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Alles muss versteckt sein (German Edition)

Alles muss versteckt sein (German Edition)

Titel: Alles muss versteckt sein (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wiebke Lorenz
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Viertel nach acht. Noch knapp zwei Stunden bis zu ihrem nächsten Termin bei Dr. Falkenhagen. Bis dahin wird sie sich draußen in den Käfig setzen und ein paar Zigaretten rauchen.
    »Ich liebe dich.« Ich weiß noch, dass ich erschrak, als Patrick diese drei Worte das erste Mal zu mir sagte. Wir lagen auf dem Sofa in seiner Wohnung in Eimsbüttel, ein schöner Altbau mit Stuck an den Decken und altem Parkettfußboden, nach hinten raus hatte Patrick sogar einen kleinen Garten, in dem wir in den vergangenen Abenden oft zusammengesessen, miteinander geredet und gelacht hatten. Wir waren nackt, und mein Kopf lag auf seiner Brust, die sich noch ein wenig angestrengt hob und senkte.
    »Was?«
    »Ich liebe dich«, wiederholte er.
    »Aber«, wollte ich sagen, doch er griff mit beiden Händen nach meinem Kopf, zog mich sanft zu sich hoch und küsste mich.
    »Es sind erst zwei Wochen, meinst du.«
    »Genau.«
    Er zuckte mit den Schultern. »Danach fragen meine Gefühle nicht. Sie sind einfach da.« Er fing an, eine Haarsträhne von mir um seinen Zeigefinger zu wickeln. »Keine Sorge, ich erwarte nicht, dass du das erwiderst. Reicht mir schon, wenn du mich ein bisschen magst.«
    »Ja.« Ich lachte. »Ein bisschen mag ich dich.«
    »Wie beruhigend!« Er schlang seine Arme um mich, fing an, mich wieder zu küssen, und ich spürte, wie sich zwischen seinen Beinen etwas regte. »Noch einmal«, flüsterte er mir ins Ohr, »komm, lass uns noch einmal miteinander schlafen, ich kann nicht genug von dir kriegen.«
    »Ich muss mal was essen«, protestierte ich halbherzig. Seit ich am Vormittag in Patricks Wohnung gekommen war, hatten wir es kein einziges Mal in die Küche geschafft – und jetzt war es fast schon neun Uhr am Abend.
    »Kriegst du«, behauptete er, »hinterher.«
    »Hinterher muss ich nach Hause.« Ich richtete mich auf und versuchte, mich von ihm loszumachen. Doch er hielt mich so fest umklammert, dass ich nicht aufstehen konnte.
    »Warum eigentlich?«
    »Warum was?«
    »Warum musst du immer nach Hause? Du kannst doch bei mir bleiben!«
    »Ich schlafe am liebsten in meinem eigenen Bett«, sagte ich. Mit einem Schlag war mir das wohlige Lustgefühl vergangen, das eben noch in mir gekribbelt hatte, denn Patrick sprach etwas an, um das ich bisher immer rumlaviert hatte: gemeinsame Nächte. Ich war verliebt in ihn, sogar schrecklich verliebt, und seit ich ihn kannte, fühlte ich mich erstaunlich gut und frei, die Zwänge waren fast vollständig in den Hintergrund getreten. Nur hin und wieder blitzten sie noch auf, aber meist ging der Impuls so schnell vorbei, dass ich ihn beinahe gar nicht bemerkt hätte.
    Trotzdem misstraute ich dieser inneren Ruhe und Gelassenheit, misstraute mir . Von Elli wusste ich, dass die Zwangsgedanken oft gerade dann zuschlugen, wenn man am wenigsten mit ihnen rechnete. Und was, wenn es genau in so einem Moment passieren würde, wenn ich nachts neben Patrick lag? Wenn ich neben ihm aufwachte, und auf einmal war er da, der unbezwingbare Drang, ihm etwas anzutun? »Der Zwang stürzt sich perfiderweise auf genau das, was wir am meisten lieben«, hatte Elli mir schließlich geschrieben.
    Je mehr ich mich in Patrick verliebte, desto größer wurde die Angst, dass der Dämon in meinem Kopf sich irgendwann auch gegen ihn richten würde. Deshalb war es das Vernünftigste, nachts in meinem eigenen Bett zu schlafen. So lange, bis ich sicher sein konnte, meine Gedanken im Griff und mich selbst unter Kontrolle zu haben. Wann auch immer das sein würde.
    »Dann schlafen wir eben bei dir«, sagte Patrick. »Da war ich sowieso erst ein Mal.«
    »Weil es bei dir viel schöner ist.«
    »Umso weniger verständlich, dass du nie hierbleiben willst.« Er runzelte die Stirn. »Manchmal könnte ich fast meinen, du verschweigst mir was.«
    »Was soll ich dir denn verschweigen?«, fragte ich, gleichzeitig wurde mir heiß und kalt.
    »Keine Ahnung«, er zuckte wieder mit den Schultern, zwinkerte mir zu. »Einen anderen Mann vielleicht?«
    Jetzt musste ich kichern. »Genau! Und der stört sich überhaupt nicht daran, dass ich seit zwei Wochen fast rund um die Uhr nur mit dir zusammen bin.«
    »Ja, eben nicht rund um die Uhr!«
    »Aber so gut wie die komplette Zeit, in der ich wach bin.«
    »Da hast du recht.« Jetzt küsste er mich wieder. »Wie gut, dass ich Freiberufler bin und du krankgeschrieben.« Ich hatte ihm etwas von einem Burn-out erzählt, einem Erschöpfungszustand, der mich seit Celias Tod beutelte. Er hatte es

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