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Alles muss versteckt sein (German Edition)

Alles muss versteckt sein (German Edition)

Titel: Alles muss versteckt sein (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wiebke Lorenz
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vermittelt hat.«
    »Das ist gut«, sagt Hannah. »Das wird dir helfen.«
    »Ich hoffe.« Marie schluckt, kämpft wieder einmal gegen die Tränen an. »Wenn es irgendwie geht, möchte ich so schnell wie möglich wieder arbeiten.«
    »Lass dir Zeit damit.«
    Marie schüttelt den Kopf. »Je länger es dauert, desto größer wird die Angst.« Hannah schiebt sie ein Stück von sich weg, mustert sie eindringlich.
    »Hab keine Angst«, sagt sie und klingt dabei ganz erwachsen, fast mütterlich. »Dafür gibt es keinen Grund.«
    »Ich bin noch nicht gesund«, widerspricht Marie. »Vielleicht werde ich es ja auch nie.«
    »Doch«, erwidert Hannah, »das wirst du, ich weiß es.«
    »Ich wünschte, ich hätte deine Zuversicht.« Das Mädchen grinst sie an, und auch Marie muss lächeln. Zuversicht, ausgerechnet Hannah hat das, was ihr selbst so sehr fehlt.
    »Ich weiß es«, wiederholt Hannah, nimmt sie wieder in den Arm. »Und noch eines weiß ich ganz genau: Egal, was in deinem Kopf vor sich geht, egal, wie schlimm und grauenhaft es ist – du wirst es nie in die Tat umsetzen.« Ihre Umarmung wird noch fester, Marie kann ihren Herzschlag spüren. »Die Kinder wissen es«, flüstert sie, »vergiss das nicht und hab keine Angst.«
    »Danke. Und, nein, das vergesse ich nicht. Nie.«
    Jan Falkenhagen begleitet sie zur Klinik hinaus, bringt sie durch die Sicherheitsschleuse, trägt ihr sogar das Gepäck. Christopher steht draußen vor dem Eingang, tritt von einem Fuß auf den anderen und winkt, sobald er Marie und den Arzt erblickt, kommt mit schnellen Schritten auf sie zu und nimmt Dr. Falkenhagen die Koffer ab.
    »Also dann.« Maries Therapeut wirkt unsicher beim Abschied. Etwas linkisch streckt er ihr seine Hand entgegen, sie schüttelt sie mit festem Händedruck, gibt sich Mühe, optimistisch zu wirken. Ob für sich selbst oder den Arzt, kann sie nicht sagen, es scheint ihr einfach angebracht.
    »Danke, Dr. Falkenhagen«, sagt sie. »Sie haben mir sehr geholfen.« Es klingt wie eine Floskel in ihren Ohren, aber sie meint es so.
    »Ich bin froh, dass alles so ausgegangen ist, und wünsche Ihnen für Ihre Zukunft alles Gute! Und bitte denken Sie immer daran, Ihre Medikamente zu nehmen.« Sie verspricht es, dann dreht sie sich um. Und geht. Sie folgt Christopher, der ihre Koffer zu seinem Auto trägt. Kurz ist sie versucht, sich noch einmal umzusehen, noch einen letzten Blick auf Jan Falkenhagen und die Klinik zu werfen. Aber sie lässt es, so ein Bild muss man sich nicht einprägen, sie geht einfach weiter hinter Christopher her, folgt ihm zu der Schranke, hinter der sein Wagen parkt. Und während sie spürt, wie mit jedem Schritt das Gefühl der Taubheit von ihr abfällt, breitet sich langsam etwas anderes in ihrem Innern aus: Zuversicht.
    Christopher hat nicht zu viel versprochen. Als sie eine halbe Stunde später seine Wohnung in Alsterdorf erreichen und Marie ihr Zimmer besichtigt, ist sie überrascht, wie viel Mühe er sich gegeben hat. Ihre Möbel sind aufgebaut, das Bett bezogen, ins Regal hat er ihre wenigen Bücher alphabetisch einsortiert, ihr Notebook steht auf dem antiken Sekretär, und auf den kleinen Tisch neben der Tür hat ihr Exmann eine Vase mit Blumen gestellt. Gelbe Teerosen, ausgerechnet. Aber sie machen Marie nicht traurig, im Gegenteil, es ist, als wäre ein Teil von Celia in diesem Zimmer. Vorm Fenster hängen tatsächlich geblümte Vorhänge, sie haben dasselbe Muster wie die Überdecke auf dem Bett.
    »Gefällt es dir?«, fragt Christopher und stellt die Koffer ab.
    Marie nickt. »Ja, sehr! Das ist wirklich lieb von dir.«
    »Habe ich gern gemacht«, sagt er. »Wenn ich dir irgendwie helfen kann, wieder richtig Tritt zu fassen … «
    »Danke.« Zum dritten Mal am heutigen Tag.
    »Vermutlich bist du müde und möchtest etwas schlafen?«
    »Ja, ich bin ziemlich kaputt.«
    »Wenn du was brauchst, ruf mich einfach. Ich bin in der Küche und bereite das Abendessen vor.« Christopher verlässt das Zimmer, zieht die Tür hinter sich ins Schloss.
    Einen Moment bleibt Marie unschlüssig stehen. Das hier sind ihre Sachen. Sie wirken fremd an diesem Ort. So fremd wie sie selbst. Sie wird sich daran gewöhnen müssen. Statt sich ins Bett zu legen, öffnet sie ihre Koffer und fängt an, den Inhalt auszuräumen. Je schneller sie sich einfindet, umso besser.
    Als sie fertig ist, überlegt sie, rüber zu Christopher zu gehen, den sie leise in der Küche klappern hört. Obwohl sie wirklich erschöpft und hundemüde

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