Alles kam ganz anders
sein, das hat sie von ihrem Vater geerbt, und er hatte es von seiner Mutter, von unserer Grand-mère. Unsere Kinder haben es wiederum von ihrer Mutter geerbt!“
„Und Sie?“ fragte Simone mit einem kleinen, verschmitzten Lächeln.
„Ich habe es von meiner Frau gelernt! Ursprünglich war ich gar nicht so…“
„Doch! Das warst du, Asbjörn! Du hattest nur nicht gelernt, es zu zeigen!“ rief Mama.
„Nun ja, und dann bin ich ein Tiernarr, wie Sie wissen.“
„Aber Sie sind auch lieb zu Titine und mir, wenn wir auch keine Tiere sind!“
„Nun, es ist keine Kunst, zu einem so entzückenden Kind wie Titine lieb zu sein!“ schmunzelte Papa. „Und was Sie betrifft, könnte ich vielleicht auch ein paar Gründe aufzählen!“
Bevor Papa mit dem Aufzählen anfangen konnte, erschien Marcus wieder und konnte endlich die Gäste begrüßen.
„Bist du… ich meine, sind Sie die Mutter von Titine?“ wollte er wissen.
„Du kannst ruhig du zu mir sagen, Marcus“, erklärte Simone. „Ja, ich bin die Mutter von Titine.“
„Warum ist ihr Vater nicht mitgekommen?“
„Weil er weit weg ist, Marcus. Er ist in Frankreich.“
„Wie schade“, meinte Marcus. „Er möchte bestimmt lieber hier sein und mit Titine spielen!“
Zum Glück ließ Felix ein deutlich vernehmbares Miauen hören. Marcus rannte los und vergaß Simones Familienprobleme.
Endlich brachen wir auf. Titine war auf Mamas Schoß eingeschlafen, den Daumen im Mund.
„Ja, es ist die Zeit für ihr Vormittagsschläfchen“, erklärte Simone. „Ich werde gleich…“
„Sie werden gleich mit Elaine in den Garten gehen und sich gemütlich in unsere Sonnenecke setzen“, unterbrach Mama. „Ich werde Titinchen auf die Couch betten und ein Auge auf sie haben.“
„Aber Sie haben doch bestimmt zu tun“, meinte Simone.
„Keine Spur! Ich bin sowieso aus der Küche verjagt, solange Grand-mère hier ist! Ich habe vielleicht ein bißchen zu nähen, das mache ich, während ich auf Titine aufpasse. So, nun raus mit euch, Simone soll sich endlich einmal entspannen können! So reizend auch ein kleines Kind ist und so innig man es auch liebt – manchmal ist es doch schön, es für ein Weilchen los zu sein, um sich brutal auszudrücken!“
Simone lachte laut.
„Da spricht die erfahrene und vielgeplagte Mutter! Sie haben unbedingt recht, Frau Grather! Also, wenn Sie wirklich meinen…“ „Ja, ich meine! Nun macht, daß ihr wegkommt!“ Wir gehorchten.
Simones Erzählung
Wir saßen in bequemen Liegestühlen, und Marcus brachte uns – im Auftrag von Mama – gekühlten Orangensaft und Gläser. Dann teilte er uns mit, daß er uns nicht Gesellschaft leisten könne, er müsse sich um Felix kümmern. Worauf er sich aus dem Staube machte.
Simone sah ihm nach, und um ihren Mund lag ein kleines Lächeln.
„Er ist ja ein ganz goldiger kleiner Junge, dein Brüderchen“, sagte sie.
„O ja, im großen und ganzen“, stimmte ich zu. „Aber er kann auch ein furchtbarer Bengel sein!“
„Also vollkommen normal“, meinte Simone. Sie schwieg ein Weilchen, dann sprach sie wieder.
„Weißt du, Elaine, ich habe mir viel von diesem Tag versprochen, ich habe mich schrecklich gefreut, ich habe buchstäblich die Stunden gezählt. Und jetzt schon, nach… nach…“, sie warf einen Blick auf die Uhr, „nach gut zwei Stunden sind alle meine Träume in Erfüllung gegangen, ihr habt mir mehr gegeben, als ich mir vorzustellen wagte.“
„Aber, liebe Simone, wir haben doch gar nichts…“
„Doch. Ihr habt mich teilnehmen lassen an dieser Fröhlichkeit, habt mich sozusagen bei euch aufgenommen – und deine phantastische Grand-mère, wie hat sie herrlich offen von ihrer Jugend gesprochen. und von ihrer – was sagte nun dein Vater – ihrer Jugendsünde. Oh, ich habe viel von deiner Grand-mère gelernt, Elaine. Daß man geradeaus und offen sprechen soll, daß man ohne Umwege die Tatsachen erklären soll, die sich nicht ändern lassen.“
„Du denkst an die Tatsache, daß du dein Titinchen hast? Aber davon sprichst du ja ganz offen und ehrlich, und was solltest du sonst tun? Die Kleine ist nun mal da!“
„Ja, so meine ich es auch nicht. Aber weißt du, ich habe keinem Menschen erzählt, wie alles kam, und warum ich keine Verbindung mit Titines Vater habe – und wieso und warum ich mich auf so ein Abenteuer eingelassen habe.“
„Hast du es nicht einmal deiner Mutter erzählt?“
„Nicht alles. Ach, meine arme Mutti, es war schwer für sie. Es kam
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