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Alles ist mir nicht genug

Alles ist mir nicht genug

Titel: Alles ist mir nicht genug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cecily von Ziegesar
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der Humphreys, der lang ausgestreckt zwischen einem
Baguette und einem riesigen Klumpen Parmesan auf dem Küchentisch döste.
    Während Rufus
und Lyle im Wohnzimmer damit beschäftigt waren, aus der uralten
Plattensammlung von Rufus eine passende Scheibe herauszusuchen, rührte Dan mit
zittriger Hand in der Soße und dachte angestrengt darüber nach, wie er Vanessa
nachher am besten auf das Thema Sex ansprechen könnte. Er machte sich nichts
vor - mit organisch hatte das
alles rein gar nichts zu tun. Er wollte es nur noch so schnell wie möglich
hinter sich bringen, um endlich seine Schreibblockade zu überwinden. Er hatte
es satt, auf sein aufgeschlagenes Notizbuch zu starren und sich innerlich
genauso leer zu fühlen wie die Seite vor ihm.
    Dan rührte schneller
und immer schneller in der Soße, bis sie über den Rand spritzte. Wahrscheinlich
war es das Beste, nicht um den heißen Brei herumzureden, sondern es ihr einfach
zu sagen und zu hoffen, dass sie ihn nicht auslachte.
     

 
    v ist zur falschen
zeit am richtigen ort
    Eigentlich
hätte Vanessa schon längst bei den Humphreys sein sollen, aber nachdem sie ihre
gesamte Filmausrüstung quer durch die Stadt geschleppt hatte - zuerst war sie
mit dem L-Train von Williamsburg zur 14. Straße gefahren und von dort aus dann
per E-Train bis zum Central Park -, wäre es eine Sünde gewesen, den schönen
Abend nicht zu nutzen, um noch ein bisschen Material für ihren Bewerbungsfilm
zu drehen. In der Nacht zuvor hatte es geschneit und die Wege im Park waren mit
Glatteis überzogen. Als Vanessa mit vorsichtigen Schritten zum zugefrorenen
Bootsteich hinunterging, bereute sie es, ihre Neuerwerbung von Victorias
Secret angezogen zu haben, statt sie zu den anderen Sachen in die Tasche zu
stecken. Die Spitze war eklig kalt und scheuerte genau an den Stellen, wo es am
unangenehmsten war.
    Am Teich stand
eine riesige, uralte Eiche, von deren Ästen glitzernde Eiszapfen hingen.
Vanessa zog die Kamera aus der Hülle. Sie wollte den vereisten Baum als
originellen Vorspann für ihre New-York-Doku verwenden, um die Zuschauer zu
verwirren. Im ersten Moment sollten sie glauben, der Film spiele irgendwo
idyllisch auf dem Land, und dann - Schnitt - zeigte die
nächste Szene irgendetwas unverkennbar Großstädtisches, Schlachter zum
Beispiel, die auf der West Street blutige Rinderhälften aus Lkws hievten.
    Vanessa
stellte die Schärfe ein und holte die Eiszapfen ganz nah heran, um dann langsam
wieder auszuzoomen. Umgekehrt hätte es zu sehr nach Naturfilm ausgesehen. Dan
hatte ihr oft gesagt, ihre Filme hätten nicht genug Action, aber Vanessa
verglich sie mit Gedichten. Es musste nicht unbedingt etwas passieren - es
ging um Gefühle.
    Und während
sie so am Ufer des zugefrorenen Teichs im Schnee stand, um die nackte,
vergängliche Schönheit der Eiszapfen einzufangen, hatte sie in der Tat sehr
intensive Gefühle. Sie spürte deutlich, wie ihr ein schwarzes Pantyhöschen
langsam am Arsch festfror.
    So was nennt
man Gefrierbrand.
    Nate war mit
Jenny in die Nachmittagsvorstellung des »Nuss- knackers« im Lincoln Center gegangen
und alles war genau so gewesen wie in seiner Erinnerung. Vom gigantischen
Weihnachtsbaum bis hin zu den durchgeknallten überlebensgroßen Kampfmäusen.
Jenny hatte mit aufgerissenen Augen dagesessen, verzaubert von der Musik, dem
Bühnenbild, den Tänzern und den Kostümen - am allerbesten fand sie die
Zuckerfee -, und als am Ende Clara und ihr Prinz im Pferdeschlitten in den
Himmel auffuhren, hatte sie fast geheult.
    Nach der
Vorstellung hätten sie eigentlich gleich zu den Humphreys fahren sollen, doch Jenny
wusste, dass es keine sicherere Methode gab, einem perfekten Nachmittag ein
grausames Ende zu bereiten, als eine Küche zu betreten, in der ein womöglich
halb nackter Rufus Humphrey in einem Topf Rum und literweise Ketchup
zusammenrührte. Nate war die ganze Zeit so wahnsinnig lieb gewesen, er hatte
ihre Hand gehalten, sie auf seine Lieblingsszenen aufmerksam gemacht und in
seinem grauen Kaschmiranzug mit dem veilchenblauen Hemd selbst wie ein Prinz
ausgesehen. Deshalb beschloss Jenny, lieber den Umweg durch den Central Park zu
nehmen.
    Als sie zum
Bootsteich hinuntergingen, musste sie sich an Nates Hand festklammern, weil
ihre schwarzen Wildlederstiefel kein Profil hatten und sie auf dem Eis immer
wieder ausrutschte. Außerdem spürte sie beim Gehen dieses ungewohnte Scheuern
zwischen ihren Pobacken. Sie biss die Zähne aufeinander und versuchte, sich

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