Alles paletti

sag ich’s.« Er spürte, wie ihm das Blut zu Kopf stieg. Warum sollte Jonsy hier alles bestimmen?
    Jonsy richtete sich aus seiner nach vorn gebeugten Haltung auf. Seine Stimme wurde weicher. »Hör mal, Jigal hat selber
gesagt, dass man nicht wissen kann, ob die Bilder gefälscht sind, und wir wissen nicht, wo wir sie verkaufen sollen, also versuche ich, noch in andere Richtungen zu denken. Und die Richtung mit den Automaten kommt mir interessant vor, denn da steckt irgendwas dahinter, hinter diesen Dingern. So viel ist doch klar. Diese Russen, diese Villa, und plötzlich müssen zwei Spielautomaten nach Vegas gebracht werden, und er schüttelt ein paar Tausend Dollar Trinkgeld aus dem Ärmel. Ich sag ja nur, lass uns das näher unter die Lupe nehmen.« Er beugte sich wieder über den Tisch und senkte die Stimme. »Okay, ab diesem Moment - Funkstille. Wir hören auf, auf die Piepsersignale zu reagieren, außer denen von Chen. Und außerdem fahren wir jetzt nach Norden.«
    »Was? Wieso denn nach Norden?«
    »Du hast es gehört. Wir fahren nicht dort, wo sie uns suchen werden. Zuerst nach Norden und dann nach Süden, aber auf Umwegen. Inzwischen denken wir uns was aus, was wir mit den Automaten und den Bildern anstellen.«
    »Aber was ist mit den Kunden, die warten? Was ist mit dem Parkplatz in Utah am Dienstag?«
    Jonsy sah Izzi mit entnervtem Blick an. »Du raffst es nicht, ha? Du kapierst wirklich nichts. Wir reden schon seit einer Woche darüber, und du kriegst nichts mit. Du bist auf einem andern Stern.«
    »Was willst du denn? Was hab ich gesagt?«, verteidigte sich Izzi.
    »Was ich will? Kapierst du nicht, dass wir schon mittendrin sind, dass wir nicht nach Utah fahren, dass wir im Moment nicht zu Kunden fahren? Dass wir vielleicht jemand finden, der uns diese Bilder morgen früh abkauft, und dann am Abend schon den Abflug machen? Verstehst du nicht, dass wir jetzt
in Eigenregie handeln und die einzige Frage lautet, wie wir die Dinge so günstig hindrehen, dass sie uns noch mehr Geld einbringen und dass uns keiner draufkommt? Von welchen Kunden redest du also?«
    »Okay, okay. In Ordnung. Beruhig dich wieder.« Izzi strich seine Haare zurück. Er sah eingeschnappt aus.
    Jonsy betrachtete seinen Einwegteller, der noch halb voll war. »Also jetzt komm, dieses Essen ist doch echt Kacke mit Soße, so’n mieser Scheißdreck.«
    Izzi trank einen Schluck von seiner Limonade. Er sagte: »Ich hab das Gefühl, dass sich irgendwas Übles in meinem Bauch tut.«
    »Ich wiederhole«, nahm Jonsy den Faden wieder auf und spreizte seine Finger. »Wir haben gesagt, Funkstille. Wir haben gesagt, nach Norden. Wir haben gesagt, wir denken nach, was wir mit den Automaten machen, Las Vegas, Atlantic City, ein anderes Kasino.«
    Izzi zuckte mit den Schultern. »Las Vegas lohnt sich am meisten, oder?«
    Jonsys Augen leuchten plötzlich auf: »Ich hab’ne Idee. Komm, wir suchen im Internet. Du bist doch gut in so was, oder nicht? Wir schauen nach, wo es Kasinos und Kunsthändler gibt.«
    »Wo sollen wir einen Internetzugang hernehmen?«
    »Internet hat jeder.«
    »Nu? Dann klopfst du einfach bei jemandem an die Tür und sagst zu ihm, du musst mal kurz sein Internet benutzen?«
    »Zum Beispiel.«
    »Also echt. Da möcht ich dich sehen.«
    Jonsy grübelte ein paar Sekunden darüber nach. »Okay. Vielleicht muss man an was anderes denken. Es gibt Truckstops
mit Internet. Wir finden das unterwegs raus. Oder vielleicht treffen wir jemanden, den wir darum bitten können.«
    Izzi sah ihn an und hob resigniert die Hände.
    Jonsy versetzte: »Nicht?«

EINFÜHRUNG INS AGENTENWESEN
    In einem Büro an der 23. Straße West in Manhattan, in einem der Chelsea-Gebäude, sitzen drei Leute - eine Frau und zwei Männer. Um in dieses Büro zu gelangen, muss man durch die Tür neben dem koreanischen Restaurant gehen, eines der besten in der Stadt, Barry, den alten Türsteher begrüßen, den Aufzug betreten und auf -2 drücken, aussteigen und einen schmalen, unterirdischen Gang entlang bis zu einer Tür gehen, auf der steht: »Cornelia - Schreibgeräte-Import«.
    Jenseits der Tür befinden sich eine kleine Diele, ein Besprechungsraum und das chaotische Büro von Cornelia White, der Verantwortlichen für das Ressort »Russen in den Vereinigten Staaten« beim FBI. Cornelia selbst sitzt mit zwei Agenten im Besprechungsraum. Der eine ist Paul Kiklaschwili, der aufgrund seines psychotischen Temperaments »Psych« genannt wird, sibirischer Gulag- und