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Alles so schoen rund hier - Mein erstes Schwangerschaftsabenteuer

Titel: Alles so schoen rund hier - Mein erstes Schwangerschaftsabenteuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Samantha Cowen Christiane Burkhardt
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denn nicht gut informiert sein«
    Der Tiger zuckt mit dem Schwanz.
    »Wissen Sie, Sandra, für mich sind die Wehen in etwa dasselbe wie für einen jungen GI der Krieg. Der GI weiß, dass er sterben
kann, aber er kann es sich nicht leisten, darüber nachzudenken, sonst verliert er die Nerven und desertiert.«
    Ich finde so langsam Gefallen an der Situation.
    »Anstatt darüber nachzudenken, packt er seine Uniform ein, lässt sich die Haare kurz rasieren, hinterlässt seiner Mutter eine Postfachadresse und geht zu seinem Stützpunkt. Das Letzte, was er tun würde, ist, sich ein Video über die Auswirkungen von Nervengas anzusehen. Davon würde er nur die Nerven verlieren.«
    Ich esse mein Sandwich auf.
    »Das Video über die Wehen ist für mich das, was für ihn eines über Nervengas ist.«
    Ich mustere Sandra. Ihre Augen sind voller Mitgefühl und Verständnis. Für meinen Mann und mein ungeborenes Kind.
    »Ich kann Sie natürlich nicht zwingen …« Sie seufzt.
    »Nein«, pflichte ich ihr munter bei. »Aber danach komme ich wieder rein.«
    Sie macht die Tür zum Vorführraum auf. Heraus dringen Schreie, die einem das Blut in den Adern gefrieren lassen, sowie eine männliche Stimme, die ruft: »PRESSEN! PRESSEN!« Sie schlüpft wieder in das Zimmer, in dem die braven Muttis und Vatis sitzen.
    Ich nehme mir noch ein Sandwich.
     
    Nach der Tee- und Pipipause kehren wir alle in den Vorführraum zurück. Inzwischen habe ich herausgefunden, dass die Desinfektionsdame Michelle heißt und ihr Kind zwei Wochen vor mir zur Welt bringen wird. Ich würde gern ein paar Erfahrungen austauschen, doch sie will über Sandras Toilette diskutieren. Anscheinend ist sie »komisch«.

    »Vor der Schüssel liegt ein Klovorleger, Klodeckel und Klopapierhalter haben einen Stoffbezug«, vertraut sie mir auf dem Rückweg zum Vorführraum an.
    »Was ist daran so schlimm«
    »Na ja«, sagt sie düster, »ein bisschen komisch finde ich das schon.«
    »Warum«
    »Weil man nicht weiß, wann sie das letzte Mal gewaschen wurden, falls überhaupt je.« Sie nippt an ihrem Tee.
    »Bei einer schönen weißen Schüssel und einer ebensolchen Klobrille SIEHT man wenigstens, ob sie sauber sind. Bei Stoffbezügen... woher will man das wissen«
    Ich pflichte ihr bei, schließlich gibt es kaum etwas, das man mit letzter Gewissheit wissen kann.
    »Und wer weiß, wie viele Keime sich in dieser Klopapierhalterung sammeln«
    Sie lässt ihre Teetasse sinken und wühlt in ihrer geräumigen Handtasche. Ich erwarte eine Flasche WC-Reiniger, aber stattdessen taucht eine Packung Feuchttücher auf.
    »Ich meine, manchmal ist die Hand nass, wenn man sie anfasst, und auf weißem Porzellan hinterlässt sie zumindest Spuren. Aber auf Stoff sieht man KEINE SPUREN.«
    Ich pflichte ihr bei.
    »Ich HASSE Schmutz!«, sagt sie energisch und wischt sich die Hände ab. Michelle trägt ein weißes Leinenkleid, das wahrscheinlich noch nie mit Schmutz in Berührung gekommen ist. Ihre Hände sind weich und weiß, ihre Haut ist weich und weiß, und ihre Haare sind dunkelrot. Sie ist unglaublich fett. Ihr Kopf ruht auf einem gefährlich schwabbelnden Riesenkinn. Ihr Mund
ist voller glänzend weißer Zähne. Sie wischt sich die Hände sehr gründlich ab. Wäre ich ein Keim, bekäme ich es mit der Angst. Pontius Pilatus ist nichts gegen sie.
    Als die Feuchttücher wieder in der Tasche verstaut sind, schenkt sie mir erneut ihre Aufmerksamkeit. »Wie fanden Sie die Toilette«, fragt sie. Sie wirkt aufrichtig interessiert, also versuche ich mich eine halbe Stunde zurückzuerinnern. Das fällt mir nicht ganz leicht. Toilettenbesuche belegen nicht viel Speicherplatz in meinem Gehirn.
    »Hm, auf mich hat sie einen recht ordentlichen Eindruck gemacht«, sage ich vorsichtig.
    »Schön, dass Sie das sagen.« Sandra steht direkt hinter uns, ihre Stimme klingt beißend. Ich lächle schwach.
    »Jetzt, wo sich Samilein entschieden hat, uns wieder Gesellschaft zu leisten …«, verkündet sie laut und läuft nach vorn. Der Fernseher und das Videogerät sind verschwunden und wurden durch die untere Hälfte eines Biologie-Skeletts (zumindest hoffe ich das) ersetzt. Es steht traurig neben einem Kinderwagen und einem großen Gymnastikball. Sandra marschiert auf das Skelett zu und dreht sich zu uns um. Sie hält eine kleine schmutzige Puppe in der Hand.
    »Das hier ist Alice«, sagt sie und hält die Puppe hoch. Ich spüre, wie Michelle neben mir zusammenzuckt. »Sie hätte sie wenigstens waschen können«,

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