Alles öko!: Ein Jahr im Selbstversuch (German Edition)
festgehalten, und desto mehr erwärmt sich die Erde. Das ist so, als würden Sie sich eine dickere Decke nehmen oder Ihr Treibhaus mit Doppelglasfenstern versehen oder Ihr Haus isolieren. Nur dass die Dinge bei der Erwärmung eines ganzen Planeten wesentlich komplizierter und die Auswirkungen schwerer einzuschätzen sind.
Zum einen gibt es einen kritischen Punkt, was den Anteil der Treibhausgase betrifft. Sobald dieser überschritten wird, verursacht der damit verbundene Temperaturanstieg Schäden, die nicht wiedergutzumachen sind, wie beispielsweise ein massives Artensterben und das Schmelzen der Polkappen. Zum anderen werden wir, wenn wir weiterhin Treibhausgase produzieren, diesen kritischen Punkt möglicherweise sehr viel schneller erreichen, als die Statistiken besagen, denn wie sich mittlerweile herausgestellt hat, hat die Erderwärmung die fatale Neigung, sich selbst zu verstärken. Die Wissenschaftler nennen ein solches Phänomen eine »positive Rückkopplungsschleife«. Wir Normalmenschen würden es wohl eher als fatalen Teufelskreis bezeichnen, und der geht ungefähr so:
Wenn die Erde sich durch zusätzliche Treibhausgase erwärmt, verdunstet mehr Wasser, das dann als Wasserdampf in die Atmosphäre aufsteigt, was die Erderwärmung beschleunigt. Wenn die Erde sich so weit erwärmt, dass das Eis in den Meeren schmilzt, verwandelt sich die einst hochreflektierende weiße Fläche, die die Sonnenstrahlung wieder ins All zurückgeschickt hat, in dunkelblaues Meerwasser, das die Strahlung absorbiert. Das verstärkt wiederum die Erwärmung, wodurch noch mehr Wasser verdunstet, wodurch noch mehr Eis schmilzt und so weiter und so fort.
Und was noch schlimmer ist, die Auswirkungen dieserpositiven Rückkopplung sind viel zahlreicher und komplexer, als irgendjemand einschätzen kann. Die Erwärmung löst einen Dominoeffekt aus, der noch mehr Erwärmung erzeugt. In einer Studie von Ende 2007 über die geologische Geschichte der Erde kommt James Hansen, einer der anerkanntesten Klimaforscher der Vereinigten Staaten, zu dem Schluss, dass dieser Dominoeffekt das Erwärmungspotenzial von Kohlendioxid, dem wichtigsten Treibhausgas, verdreifacht.
Anders ausgedrückt: Theoretisch würde, wenn man die Erwärmung beiseitelässt, die durch den Rückkopplungseffekt entsteht, eine Verdopplung des Kohlendioxidgehalts in der Erdatmosphäre gegenüber dem Wert der präindustriellen Zeit einen Temperaturanstieg von zwei Grad Celsius bewirken. Tatsächlich jedoch hat die Verdopplung des Kohlendioxidgehalts in der Atmosphäre aufgrund der Auswirkungen des Rückkopplungseffekts dazu geführt, dass die Temperatur um sechs Grad Celsius angestiegen ist. Was mich wieder zu der Frage nach dem kritischen Punkt bringt.
Über eines sind sich die Klimaforscher auf der ganzen Welt einig: Wenn die Atmosphäre über einen längeren Zeitraum einen bestimmten Grenzwert für den Kohlendioxidgehalt erreicht, wird die Temperatur so weit ansteigen, dass die Erde sich irreversibel verändert. Laut Hansens Analyse der Klimageschichte liegt dieser Grenzwert bei 350 ppm (parts per million), gemessen am Gewicht. Das bedeutet: Von einer Million Pfund atmosphärischer Gase dürfen nicht mehr als 350 Pfund aus Kohlendioxid bestehen. Auf diesen Wert müssen wir den Kohlendioxidgehalt nach Hansens Worten reduzieren, »wenn die Menschheit sich einen Planeten erhalten will, der dem ähnelt, auf dem unsere Zivilisation entstanden und an dem das Leben hier ausgerichtet ist«.
Das Problem dabei ist, wir sind bereits bei 387 ppm. Und der Wert steigt jedes Jahr um zwei ppm.
Um das Ganze auf den Punkt zu bringen, nun noch der Grund, weshalb eine Stufe meines Projekts in der CO2-freien Fortbewegung besteht:
Die Vereinigten Staaten, die lediglich fünf Prozent der Weltbevölkerung stellen, sind der größte Verursacher von Treibhausgasen. Fast 25 Prozent dieser Emissionen gehen auf unser Konto. Davon stammt ein Drittel vom Personen- und Warenverkehr. Und wir produzieren mit unserer Fahrerei
nahezu die Hälfte
der weltweiten transportbedingten Treibhausgase.
Okay, das reicht. Ich rufe meine Mutter an.
Die gute Nachricht ist, dass ich in meinem verzweifelten Bemühen, alle zufriedenzustellen und nicht angebrüllt zu werden, tatsächlich auf eine Lösung kam, die alle zufriedenstellte, vor allem meine Mutter und meine Schwester. Ich finde sie sogar so brillant, dass ich sie seither jedem empfehle, der mich fragt, wie man seinen reisebedingten CO2-Ausstoß reduzieren
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