Alles oder nichts
mir.«
»Sehe ich Sie heute noch?«
»Ich will versuchen zu kommen.«
»Sie wissen, daß Mrs. Devarest bei meinem Experiment unbedingt anwesend sein möchte, um zu sehen, was es zutage fördert.«
»Ich bin nicht sicher, ob es ihrem Gesundheitszustand zuträglich sein wird. Nochmals: Auf keinen Fall darf sie dabeisein, wenn ich nicht anwesend sein sollte.«
»Ich muß aber das Experiment ausführen, sobald das Unwetter ausbricht, Dr. Gelderfield. Ich kann den Sturm nicht verschieben.«
»Das ist mir klar, Mr. Lam.«
»Wie gut waren Sie mit Dr. Devarest bekannt?« fragte ich.
Wieder sah Gelderfield mich scharf prüfend an. »Warum fragen Sie danach?«
»Wegen des Doppellebens, das er geführt haben soll.«
»Was wollen Sie denn wissen?«
»Dachten Sie dabei an Nollie Starr?«
Er überlegte eine Weile, ehe er antwortete. Dann sagte er kurz: »Ja.«
»Haben Sie Beweise für die Richtigkeit Ihrer Annahme?«
»Gewiß.«
»Was sind das für welche?«
Er schüttelte ablehnend den Kopf.
»Sie könnten von Bedeutung sein«, drang ich in ihn.
»Zweifellos«, erwiderte er trocken.
»Hören Sie zu, Dr. Gelderfield. Es hat keinen Sinn, daß wir uns wie zwei Fechter gegenüberstehen. Entweder wir sind auf der gleichen Seite oder nicht. Ich bin der Ansicht, daß wir im selben Lager stehen.«
»Was veranlaßt Sie zu dieser Feststellung?«
»Sie sind reichlich zugeknöpft.«
»Ich sehe nicht ein, wozu ich Ihnen noch mehr mitteilen soll, als ich schon getan habe, Lam.«
»Das will ich Ihnen gern erklären, Dr. Gelderfield. Ich habe Nollie Starr ausfindig gemacht. Sie wohnt in der Wohnung von einer Dorothy Grail in der East Bendon Street 681. Ich war bei ihr und traf Jim Timley dort an. Mir scheint, daß Timley auf Nollie Starr Absichten hat, obwohl man mir vormachen wollte, daß er dieser Dorothy Grail wegen gekommen wäre. Können Sie damit etwas anfangen?«
Dr. Gelderfield schloß die Augen, als wollte er meine Anwesenheit damit ausschalten, um ungestört nachdenken zu können.
»Es kann von Bedeutung sein. Ich hoffe es jedenfalls«, meinte er dann.
»Ich sehe die Situation folgendermaßen: Wenn Timley, der völlig von dem Wohlwollen von Mrs. Devarest abhängig ist, sich ernstlich
für Nollie Starr interessierte, kann die häusliche Situation recht kompliziert gewesen sein. Es besteht die Möglichkeit, daß Dr. Devarest diese Beziehung durchschaute, daß er genau wußte, was hinter den Kulissen vor sich ging, aber mit dieser Entwicklung durchaus einverstanden war.«
In einem plötzlichen Ausbruch von Vertraulichkeit antwortete Dr. Gelderfield erleichtert: »Mein Gott, Lam, hoffentlich haben Sie damit recht. Soviel ich weiß, sollte Dr. Devarest am Dienstag morgen um sechs Uhr im Krankenhaus sein, um eine dringende Blinddarmoperation auszuführen. Aber er war nicht dort. Ich weiß es genau, weil ich selbst zufällig einen dringenden Fall im Krankenhaus zu behandeln hatte und ihn nicht gesehen habe. Hingegen sah ich ihn gegen sieben Uhr, als ich an einem der Parks vorbeifuhr, mit Nollie Starr Tennis spielen. Keiner von beiden hat mich bemerkt, und ich dachte, daß diese Tennispartie - nun, vielleicht der Abschluß eines Zusammenseins war, das sehr viel früher begonnen hatte.«
»Wissen Sie noch mehr?«
»Ein paarmal erwähnte Dr. Devarest, daß er nachts Patienten besucht hätte, aber in dem Notizbuch, in dem er seine Visiten eintrug, waren diese Besuche nicht vermerkt.«
»Nun kommen wir der Frage näher, die mich besonders interessiert.«
»Und die wäre?«
»Besteht die Möglichkeit, daß Dr. Devarest hin und wieder Patienten besucht hat, ohne diese Besuche in seinem Notizbuch aufzuzeichnen?«
Er schüttelte den Kopf. »Nein, das halte ich für ausgeschlossen, es sei denn, er unterließ es vorsätzlich. Devarest war in sein System vernarrt, das er sich für alles, was er tat, zurechtgelegt hatte. Aber warum fragen Sie?«
»Mir ist der Gedanke gekommen, ob er nicht an dem Abend, als er starb, einen Kranken besuchte, diesen Besuch aber nicht in sein Notizbuch eingetragen hat.«
»Was hat Sie auf diesen Gedanken gebracht?«
»Er könnte jemanden besucht haben, der etwas über die Gegenstände, die aus dem Safe verschwunden sind, wußte.«
»Meinen Sie den Schmuck?«
»Nein. Ich denke jetzt an etwas anderes als den Schmuck. Vielleicht ist Dr. Devarest an diesem Abend einem Anruf gefolgt, hinter dem er einen Patienten vermutete.«
Dr. Gelderfield schloß wieder die Augen. »Das ist eine
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