Alles so schoen rund hier - Mein erstes Schwangerschaftsabenteuer
hervor als ein Titel wie »Kindersäuge-Expertin«. Ich beobachte sie leidenschaftslos. Wenn sie schon keine Sportlehrerin ist, ist sie wenigstens Stillberaterin.
Wie immer beanspruche ich das Sofa für mich und lasse mich in die Kissen sinken. Die saubere Michelle setzt sich neben mich. Sie ist wieder ganz in Weiß gekleidet und sieht aus wie ein verschneiter Berg.
»Hallo«, sagt sie und bietet mir etwas an, das aussieht wie ein Parfümzerstäuber.
»Was ist denn das«
»Oh, ein neues Raumspray, das mein Mann in Übersee entdeckt hat und das abgestandenen Rauch neutralisiert.« Sie wirkt
begeistert. Ihr Kind tut mir jetzt schon leid, wenn es Schlamm und Matsch für sich entdeckt. Ich mache eine entsprechende Bemerkung. Sie findet das lustig.
»Bei uns zu Hause wird er so etwas nirgendwo entdecken!«, kräht sie. »Als wir eingezogen sind, sagte ich zu meinem Mann: ›Ich dulde nicht, dass Schmutz ins Haus getragen wird.‹ Deshalb haben wir den Garten gepflastert.«
Ich lache ebenfalls. Was sie sagt, ist einfach zu bizarr.
Sandra klatscht, um für Aufmerksamkeit zu sorgen. »Ruhe, bitte.«
Gleich wird sie mich fragen, ob ich auch brav meine Hausaufgaben gemacht habe.
»Heute sehen wir uns ein Video über das Stillen an. Es wurde in Skandinavien gedreht.«
Von mir aus.
»Danach werde ich Ihre Fragen beantworten, von denen es bestimmt einige geben wird.«
Ja, zum Beispiel die, warum wir uns bei diesen Themen auf die Schweden verlassen müssen.
»Das Video ist sehr eindeutig – bitte fühlen Sie sich davon nicht provoziert.«
Wie sollte es auch anders sein Wie kann man das Stillen lernen, wenn man keine Brüste sieht Aber auf dieses Video war ich nicht vorbereitet. Es beginnt mit einer Nahaufnahme in Farbe, die etwa fünfzehn blonde blauäugige Schwedinnen beim Stillen auf einem Spielplatz zeigt. Mir quellen beinahe die Augen aus dem Kopf. Gibt es eigentlich auch hässliche Schwedinnen Sie sind so gebräunt, so schön. Die Szene wirkt auf mich beinahe wie eine Folge von Baywatch .
Die Sprecherstimme ist nicht ganz so sexy. »Die menslike Brust kann de verschiedenste Konture, Forme und Große annehme, aba jede davon ist perfekt fur das Baby.«
Na, wenn einen das nicht aufbaut!
Ich habe noch nie so ein Meer an Brüsten gesehen. Bebende, wogende, zitternde Brüste. Es gibt auch jede Menge nackte Tatsachen zu bestaunen. Etwa direkt nach der Geburt. Und welche von der Sorte »Das Baby hat Hunger, während ich gerade dusche«. Ich beginne mich langsam zu fragen, ob die Regie nichts als Arsch und Titten im Kopf hatte. Ich sehe, wie Brustwarzen gedrückt, massiert und manipuliert werden. Ich erfahre, wie wichtig es ist, dass die ganze Brustwarze im Mund des Kindes verschwindet, nicht nur die Spitze. Ich lerne auch, wie ich mich selbst melken kann, ganz einfach mit Daumen, Zeigefinger und einer Plexiglasschale. So langsam wird mir das Ganze ein bisschen zu viel. Ich sehe, wie sich ein Neugeborenes an die Brust seiner Mutter klammert und andockt. Ich sehe eine Dreijährige, die das Oberteil ihrer Mutter hochschiebt, um sich etwas zu trinken zu gönnen. Als das 40-minütige Video vorbei ist, fühle ich mich ausgepresst wie eine Zitrone.
Sandra steht auf, um Fragen zu beantworten.
»Was, wenn man nicht selbst stillen kann«, trillert jemand aus den hinteren Reihen.
Sandra blickt streng zurück. »So etwas gibt es nicht, es gibt nur uninformierte Mütter.«
Gut, nur keinen Druck ausüben!
Eine ganz Mutige fragt: »Was, wenn man nicht stillen will«
Sandra schnaubt. Alle Blumen auf ihrem Busen stehen stramm. »Nun, wenn Sie Ihrem Kind keinen optimalen Start ins
Leben geben wollen, indem Sie es mit Milch ernähren, die eigens von Ihrem Körper für es produziert wurde, um es mit sämtlichen Nährstoffen zu versorgen, die es braucht, und das ganz ohne Nahrungsergänzungsmittel und Chemikalien, dann weiß ich wirklich nicht, warum Sie hier sind.«
Ich bin mucksmäuschenstill.
»Studien haben gezeigt, dass gestillte Babys zufriedener und glücklicher sind, sich besser entwickeln und höhere IQs haben als Babys, die das Fläschchen bekommen«, sagt Sandra.
Ich fasse es nicht. Und das nur, weil sie an einer Brustwarze saugen Was wäre denn aus manchen geworden, wenn sie nicht immerhin das Wundermittel Muttermilch bekommen hätten
»Außerdem hilft es unheimlich dabei, das Gewicht nach der Geburt weder zu verlieren.«
Plötzlich ist der ganze Kurs hochinteressiert. Michelle hebt die Hand.
»Könnten Sie das
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