hell.«
J. D. schlägt sich mit dem Handballen an die Stirn. »Scheiße, ist das ein Chaos .«
»Nechtr sagt, man verdankt ihnen eine seltsame Selbstbeherrschung, Sir«, sagt Sternberg. Was Mark nicht gesagt hat. Mark sieht ihn nicht mal an. Er hat nur Augen für J. D. Steelritters fein geschnittene Gesichtszüge.
»Die Teile sind das brutale Ende der amerikanischen Werbung, Junge«, fratzt J. D. kritisch in Richtung der staubigen, weit gereisten Ablagerungen in dem verschlierten Beutel. »Gestalt gewordene Werbung.«
Sternberg ernsthaft entsetzt: »Was?«
DeHavens ablenkende Verwirrung lässt Talkumwölkchen aus einem gut gekratzten Skalp aufsteigen. »Aber wir essen den Scheiß doch die ganze Zeit«,
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