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Alles ist grün

Alles ist grün

Titel: Alles ist grün Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Foster Wallace
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Richtung Ziellinie? Wie bringt man Stasis in Bewegung, ob nun Flucht oder Verfolgung?«
    »Indem man das Zuhören unmodisch macht?«, sagt Mark.
    J.   D.s müde Augen weiten sich, und er nickt. »Aber wie schafft man das? Wie schafft man das? Mit Symbolen, genau. Man macht eine Geste. Man zeigt, dass man sich wünscht, das Klingeln nicht zu hören.«
    »Man köpft ein grobes Bild der Schönheit, frittiert es in Schmalz, konsumiert es, verdaut es, scheidet es aus?«
    »Macht aus der größten Angst den einzigen echten Wunsch?«
    »Hört sich verdammt politisch an«, meint Sternberg.

    »Nur was ist die größte Angst aller Menschen?«
    »Der Mormonenforscher hatte ganze Listen davon.«
    »Paps.«
    »Nein, nein, nein«, J.   D. schüttelt ungeduldig den Kopf und gestikuliert mit einer nichtexistenten Zigarre. »Die eine ganz Große. Die jeder hat. Die uns als Menge verbindet.«
    »Tod?«
    »Unehre?«
    »Ich wäre für Tod, Schatz.«
    »Meine Stimme geht an die Körperlichkeit, Leute.«
    »Paps.«
    »Man gestikuliert«, sagt J.   D. »Man verkauft das Quietschen des Bluts im eigenen Schädel. Man verkauft sich, aber um des Ausverkaufs willen, ohne Ziel oder Objekt« – er sieht nach oben rechts, zu den Sturmwolken, die atemberaubend aussehen – »wechselt den abgenutzten Kanal von Liebe oder Ehre aus nichts als einem Wunsch zur Liebe zur Angst: Die ganze große historische judäo-christliche Kampagne dreht sich im Gegensinn, von innen.«
    »Eine Kampagne dreht sich?«
    »Wir sind gelangweilte Tiere« – J.   D. macht eine zusammenfassende Geste. »Das wissen sogar die Naiven. Bis zur Betäubung gelangweilt von klingelnden Glöckchen, dem Geschmack von Fleisch. Aber lasst das Fleisch klingeln «, sagt er, »Und ihr könnt euer Leben darauf verwetten, dass ihr eine Glocke essen werdet . Und sie mögt.«
    Der ungedämpfte Motor erstirbt, der höhergelegte Wagen gleitet im plötzlich brüllenden Fehlen selbstgemachter Geräusche und rollt auf dem randstreifenlosen Abschnitt zwischen ländlichem Asphalt und Brachfeld aus, neben dem Entwässerungsgraben, im Dreck, vielleicht 400 Meter, bevor die Straße letztmals eine Linkskurve macht und Richtung Westen direkt nach Northeast Collision hineinführt. Alles, woran sich dasAuge festhalten kann, sind drei winzige Baracken vor ihnen, Schuppen in der weit geschwungenen Linkskurve. Die Baracken verhindern den Blick auf den genauen Kurvenverlauf.
    Die Totenstille im lautlosen Wagen, der im Dreck knirschend zum Stehen kommt, wirkt wie ganze Minuten der einen Sekunde, unmittelbar nachdem laute Musik abgestellt wird. »Sie mögt« schwirrt wie ein Querschläger durchs rote Autoinnere, als das heimtückische Auto im Dreck am Straßenrand den Geist aufgibt und im rechten Winkel zu einem Stacheldrahtzaun stehen bleibt, der ein üppig grünendes gesundes Maisfeld von einem fruchtbaren schwarzen Brachfeld trennt, auf dem es von verwirrten Schädlingen brodelt, die von ihrem Sinn für Qualität angelockt wurden.
    »Wir dröhn’n«, sagt der Clown leise zu sich selbst und zerquetscht eine friedfertige Mücke.
    J.   D. ist plötzlich ganz ruhig. Er hat eine Armbanduhr. Jack Lords Ankunft über Collision steht bald bevor. Er hat Angst. Traurigkeit, Ärger und Ekel über Ambroses wertlosen Verrat sind zerstoben wie der Staub unter dem ausrollenden Wagen, alles vor dem großen Eiswind der Angst eines Genies. J.   D.s zwei größten lakenversauenden Albträume sind, dass er seine eigene Vereinigung verpasst und dass er irgendwo vor einer mitreißenden, panoramischen, unversperrten und ständig wachsenden Kulisse liegen bleibt.
    Ein lauter Donnerfurz zerreißt die Stille.
    »Reparier bitte den Wagen«, sagt er leise, als die ersten dicken Tropfen auf die Windschutzscheibe klatschen.
    Mit einem gequälten Winseln ist DeHaven aus dem Wagen. Durch die Windschutzscheibe sieht man plötzlich nur noch die glitzernde Motorhaube.
    »Können wir nicht einfach zu Fuß gehen?«, schlägt D.   L. vor.
    »Ich steig nicht aus dem Wagen«, sagt J.   D. ruhig. »Sind immer noch drei Kilometer oder mehr. Regen. Versaut mir den Anzug. Ich kann nicht nass den Vorsitz führen. Wir bleiben hier. Der Junge hat ein Händchen für Motoren.«
    Unter dem Markenzeichengesicht sind Streifen von DeHavens echtem Gesicht zu erkennen, als der Clown im prasselnden Regen die Motorhaube zuwirft. Die Würfel am Rückspiegel hüpfen auf und ab, und das Öllämpchen pulsiert.
    »Der Filter ist eins a«, sagt er, als er

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