Alles so schoen rund hier - Mein erstes Schwangerschaftsabenteuer
murmelt sie.
Sandra fährt fort. »Alice hilft uns bei der Demonstration.« Alice baumelt hilflos in der Luft, so als wüsste sie, dass sie keine Chance hat. »Wenn Ihr Baby den Geburtskanal erreicht, sollte sein Kopf …« Sandra schiebt Alice mit dem Kopf nach unten in das Becken des Skeletts. Da Alice ein rosa Kleidchen trägt, finde
ich das ziemlich komisch. Ich mache eine entsprechende Bemerkung zu Michelle.
»Schauen Sie, sie hat sich zum Ausgehen fein gemacht«, flüstere ich kichernd. Michelle kichert nicht. Sie reißt den Mund auf und brüllt vor Lachen. »Haben Sie gehört, was Sam gesagt hat«, schreit sie und wiederholt meine Bemerkung. Die anderen kichern beschämt. Nur Sandra nicht. Die findet das gar nicht komisch. Sie lässt Alices Kopf im Becken des Skeletts stecken und sieht mich streng an. Ich nehme mir vor, von nun an mucksmäuschenstill zu sein.
Der Vortrag wird ohne weitere Unterbrechungen fortgesetzt. Es geht darum, wie einen der Ehemann unterstützen kann, woran man merkt, ob die Fruchtblase geplatzt ist, und was man fürs Krankenhaus einpacken soll. Dann kommen wir auf das Thema Betäubung zu sprechen, und alles läuft schief. »Wer sagt mir, wann er um eine PDA bitten würde«, fragt Sandra fröhlich.
Ich melde mich nicht, aber das macht nichts.
»Samilein, warum sagen Sie es uns nicht« Sandra lächelt mich an. Jeder Zahn sieht aus wie ein kleiner Dolch. Ich versuche den letzten Rest Todesverachtung zu mobilisieren.
»Nun Sandra, es geht hier um MEINE PDA, und ich werde sie noch vom Auto aus mit dem Handy anfordern.«
Alle lachen. Sandra lächelt mitfühlend. »Ehrlich gesagt, Samilein, ist das die schlechteste Entscheidung, die Sie treffen können.«
Alle kichern. Ich komme mir vor wie früher im Matheunterricht. Sandra schüttelt den Kopf. Ihre Locken bewegen sich nicht. Sie fährt fort: »Je früher wir eine PDA vornehmen lassen, desto früher müssen wir uns hinlegen, was wiederum unser Becken
einengt. Das Baby muss also mehr kämpfen, um rauszukommen. Das bedeutet wesentlich längere Wehen, die höchstwahrscheinlich mit einem Kaiserschnitt enden.«
Die Kursmitglieder staunen. Ein paar davon drehen sich mit einem verächtlichen Grinsen zu mir um. Sogar Michelle rückt von mir ab. Spiel, Satz und Sieg für Sandra.
Michelle meldet sich. »Wenn es so schlimm ist, sich hinzulegen, muss man dann die ganze Zeit rumlaufen«
Jetzt ist Sandra wieder so richtig in ihrem Element. »Nein, nein«, sagt sie lächelnd, »man bittet um einen Sitzball!«
Sie greift nach dem Hüpfball neben dem Becken, das gerade Alice gebiert, und hockt sich darauf. Dann erzählt sie uns, dass so alle Knochen in der richtigen Position sind und das Baby eine relativ angenehme Reise durch den Geburtskanal antreten kann. Alle wollen wissen, ob es im Krankenhaus Sitzbälle gibt. Sie schüttelt traurig den Kopf. Und sagt, das sei äußerst selten der Fall, aber wenn wir wollen, dürfen wir unsere eigenen Bälle ins Krankenhaus mitbringen, die wir praktischerweise bei ihr erwerben können.
»So, das war’s für heute«, jubelt sie, »und bitte nicht vergessen: Am Samstag kommt das Stillen!«
Ich erhebe mich mühsam und bahne mir langsam einen Weg zur Tür.
»Samilein«, ruft sie. »Können wir uns kurz unterhalten«
Ich drehe mich um, um die Suppe auszulöffeln, die ich mir eingebrockt habe. Aber zu meiner Überraschung sieht sie mich äußerst freundlich an. »Wir haben alle Angst beim ersten Mal«, sagt sie. »Wenn es Ihnen zu viel wird, können Sie mir jederzeit Bescheid geben.«
Ich möchte stark sein. Ich möchte meine Würde behalten. Aber ich bin ein riesiger, hässlicher Fettkloß. Ich komme nicht mehr an meine Beine heran, um sie zu rasieren, und wenn ich lachen muss, mache ich mir in die Hose. Ich breche in Tränen aus und falle ihr um den Hals. Noch nie hat sich eine Niederlage so gut angefühlt.
Am Samstag sind wir zum Stillen alle wieder da. Keine hat ihren Partner mitgebracht, und das finde ich gut. Für einen Mann muss es hart sein, mitzuerleben, wie sich die Brüste seiner Frau in eine Nahrungsquelle verwandeln. Sandra trägt ihr übliches Blümchenoberteil und darüber einen Jogginganzug. Ich sehe mich nach einem Hockey- oder Tennisschläger um, kann aber nichts dergleichen entdecken. Als ich mit anderen werdenden Müttern ins Gespräch komme, erfahre ich, dass Sandra nicht nur Hebamme, sondern auch »Stillberaterin« ist. Ich nehme an, diese Berufsbezeichnung ruft weniger Belustigung
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