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Alles ist grün

Alles ist grün

Titel: Alles ist grün Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Foster Wallace
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blutlos weiß. Er ist sicher, dass er sich gleich übergeben muss. Die Wolken vor der Kurve und dem Auto sind riesig. Sie haben fast schon den architektonischen Ehrgeiz eines Trump. Mark sieht noch mehr Regen heranziehen, langsam von Westen her, aber er kommt, flechtenweise hängt er aus dem Himmel, vom Wind wie Lametta hin und her gepeitscht, die eigentliche Wut des Gewitters tobt sich jetzt wohl über Collision, den inzwischen verdunkelten Riesenbögen und dem festen Dach des Schutz bietenden Juxhauses aus, in das sich die Erwachsenen und früheren Jugendlichen vor den Elementen geflüchtet haben,warten, Lernkarten mit dem Wort glas schwenken und symbolisch auf das Wohl des Anstoßens selbst anstoßen. Er ist sicher, dass sie alles verkehrt herum gemacht haben.
    »Schau mal, Junge. Die drei Baracken da«, J.   D. zeigt. Er drückt seinem Sohn die pastellfarbene wattierte Schulter. »Ich möchte, dass du da hingehst und klopfst. Vielleicht ist ja jemand zu Hause. Jemand vom Lande, der sich mit einem selbst gebauten Leerlauf auskennt.«
    »Der Wagen hier versinkt im Schlamm, Paps«, schnieft DeHaven über D.   L. hinweg. »Wir bleiben hier sowieso stecken. Hinten ist der Arsch schon abgesackt.« Er wischt sich verklumptes Talkum von der Wange. »Gott, es tut mir ja so leid, Paps.«
    »Schon gut, Junge. Nicht deine Schuld. Schau einfach mal nach. Bitte. Hier«, er gibt ihm das nasenlose verfilzte Garn vom Armaturenbrett. »Setz die Perücke auf. Pass auf, dass dein Kopf trocken bleibt. Hol dir keine Erkältung. Keine schniefenden Ronalds.«
    DeHaven hält die Ohren steif. »Wird gemacht.« Er steigt aus, verschwindet hinter dem silbernen Regenvorhang – man hört das Zischen, als seine Zigarette getroffen wird und ausgeht – und geht die Straße entlang, drückt sich das orangene Garn wie ein Haarnetz auf den Kopf, reitgewohnte Hüften springen unter seiner orangenen Hose vor, die großen roten Flossenschuhe spritzen Regenwasser in alle Richtungen, er geht die dampfende ländliche Asphaltstraße entlang und verschwindet hinter dem kondensierenden Atem, der sich an der Windschutzscheibe des völlig umschlossenen, Schutz bietenden Wagens im Regen sammelt.
    Das ist jetzt übrigens so ziemlich der Höhepunkt der ganzen Reise, die ausstehende Ankunft. Das letzte Hindernis – Entschädigung, Lustbarkeiten, Fleisch, frittierte Rosen, so vielRosen, wie man will, Rosen bis dorthinaus, gleich vor ihnen: hinter dem Hindernis.
    Drew-Lynn Eberhardt spürt deutlich, dass DeHaven Steelritter und J.   D. einander im Grunde ihrer Herzen lieben, und das rührt sie. Sie ist ungeheuer sensibel dafür, wer von wem geliebt wird.
    Während sich J.   D. Steelritter zigarrenlos zurücklehnt und unabgewischtes Kondenswasser sich auf dem Zifferblatt sammeln lässt, denn warum soll man sich sorgen, wenn das keinen Zweck hat; während D.   L. gegen die am Rückspiegel hängenden Würfel schnippt; während Tom Sternberg sich einen Snack gönnt und zusieht, wie die Gabardine nach seinem Belieben wie ein Kran auf und absteigt; Magda mit einem initialenbestickten Stofftaschentuch Marks Fenster abwischt und sie das Brachfeld links des Zauns betrachten, das schwarze, schlammige Brachfeld, leer bis zum Horizont bis auf vom Pest-Aside angestachelte Schädlinge und eine alte, wackelige, proletarische und völlig überflüssige Vogelscheuche. Die wirkt gleichzeitig nobel und jämmerlich wie ein stoischer Wachmann, der vor einem leeren Tresorraum schlaflose Wache hält. Mark und Magda betrachten das Feld, die Vogelscheuche und den nüchternen Regen von Illinois wie Menschen, denen etwas fehlt. Magda hat das überwältigende – und absolut nicht rätselhafte – Bedürfnis, mit jemandem zu reden. Mark, vom ersten Tag an der geborene Zuhörer, hat überhaupt kein Bedürfnis.

GENAU GENOMMEN WAHRSCHEINLICH NOCH NICHT DIE LETZTE AUFDRINGLICHE UNTERBRECHUNG
    Mark Nechtrs zwiespältige künstlerische Haltung seinem Lehrer Dr. Ambrose gegenüber – unabhängig davon, dass Ambrose herzlich, taktvoll und unliebenswert ist – und mal ganz und gar abgesehen von dieser Kiste mit den frittierten Rosen – geht in Wirklichkeit auf Marks neues trinitarisches Misstrauen zurück, das er den fiktionalen Klassifikationen entgegenbringt, die Ambrose so gern hat, auf die er sich verlegt und an die er sich angekuschelt hat, als er Schutz vor genau den kritischen Eiswinden suchte, die ihm in der Fülle der Zeit überhaupt erst seine eigene klassifizierte Nische

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