Alles oder nichts
wollen, war aber im letzten Moment stehengeblieben und wartete nun ab, was hier geschah.
»Sie hätten Ihre Finger von der Leiche lassen und abwarten sollen, bis ich hier war«, knurrte der Beamte mürrisch, als ich mit meiner Zeichnung fertig war.
»Ich wußte nicht, daß er schon tot war, bevor ich ihn ins Freie brachte«, erwiderte ich.
Er nahm mir die Kreide wieder ab und warf sie in seine Tasche zurück. »Niemand darf an das Auto, keiner soll es berühren. Ich will von jedem hier die Fingerabdrücke nehmen und die Schmucketuis daraufhin untersuchen. Anschließend will ich mit Mrs. Devarest reden. Sie beide kommen mit mir.« Damit meinte er Mrs. Croy und mich.
Unsere Fingerabdrücke wurden genommen. Der Mann in der Tür zum Werkzeugraum war inzwischen verschwunden, ohne sich gezeigt zu haben. Nachdem die Blätter mit den Abdrücken beschriftet worden waren, folgten Mrs. Croy und ich den Beamten ins Haus.
Mrs. Devarest befand sich in ihrem Schlafzimmer. Die Zofe sagte, daß Dr. Gelderfield, ein Freund von Dr. Devarest, bei ihr sei, um ihr beizustehen. Er wurde immer zu Mrs. Devarest gerufen, wenn sie sich nicht wohl fühlte. Ärzte behandeln ihre eigenen Angehörigen nicht selbst, erklärte sie geschwätzig, und da Dr. Gelderfields Vater krank war und Dr. Devarest den alten Herrn behandelte, wurde Mrs. Devarest Patientin von Dr. Gelderfield.
Der Arzt kam aus dem Schlafzimmer, um mit den Beamten zu sprechen. Er war groß und schlank, mit kantigen Gesichtszügen und bediente sich einer wortkargen, knappen Sprechweise, die seine Zuhörer wohl beeindrucken sollte. Nachdem er einen Augenblick zugehört hatte, erklärte er entschieden: »Mrs. Devarest darf sich auf keinen Fall aufregen, und sie darf nicht gestört werden. Sie hat einen furchtbaren Schock erlitten. Ich habe ihr zur Beruhigung gerade eine Injektion gegeben. Sie können sie fragen, ob sie den Ring kennt, aber das ist alles.«
Die beiden Beamten gingen in das Schlafzimmer. Dr. Gelderfield sagte zu Mrs. Croy: »Warten Sie bitte hier auf mich.« Dann folgte er ihnen.
Mrs. Croy sah mich erwartungsvoll an. »Was halten Sie von der Sache?«
»Welcher Sache?«
»Nun, von allem. Von dem Fund der Schmucketuis im Handschuhfach.«
»Das kann alles mögliche bedeuten.«
»Was, zum Beispiel?«
»Vieles. Einer dieser Anrufe kann womöglich von dem Dieb gekommen sein, der das Lösegeld für den Schmuck haben wollte. Vielleicht hat Dr. Devarest es ihm gegeben, ist nach Hause zurückgekommen, in die Garage gefahren und...«
»Wo ist aber dann der Schmuck geblieben?« unterbrach sie mich.
»Dr. Devarest hat wahrscheinlich eine ganze Zeit dort gelegen, ehe wir ihn fanden. Irgend jemand kann den Zündschlüssel in dem Wagen herausgezogen und das Handschuhfach geöffnet haben.«
Sie dachte einen Augenblick nach. »Man kann den Zündschlüssel nicht abziehen, solange der Motor läuft.«
»Ich will nicht behaupten, daß es so war. Ich erwähnte es nur als eine Möglichkeit, die zu untersuchen wäre.«
»Nun, so kann es aber nicht gewesen sein.«
»Nun gut, dann war es also anders.«
Die Tür zum Schlafzimmer öffnete sich, und Dr. Gelderfield trat heraus. »Sind Sie der Privatdetektiv?« fragte er mich.
»Ja, der bin ich.«
»Ich meine, der Mann, den Hilton engagiert hat?«
»Gewiß«, bestätigte ich.
»Mrs. Devarest will Sie sprechen. Sie ist sehr erregt, weil sie einen schweren Schock erlitten hat. Die Spritze, die ich ihr gegeben habe, beginnt jetzt langsam zu wirken. Versuchen Sie, sich kurz zu fassen. Und widersprechen Sie ihr nicht. Sagen Sie ihr etwas, was sie beruhigt. Es ist gleichgültig, was es ist.«
»Soll ich sie anlügen?«
»Von mir aus auch das. Sagen Sie ihr, was Sie wollen, nur beruhigen Sie sie. Sie muß unbedingt schlafen.«
»Wann soll ich zu ihr hineingehen?«
»Sobald die anderen herauskommen.« Er runzelte die Stirn.
Der Beamte der Staatsanwaltschaft und der Polizist vom Streifenwagen kamen aus Mrs. Devarests Schlafzimmer; sie sprachen leise miteinander. Mrs. Croy und mich schienen sie gar nicht zu bemerken. Dr. Gelderfield winkte schweigend in Richtung auf die Tür, aber als Mrs. Croy mir folgen wollte, hielt er sie zurück. Ich trat in das Schlafzimmer. Dr. Gelderfield, der mir folgte, schloß behutsam die Tür hinter uns.
Mrs. Devarest saß, durch drei Kissen im Rücken gestützt, in ihrem Bett. Sie trug ein blaues Nachtgewand. Offensichtlich hatte ihre Zofe oder Dr. Gelderfield oder beide gemeinsam sie in großer Eile
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