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Alles kam ganz anders

Alles kam ganz anders

Titel: Alles kam ganz anders Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berte Bratt
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selbst! Das ist sehr, sehr wichtig! Wenn man eine Schwierigkeit mit guter Laune und einem Lächeln hinnehmen kann, dann ist das Leben und das Zusammenleben viel, viel leichter!“
    Ich dachte nach. Lange. Dann fragte ich: „Aber wenn nur der eine Partner diese so löbliche Einstellung hat. und der andere nicht, was dann?“
    „Ich glaube, man sollte von Anfang an. also wenn alles schön und gut ist und die erste Liebe noch auf ihrem Höhepunkt, eine Verabredung treffen! Eine Art Versicherung gegen spätere Unstimmigkeiten!“
    „Jetzt kann ich nicht mehr so richtig folgen.“
    „Kannst du nicht? Gut, dann werde ich dir etwas erzählen, was ich noch keinem anderen Menschen erzählt habe.“
    „Jetzt bin ich aber gespannt! Ist es so etwas Furchtbares?“
    „Nein, im Gegenteil.“
    Mama lächelte wieder, und ich glaube nicht, daß ich jemals ein so hübsches Lächeln auf einem Menschengesicht gesehen habe.
    „Als Papa und ich uns gerade verlobt hatten – du weißt, das war in einem Sommer in der Schweiz –, da hatten wir ein paar kleine Auseinandersetzungen – nichts Schlimmes, aber immerhin. Kleine Unstimmigkeiten, weil wir eben verschiedene Auffassungen hatten.“ Ich nickte.
    „Du warst wahrscheinlich zu impulsiv und Papa zu nüchtern!“
    „Ja. ungefähr so war es. Aber es ging schnell vorüber, und wir waren sehr, sehr glücklich miteinander. Dann machten wir einen ganz wunderbaren Ausflug auf den Gornergrat.“
    „Oh, da bin ich ja auch gewesen, ich habe das Matterhorn bewundert!“
    „Ja. und dasselbe taten wir. Es war ein so prachtvoller Tag. und wir waren so glücklich, und die Natur war so überwältigend schön. Da sagte ich zu Papa: ,Wenn wir jemals böse aufeinander werden sollten, wenn es jemals dahin käme, daß wir einander verletzen oder kränken – dann sagen wir ganz einfach Matterhorn und denken an diesen Augenblick zurück, und dann wissen wir, wie sehr wir einander lieben und wie vieles wir miteinander gemeinsam haben. Wir werden sofort wissen, daß die kleinen Ärgernisse des Alltags im Grunde nichts zu bedeuten haben, und zwei Menschen, die einander so nahestehen, stets über alles sprechen und alles verstehen können…’“
    „Jetzt begreife ich!“ rief ich. „Jetzt begreife ich. warum ihr das große, schöne Bild vom Matterhorn in eurem Schlafzimmer habt! Aber. Mama, hat es immer geholfen?“
    „Ja. weißt du. das hat es! Aber es wurde mit der Zeit immer seltener, wir brauchten es zuletzt nicht mehr. Wir sind zwanzig Jahre verheiratet, und in zwanzig Jahren lernt man viel. Ich glaube, Papa hat es verstanden, mir ein bißchen Vernunft und Nüchternheit einzuflößen…“
    „Und du hast ihn gelehrt, lieb zu sein!“ rief ich. „Das behauptet er jedenfalls selbst! Aber, Mama, wenn man nun eine solche Verabredung mit seinem Partner Hat, und es kommt zu einer scheußlichen Auseinandersetzung, so daß der eine oder die andere sagt ,hör doch endlich auf mit deinem lächerlichen, sentimentalen Matterhorn’. was dann?“
    „Ja, dann ist es schlimm. Dazu kann ich nur sagen, daß man erst heiraten darf, wenn man sich so gut kennt, daß man weiß – hundertprozentig sicher weiß –, daß man dieselben Grundbegriffe hat.“
    „Und was nennst du Grundbegriffe?“
    „Dieselbe Auffassung von Ehrlichkeit, anständiger Gesinnung, Offenheit. Mit anderen Worten, man soll sich kennen, richtig gut kennen, am liebsten auch ein paar Auseinandersetzungen gehabt haben, bevor man heiratet!“
    „Und dann soll man also ein ‚Matterhorn’ haben!“ Mama lächelte.
    „Ja, oder ein anderes Wort – für dich und Ingo käme wohl ,Cora’ oder ‚Bisken’ in Frage!“
    „Oder ‚Kreta’“, meinte ich. „Du kannst dir nicht denken, wie schön wir es auf Kreta hatten!“
    „Ja. irgend etwas wird euch bestimmt einfallen!“
    Wir wurden unterbrochen: mein Bruderherz erschien in einer solchen Verfassung, daß ich ihn am liebsten in voller Verpackung unter die Brause gestellt hätte! Ich ergriff seine Hand, bevor er das Wohnzimmer mit dem guten Teppich betreten konnte, verfrachtete ihn ins Badezimmer, schälte ihn wie einen Apfel aus seiner Kleidung und stellte ihn unter die Brause. Dann holte ich Unterwäsche. Strümpfe. Jeans und Pulli und teilte ihm mit. daß es in einer halben Stunde Abendessen gäbe, er sollte sich schnell anziehen.
    Seine schmutzige Kleidung legte ich in einen Eimer zum Einweichen. Sie so in die Waschmaschine zu stecken, würde eine Schlauchverstopfung zur Folge

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