Alles paletti
abzuholen. Chen würde den Rest aufbewahren, die Sachen mitnehmen,
wo immer sie hingehen würde. Auf einen Teil würde er verzichten müssen. Nichts zu machen, man konnte den Kuchen beim Essen nicht ganz lassen.
Sie fuhren auf die erste Avenue, hielten unterwegs beim Falafelexpress an der 77. Straße und zweiten und nahmen zwei Portionen mit. Als sie auf die Brücken zusteuerten, die sie aus der Stadt bringen würden, spielten sie im Radio »The Way« von Fastball. Jonsy und Izzi summten beide mit. Der Trip begann auf dem rechten Fuß. Dem von Izzi. Der aufs Gaspedal drückte.
DIE GEBOTE DES MOVING
Ein Mover braucht eine Menge Wissen und viel Talent, wenn er in seinem Job gut sein möchte. Wenn er der Mover Nr. 1 in New York sein will.
Zum Beispiel Navigation. Die Städte in Amerika sind um ein Vielfaches größer, als ein Israeli gewöhnt ist. Stadtpläne und Karten lesen zu können ist eine Fähigkeit, die man sich zulegen sollte. Mit der Zeit weiß man, wo Downtown meist zu finden ist, lernt die Systematik der Straßenanlagen nach Nummern oder Buchstaben oder nach Namen, die mit aufsteigenden Anfangsbuchstaben beginnen - es gibt alle möglichen Methoden, Straßen anzuordnen. Und dann gibt es die Stadtviertel und Vororte und die spezifischen Staus jeder Stadt.
Auch die Orientierung über Land ist ein Talent. Sie erfordert Vertrautheit mit den verschiedenen Straßentypen mit ihrem Nummerierungssystem und den wechselnden Landschaften
(die Ebenen von Ohio, die Berge von Colorado), mit den Städten auf der Strecke. Besondere Betonung muss hier auf Nachtfahrtorientierung gelegt werden, Meilen über Meilen durch die Dunkelheit. Großes fahrerisches Können ist nötig, auch unter stürmischen Wetterbedingungen und bei gnadenlosen Straßenkreuzen (probiert es mal mit Chicago), sowie die Kenntnis der von Staat zu Staat unterschiedlichen Verkehrsregeln.
Ein weiteres Talent ist unabdingbar: Kraft. Kraft in den Händen, um die Möbel, die Kisten zu schleppen. Kraft im Rücken. Kraft im rechten Bein, um stundenlang, tagelang kontinuierlich aufs Gaspedal zu drücken. Das rechte Bein der Mover ist dicker als ihr linkes, wie der starke Arm von Tennisspielern. Man kann Lastwagenfahrer oft an dem leichten Hinken erkennen, das von der Schwellung ihres rechten Fußes herrührt. Kraft ist zum Beispiel enorm wichtig, wenn man ein schweres Möbelstück schmale Treppen über drei Stockwerke hinunterbefördert. Oder wenn man mit einem Klavier allein ist und keiner zum Helfen da ist. Solche Dinge passieren. Sie passieren praktisch jede Woche.
Noch ein Talent ist die Einrichtung, die Innenarchitektur des Lastwagenaufbaus; die Spezialisierung im Tetris-Effekt, der von einigen Faktoren beeinflusst wird - die Größe der Möbel, ihr Gewicht, ihre Form, die Menge der »losen« Gegenstände sowie die Arbeitsabfolge und die innere Aufteilung im Lastwagen. Was heißt, dass es vielleicht bequemer wäre, sämtliche Kisten auf einen Haufen zu stellen, doch was ist, wenn ein Teil von ihnen nach San Antonio, Texas, und der Rest nach Santa Cruz, Kalifornien, geht?
Hier kommt das nächste Talent ins Spiel: Organisationsfähigkeit.
Und anschließend noch Psychologie. Nicht weniger wichtig. Als Mover hast du mit Menschen umzugehen. Menschen in einer Stresssituation, deren gesamter Besitz sich für etliche Stunden oder Tage in deinen Händen befindet, deren Leben sich ändert. Du repräsentierst die Autorität, die Professionalität, du musst erfassen, wer sie sind, mit ihnen reden können, wissen, wie man aus ihnen Trinkgeld herausholt, ihnen helfen. Und neben den Kunden gibt es auch noch Vorgesetzte, Konkurrenten und die Hauptsache - die, die mit dir zusammenarbeiten. Der gemeinsame Aufenthalt in der kleinen Fahrerkabine eines Lastwagens über drei, vier, manchmal sogar zehn Tage hinweg kann extrem zehrend sein und verlangt ein hochgradiges Maß an Toleranz und menschlichem Verständnis.
Als Nächstes folgt: Ausdrucksvermögen. Wie bei Politikern oder Entertainern ist die Fähigkeit, sich gut ausdrücken und kommunizieren zu können, zwingend notwendig. Ganz spezifisch die Fähigkeit, ein paar Sprachen zu sprechen. In den USA ist natürlich Englisch unerlässlich, aber ein guter Mover braucht viel mehr als Englisch. Ein Grundwortschatz in Spanisch ist stets hilfreich sowie ein paar chinesische Brocken und einige Wörter Russisch, Italienisch, Hebräisch und Hibrisch, die Mischsprache aus Hebrew-Englisch - die offizielle Sprache im Moving. Und
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