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Alles muss versteckt sein (German Edition)

Alles muss versteckt sein (German Edition)

Titel: Alles muss versteckt sein (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wiebke Lorenz
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Ich war über die Pause ganz froh. Das letzte Glas mit Vera – es war vielleicht doch eins zu viel gewesen.
    Kaum hatte ich Platz genommen, ließ Felix sich neben mich plumpsen und legte einen Arm um mich.
    »Na?«, fragte er. »Schon kaputt?«
    »Ein bisschen müde«, gab ich zu und schob seinen Arm zurück.
    Ohne auf meine unfreundliche Geste zu achten, reichte er mir sein Weinglas. »Komm, nimm einen Schluck, das hilft.«
    »Nein, danke. Ich hab für heute genug.«
    »Das ist nicht fair! Mit meiner Schwester stößt du an und mit mir nicht!«
    »Mit einem Glas kann man nicht anstoßen«, erwiderte ich.
    »Ui! Ganz schön schlagfertig für eine Kindergärtnerin!«
    »Vielen Dank«, gab ich zurück, »ein Test hat ergeben, dass mein IQ knapp über dem einer Amöbe liege.«
    »So war das nicht gemeint«, lallte er.
    »Schon gut.« Von einem Moment zum anderen hatte er sich vom Idioten in einen schuldbewussten Jungen verwandelt, dem man nicht richtig böse sein konnte.
    »Ich bin echt ein Blödmann. Drum kriegt mein Bruder auch immer die tollen Frauen ab.«
    »Du meinst die doofen Kindergärtnerinnen?«
    Felix lachte. »Du bist in Ordnung«, sagte er und hielt mir noch einmal sein Glas hin. »Komm, wenigstens einen Friedensschluck!«
    »Okay«, sagte ich, nahm das Glas und nippte daran. Als er mich weiter auffordernd ansah, leerte ich es ganz.
    »Siehste«, er lächelte mich an, »hat doch gar nicht wehgetan.« Und ohne sich weiter um mich zu kümmern, stand er auf und wankte davon. Ich blieb sitzen und beobachtete die feiernde Menge. Der Klangteppich der Party lullte mich angenehm ein, und fast wäre ich weggenickt, wenn Patrick nicht auf einmal neben mir Platz genommen hätte.
    »Sollen wir nach Hause fahren?«
    Ich nickte müde. In diesem Moment tauchte Vera bei uns auf. Sie hatte ihren Bruder untergehakt, der kaum noch stehen konnte. »Ich bringe Felix nach Hause«, sagte sie mit genervtem Blick.
    »Gut«, sagte Patrick. »Dann treten wir geschlossen den Rückzug an, Marie und ich haben auch genug.«
    Er stand auf, streckte mir eine Hand entgegen und zog mich hoch. Kaum in der Senkrechten, bemerkte ich, dass ich ziemlich wackelig auf den Beinen war, fast wäre ich gestolpert. »Hoppla!«, rief Patrick. »Wird wohl echt Zeit für dich.«
    Zu viert bahnten wir uns einen Weg durch die Menge. Als wir den Ausgang erreichten, fragte Patrick seine Schwester, ob sie wirklich ihren Bruder allein nach Hause bringen könne.
    »Kein Problem«, sagte sie. »Ist ja nicht das erste Mal, dass ich ihn ins Bett verfrachten muss.«
    »Gut«, meinte Patrick. »Dann lass uns morgen telefonieren.« Mit diesen Worten führte er mich hinaus auf die Straße, wo bereits ein paar Taxis standen. Ich spürte die kühle Nachtluft auf der Haut, atmete einmal tief ein – und das war’s.
    »Das war’s?«, wiederholt Jan Falkenhagen.
    Marie nickt. »Ja, das war’s. Von diesem Moment an kann ich mich an nichts mehr erinnern.«
    »Sind Sie bewusstlos geworden?«
    »Kann sein, ich war plötzlich einfach weg.«
    »Und dann?«
    »Und dann?«, wiederholt Marie. »Das wissen Sie doch, das steht alles in meiner Akte.«
    »Ja«, bestätigt Jan Falkenhagen. »Aber ich habe Ihnen schon erklärt, dass ich alles noch mal von Ihnen selbst hören möchte.«
    »Wozu?«, meldet Christopher sich wieder zu Wort. »Um meine Frau noch mehr zu quälen?«
    »Nein. Sondern damit sie sich vielleicht doch wieder erinnern kann, was genau passiert ist.«
    »Sie hat doch schon gesagt, dass sie nichts mehr weiß!«
    »Lass gut sein, Christopher«, sagt Marie. »Dr. Falkenhagen hat ja recht, ich muss mich erinnern. Ich muss es wenigstens versuchen.« Sie wendet sich wieder an den Arzt. »Leider kann ich Ihnen wirklich nicht sagen, was danach passiert ist. Das Nächste, woran ich mich erinnere, ist, dass ich neben Patrick im Bett aufgewacht bin. Dass er tot war. Und überall war Blut, so viel Blut!« Wieder steigen die Bilder in ihr auf, sie fröstelt.
    »Sonst nichts?«, hakt der Arzt nach. »Nicht die kleinste Erinnerung? Sie wissen nichts mehr von dem Moment an, in dem Sie die Feier verlassen haben? Bis zu dem Augenblick, als Sie neben Patrick aufwachten?«
    Marie schüttelt den Kopf. »Nein«, sagt sie leise. »Da ist gar nichts. Ich weiß nicht, wie wir zu Patrick gekommen sind, wie er mich ins Schlafzimmer gebracht hat und wie ich dann irgendwann in der Nacht … « Sie kommt ins Stocken, fängt an zu schluchzen, kann nicht mehr weitersprechen.
    »Marie!« Christopher

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