Alles ist mir nicht genug
war nicht ihr
einziges Ziel gewesen. Da war noch etwas. Ihrer beider Leben bewegte sich im
selben Tempo voran, getrennt und doch verbunden, wie die Rümpfe eines
Katamarans. Sie waren beide siebzehn. Sie würden beide im Juni ihren Abschluss
machen und im nächsten Jahr beide studieren.
Dagegen
segelten er und Jennifer auf total unterschiedlichen Kursen und von Sex war
leider noch nicht mal schwach am Horizont etwas zu erkennen. Sie war erst
vierzehn und würde noch drei Jahre lang jeden Morgen ihre Schuluniform anziehen
und zur Constance-Billard-Schule gehen, während er an der Uni inzwischen ganz
was anderes machte. Wahrscheinlich hätte der große Altersunterschied viele
Jungs abgeschreckt, aber Nate fand ihn ganz tröstlich. Während er in den
unerforschten Gewässern der Zukunft kreuzte, würde Jenny sicher zu Hause vor
Anker liegen. Er konnte ihr SMSe schicken, mit ihr telefonieren und sich mit
ihr treffen, wenn er in New York war, und nichts würde sich verändert haben.
Charlie
spießte mit der Gabel eine schlaffe Gewürzgurken-Scheibe auf und klatschte sie
wie einen toten Fisch auf Nates Teller. »Hey, Nate, bist du auf Turkey, oder
was? Schaffst (Ins überhaupt noch durch Chemie?«
Nate sah ihn
an und tastete nach dem Plastikbeutel mit dem Grasvorrat in seiner Tasche. Er
warf einen Blick auf die Uhr. »Was ist, sollen wir noch schnell einen dämpfen,
bevor wir reingehen?«
Die anderen
drei nickten begeistert und Nate stand lächelnd auf. Er hatte das Gefühl,
etwas begriffen zu haben, wenn er auch nicht so genau wusste, was. »Also dann«,
sagte er. »Gehen wir, oder?«
sind jungs wirklich
wie klamotten?
Während die
elften und zwölften Klassen der Constance- Billard-Schule über der zweiten
Prüfung des Tages schwitzten, war Jenny in Sexualkunde, wo über Themen wie
Liebe, Sex, Shampoo und männliche Geschlechtsteile gesprochen wurde.
Elf Mädchen
saßen im Kreis auf dem Boden des kuscheligen kleinen Klassenraums, der eigens
für Fächer eingerichtet worden war, in denen Vertrauliches besprochen wurde,
wie eben im Sexualkundeunterricht für die Neuntklässlerinnen. Die Sonne strömte
durchs Fenster auf den flauschigen roten Teppich, der statt des in der Schule
sonst üblichen kotzgrünen Belags den Boden bedeckte. Die in einem fröhlichen
Kornblumenblau gestrichenen Wände waren weiß einge- fasst, in der Ecke stand
eine kleine Tafel mit ausreichend bunter Kreide, damit die Lehrkraft farbige
Schaubilder anzeichnen konnte, und was das Wichtigste war: Damit sich die
Mädchen zwanglos und entspannt über all das unterhalten konnten, was sie wirklich
beschäftigte, gab es keine Tische und Stühle im Raum.
Die Fachkraft
für Sexualkunde hieß Ms Doherty und war eine fünfundzwanzigjährige esoterisch
angehauchte Hippie- Tanzlehrerin mit einem Yoga-trainierten Traumkörper, langen
kastanienbraunen Haaren und einem blassen Gesicht, das sie prinzipiell nie
schminkte. Sie war die einzige Sportlehrerin der Schule, die nicht nach
Kampflesbe aussah, und die Mädchen hätten sie für ihre lockere Art geliebt,
wenn sie nicht die unangenehme Eigenschaft gehabt hätte, über intime
Körperteile so zu reden, als wären es Haustiere. Ms Doherty ließ die
Diskussionsthemen von den Mädchen selbst bestimmen, weshalb meistens über Jungs
gesprochen wurde.
»Ich würde
ehrlich gern mal wissen, wie wir jemals welche kennen lernen sollen, wenn wir
neunzig Prozent unserer Zeit in einer reinen Mädchenschule eingesperrt sind«,
beschwerte sich Kim Swanson. Sie strich sich die getönten blonden Haare glatt,
in die sie seit der vierten Klasse alle zwei Monate im John-Barrett-Salon
weißblonde Strähnchen färben ließ.
Jenny saß
neben Kim und staunte wieder mal darüber, dass an ihr einfach alles stimmte:
von den rosig manikürten Fingernägeln, dem goldenen Solarium-Teint, der
hauchzart aufgetragenen Chanel-Wimperntusche, dem Lidschatten und Lipgloss
über die eckigen Cartier-Brillantstecker in ihren Ohrläppchen bis hin zur
frisch gebügelten weißen Bluse von Agnes B. Würde Kim nicht immer so viel Zeit
auf ihr Styling verwenden, hätte sie vielleicht mehr Zeit, Jungs kennen zu
lernen.
Ms Doherty
lächelte heiter und wohlwollend. »Ich weiß, das ist gar nicht so einfach, Kim«,
sagte sie mitfühlend. »Aber mach doch mal bei einem der vielen
schulübergreifenden Projekte mit - bei einer Theatergruppe oder einem Chor. Und
wenn du Freundinnen hast, die mit Jungs befreundet sind, bitte sie, euch
miteinander
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