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Alles kam ganz anders

Alles kam ganz anders

Titel: Alles kam ganz anders Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berte Bratt
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Arme und nicht die Beine gebrochen hast!“
    „Wenn du es so siehst, können wir ja froh sein, daß ich nicht das Genick gebrochen habe“, schmunzelte Mama.
    „Aber im Ernst! Du kannst mit den Füßen Türklinken und Hebel und Knöpfe bedienen, aber du kannst nicht auf den Händen laufen!“
    „Wer hat gesagt, daß ich das nicht kann – ich meine, konnte! Wenn meine Arme so werden wie früher, werde ich es dir zeigen – ich gehe auf den Händen quer durch die Küche und den Flur und über die Schwelle rein ins Wohnzimmer!“
    „Auf den Anblick freue ich mich“, sagte ich. „So, Mamachen, jetzt sind deine Füße so gepflegt wie ein paar Babyfüßchen, sie erinnern mich an Titine… Mensch! Ich Idiot! Titine! Simone!! Mama, du bist auch doof! Warum hast du nicht gleich gesagt, daß ich Simone anrufen soll! Sie sucht doch immer Jobs!“
    „Ich dachte, sie wäre in Basel?“
    „Ja. aber nicht so lange! Drei Wochen, schrieb sie mir, und eine Woche ist schon um, wenn nicht anderthalb! Ich rufe an, in dieser Sekunde!“
    In Windeseile suchte ich Simones Brief mit der Telefonnummer heraus und wählte die lange Auslands-Vorwahlnummer und die ebenso lange Teilnehmernummer – alles in allem zwölf Ziffern! Eine Kinderstimme meldete sich auf Schwyzerdeutsch! Wenn ich richtig verstand, was äußerst zweifelhaft war, sagte sie, daß Simone und Titine beim Kaufmann waren, aber sie würden gleich kommen. Ich bedankte mich und legte auf. denn mir war ein Gedanke gekommen: Ich wollte lieber von der Post anrufen. Mama sollte das Gespräch nicht mit anhören – von der Post konnte ich ungehemmt meine Verzweiflung und unsere schreckliche Lage schildern.
    Also sagte ich Mama, daß ich schnell zum Kaufmann mußte, ergriff Geld und Einkaufstasche und machte mich aus dem Staub. Bei der Post hatte ich Glück. Es war Simone, die sich am Telefon meldete.
    „Ach. Elaine! Du bist es! Hast du vorhin versucht, anzurufen?“
    „Ja, und ob. Simone, ich brauche Hilfe! Wir brauchen dich! Du kannst dir nicht denken – aber sag vor allem, wie lange mußt du noch in Basel bleiben?“
    „Noch eineinhalb Wochen. Bis zum übernächsten Sonntag. Was ist denn los, Elaine?“
    Ich erzählte von Mamas Unfall, von unserer verzweifelten Lage und von meinem unterbrochenen Schulunterricht. Während ich sprach – und ich glaube, daß meine Stimme recht aufgeregt klang –, wurde ich mir wohl so richtig meiner Situation bewußt, denn plötzlich hopsten mir die Tränen aus den Augen.
    „Elaine, liebe Elaine“, kam Simones Stimme. „Ich fahre am übernächsten Sonntag direkt zu euch, ich lasse meinen Flug umbuchen und fliege nach Hannover, anstatt nach Hamburg.“
    „Kommt es dir furchtbar ungelegen, Simone? Du kriegst aber ein gutes Gehalt, das verspreche ich dir…“
    „Ich pfeife aufs Gehalt! Ich wüßte nichts, was ich lieber täte, als euch zu helfen!“
    „Aber es wird sehr viel zu tun sein. Simone…“
    „Um so besser! Elaine, sowie ich meinen Flug umgebucht habe, rufe ich dich an und sage, wann ich komme.“
    „Ich kann dich aber leider nicht abholen. Simone!“
    „Tut auch nicht nötig, ich kenne den Weg!“
    „Aber ich schicke Marcus mit dem Rad zur Bushaltestelle, dann kannst du jedenfalls deinen Koffer daraufstellen!“
    „Nun hör mal auf damit, dir Sorgen zu machen. Also, ich komme, zehn wilde Pferde würden mich nicht zurückhalten können! Tschüs, Elaine, ich rufe morgen an!“
    „Nanu?“ war Mamas erstes Wort, als ich zurückkam. „Was ist mit dir geschehen? Du siehst aus wie ein neuer Mensch! Hast du sechs Richtige im Lotto, oder was?“
    „Ich spiele nicht im Lotto, das weißt du doch! Aber denk dir, Mamachen…“
    „...Simone kommt und hilft uns“, ergänzte Mama. „Du hast sie von der Post angerufen, damit ich es nicht hörte, denn du wolltest deine ganze Verzweiflung schildern.“
    „Mama, bist du Gedankenleser?“
    „Ja, das bin ich. wenn die Gedanken so leicht zu lesen sind wie in diesem Fall. Außerdem behauptet dein Vater, daß ich eine besondere Einfühlungsgabe habe, und ich konnte mich sehr gut in deine Probleme einfühlen. Also, das ist ja eine Riesenerleichterung für uns alle! Wann kommt das gute Mädchen?“
    „Am übernächsten Sonntag! Das haut gerade hin! Dann kann ich am folgenden Tag zur Schule! Aber eins verspreche ich dir hoch und heilig: ich werde so früh aufstehen, daß ich dich waschen und anziehen kann, bevor ich lossause, und das habe ich vor zu tun, solange du mit deinen Gipsarmen

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