Alles Sense
Bibliothekar sofort.
»Die Versuchung ist groß.«
»Ugh.«
»Frau Kuchen wäre bestimmt nicht begeistert.«
»Iek ugh.«
»Du hast recht. Man hätte es taktvoller ausdrücken können, aber du hast recht. Jeder muß mit seinen eigenen Angelegenheiten selbst fertig werden.«
Windle seufzte und blätterte und riß die Augen auf.
»Die Stadt Kahn Li«, sagte er. »Jemals davon gehört? Wie heißt dieses Buch? ›Streifenzupfers Ob-du’s-glaubst-oder-nicht-Grimoire‹. Und was steht hier geschrieben? ›Kleine Karren… niemand wußte, woher sie kamen… Von großem Nutzen… Viele Männer trieben sie zusammen zu einer Herde, um sie zu geleiten in die Stadt… Und es geschah, daß es über die Menschen kam wie ein seltsamer Wahn. Sie folgten den Karren, und siehe: Eine neue Stadt erhob sich jenseits der Wälle, eine Stadt wie ein großer Basar, und dorthin rollten die Drahtkörbe mit Rädern…‹«
Windle blätterte weiter.
»Das bedeutet offenbar…« Er verstummte und überlegte.
Ich habe es noch immer nicht richtig verstanden, fuhr es ihm durch den Sinn. Ein-Mann-Kübel glaubt, es geht dabei um die Fortpflanzung von Städten, aber aus irgendeinem Grund habe ich da meine Zweifel.
Eine Stadt lebt. Man versetze sich in die Lage eines ebenso riesigen wie langsamen Wesens – die Zählenden Kiefern sind ein gutes Beispiel – und beobachte die Stadt aus seiner Perspektive. Man sieht, wie Gebäude wachsen, Angreifer abgewehrt und Feuer gelöscht werden. Ja, man sieht, daß die Stadt lebt, aber die Bewohner bleiben einem verborgen, weil sie sich zu schnell bewegen. Der vitale Faktor einer Stadt präsentiert sich als eine geheimnisvolle Kraft. Das Leben einer Stadt besteht aus… Leuten.
Poons nahm sich die nächste Seite vor, doch seine Aufmerksamkeit galt in erster Linie den eigenen Gedanken.
Wir haben also Städte: große, träge Geschöpfe, die an einer Stelle wachsen und sich in Tausenden von Jahren kaum bewegen. Wesen dieser Art pflanzen sich fort, indem sie Bewohner ausschicken, damit sie Kolonien gründen. Sie selbst rühren sich nicht von der Stelle. Ja, Städte leben, doch sie sind auf die gleiche Weise lebendig wie eine Qualle. Oder wie nicht ganz so dummes Gemüse. Immerhin bezeichnet man Ankh-Morpork als Große Wahooni…
Nun, wo es große Lebewesen gibt, da existieren auch kleine, die sich von ihnen ernähren…
Windle Poons vermeinte zu spüren, wie die Zellen seines Gehirns immer hektischere Aktivitäten entfalteten. Zusätzliche Verbindungen wurden hergestellt, und die Überlegungen rasten durch ganz neue Kanäle. Hatte er als Lebender jemals so klar gedacht? Er bezweifelte es. Er war nichts weiter gewesen als eine Marionette, die auf diverse Nervenreize reagierte und deren geistiger Horizont bis zur nächsten Mahlzeit reichte. Vage Erinnerungen hatten ihn ständig daran gehindert, konzentriert nachzudenken.
Das Etwas wächst in einer Stadt, wo es warme Geborgenheit genießt. Und dann… verläßt es sein Nest und baut außerhalb der Stadt eine Art… falsche Stadt. Jener Köder lockt die Bewohner an, lockt das Leben aus der echten Stadt…
Mit anderen Worten: Das Etwas stellt eine Falle, um zu fressen.
Der Dekan starrte fassungslos auf seinen Zauberstab. Er schüttelte ihn und zielte erneut.
Diesmal sah das niedergeschriebene Geräusch so aus: Pfwt.
Er blickte auf. Eine Woge aus Karren ragte bis zu den Dächern der nächsten Häuser, und der Wellenkamm neigte sich nach vorn…
»Oh… verflixt«, sagte er und hob die Arme über den Kopf.
Jemand packte den Dekan am Umhang und zog ihn fort, als die ersten Karren herunterkrachten.
»Komm!« drängte Ridcully. »Wenn wir laufen, entkommen wir ihnen vielleicht.«
»Ich habe keine Magie mehr!« ächzte der Dekan. »Ich habe keine Magie mehr!«
»Wenn du dich nicht beeilst, hast du gleich auch kein Leben mehr«, erwiderte der Erzkanzler.
Die Zauberer versuchten, sich nicht voneinander trennen zu lassen, als sie zur Universität wankten. Hinter ihnen donnerten zahllose Karren herunter, rollten aus der Stadt und rasten über die Felder hinweg.
»Wißt ihr, an was mich das erinnert?« schnaufte Ridcully, während sie die Flucht fortsetzten.
»Nein, aber bestimmt erfahren wir es gleich von dir«, antwortete der Oberste Hirte.
»An Lachse«, sagte der Erzkanzler.
»Was?«
»Natürlich nicht im Ankh«, fügte Ridcully hinzu. »In unserem Fluß wäre sicher kein Lachs imstande, stromaufwärts zu schwimmen.«
»Er müßte gehen«,
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