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Alles Sense

Alles Sense

Titel: Alles Sense Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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Wir haben doch nichts von den Toten zu befürchten, oder? Schließlich sind es einfach nur tote Personen – ganz normale Leute, so wie wir.«
    Die Zauberer dachten darüber nach. Sie sahen sich an. Und sie schrien alle gleichzeitig.
    Niemand dachte an den Hinweis auf einen geeigneten Nachfolger.
     
    Der Glaube gehört zu den mächtigsten und wichtigsten Kräften im Multiversum. Zwar ist er nicht direkt imstande, Berge zu versetzen, aber er kann jemanden mit den dafür erforderlichen Voraussetzungen schaffen.
    Viele Leute geben sich völlig falschen Vorstellungen hin. Sie vermuten, daß der Glauben von hinten nach vorn funktioniert. Anders ausgedrückt: Ihrer Meinung nach kommt zuerst das Objekt und dann der Glaube. In Wirklichkeit ist es genau anders herum.
    Der Glaube zieht über den Himmel wie Tonklumpen auf der Scheibe des Töpfers. Auf diese Weise entstehen die Götter, um nur ein Beispiel zu nennen. Sie werden ganz offensichtlich von ihren eigenen Gläubigen geschaffen, denn ihr Lebenslauf deutet darauf hin, daß sie unmöglich sakralen Ursprungs sein können. Sie verhalten sich genauso wie Menschen, die über göttliche Macht gebieten könnten, insbesondere in Hinsicht auf Nymphen, goldene Badezimmer und die erbarmungslose Vernichtung ihrer Feinde.
    Der Glaube verleiht auch anderen Dingen Realität.
    Er schuf den Tod. Nicht den Tod an sich, womit ein Zustand gemeint ist, der sich durch längere Abwesenheit von Leben auszeichnet, sondern Tod als Persönlichkeit. Er entwickelte sich zusammen mit dem Leben. Als das erste Geschöpf auch nur zu ahnen begann, daß es irgendwann vielleicht nicht mehr lebte… Da gab es den Tod. Als die Menschen über ihn nachzudenken begannen, existierte er schon seit Äonen. Sie statteten ihn nur mit Sense und Umhang aus, mit Gestalt und Charakter.
    Und jetzt war er fort. Doch der Glaube hört nicht einfach auf. Nein, der Glaube glaubt auch weiterhin. Allerdings fehlte ihm jetzt ein Fokus, und deshalb wanderte er umher, suchte andere Punkte, an denen er sich vergegenständlichen konnte. Hier und dort nahm er eine improvisierte Gestalt an, die erst noch wachsen und stabil werden mußte: Der Tod im allgemeinen wurde zum Tod im besonderen, zum Tod jeder einzelnen Spezies.
    Mit dunklen Schuppen ausgestattet, schwamm der neue Tod der Eintagsfliegen im Bach. In den Wäldern blieb der Tod für die Bäume unsichtbar, bestand allein aus Geräuschen: dem Hämmern von Äxten.
    Ein dunkler, leerer Panzer glitt zielstrebig einen Zentimeter über dem Wüstenboden dahin: der Tod der Schildkröten.
    Der menschliche Tod mußte erst noch Details bekommen – die menschliche Phantasie kann sehr komplexe Dinge ersinnen.
    Es ist wie mit dem Unterschied zwischen von der Stange und maßgeschneidert.
     
    Die metallischen Geräusche in der Gasse verklangen.
    Stille folgte. Es war jene besonders wachsame Art von Stille, die darauf achtet, möglichst leise zu sein.
    Und dann ertönte ein gedämpftes Klimpern, das rasch in der Ferne verklang.
     
    »Bleib nicht in der Tür stehen, Freund. Dadurch versperrst du den Weg. Komm herein.«
    Windle Poons blinzelte in der Düsternis.
    Als sich seine Augen ans Halbdunkel gewöhnt hatten, bemerkte er Stühle, die einen Halbkreis bildeten. Der Rest des Zimmers wirkte leer und staubig.
    Fast alle Plätze waren besetzt.
    Vor dem Halbkreis befand sich ein kleiner Tisch, der ganz offensichtlich den Bedeutungsmittelpunkt des Raums bildete. Jene Gestalt, die bis eben dort gesessen hatte, trat nun dem Besucher entgegen, streckte die Hand aus und lächelte.
    »Oh, sag es mir nicht, laß mich raten«, begann er. »Du bist ein Zombie, stimmt’s?«
    »Äh.« Windle Poons hatte nie zuvor jemanden mit so blasser Haut gesehen – soweit es die sichtbaren Teile davon betraf. Und dann die Kleidung… Sie erweckte den Eindruck, zusammen mit tausend Rasierklingen gewaschen worden zu sein, und sie roch so, als werde sie schon seit einer ganzen Weile von einer Leiche getragen. Hinzu kam eine Plakette mit der Aufschrift »Ich bin gern grau«.
    »Ich, äh…«, begann Windle unsicher. »Nein, ich glaube nicht. Man hat mich begraben, und dann fand ich einen Zettel an der Innenseite des Sargdeckels…« Er hob ihn wie einen Schild.
    »Natürlich hast du einen Zettel gefunden«, sagte die Gestalt. »Natürlich.«
    Gleich reicht er mir die Hand, dachte Windle. Und wenn ich zugreife, habe ich nachher mehr Finger als vorher. Lieber Himmel… Ergeht es mir irgendwann so wie ihm?
    »Ich bin

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