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Alles total groovy hier

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Titel: Alles total groovy hier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Juretzka
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von einer Frau. Und dann noch von einer Frau wie ihr.
    Sie trug einen verölten Overall und dazu eine Matrosenmütze in einem kecken, ironischen Winkel, auch wenn ihre Züge, zumindest das, was unterhalb ihrer Pilotenbrille davon sichtbar war, eher streng wirkten, fast schon ein wenig harsch. Als ob sie beim Sex gern die Peitsche schwänge, oder Frauen bevorzugte, oder beides. Mit dem letzten bisschen Fahrt driftete sie an die Mauer, verließ das Steuer, nahm ein Seil auf und warf es mir kommentarlos und zielgenau zu.
    Wenn das meine Yacht gewesen wäre, hätte ich jetzt ein scharfes Auge darauf gehabt, was der Fremde mit dem Strick anstellt, doch sie überließ es komplett mir, ihn so fachmännisch ich vermochte um den nächsten Poller zu wickeln, tänzelte schon zum Heck und hob die nächste Seilrolle auf.
    Boot vorn und hinten vertäut, nahm sie die Mütze ab und schüttelte einen dichten, rabenschwarz glänzenden, bis fast in die Augen hinab reichenden Pony frei, dessen Länge in völligem Gegensatz zur restlichen, jungenhaft kurz geschorenen Frisur stand. Sie gähnte herzhaft, öffnete eine Kühlbox, entnahm ihr ein Sixpack, rupfte eine Dose frei und ... warf das verbliebene Bündel zu mir hoch.
    Bier.
    Schlag mich, töte mich, dachte ich. Lass mich dein Sklave sein.
    Sie trank wie ein Mann, sie rülpste wie ein Mann, sie zerquetschte die leere Dose wie einer. Und als sie die in die Kaimauer eingelassene Sprossenleiter hochgeklettert kam und sich von mir über die Kante helfen ließ, besaß auch ihr Händedruck etwas durchaus Maskulines. Lesbierin, dachte ich. So ein Mist aber auch. Die Beine leicht gespreizt, stand sie kerzengrade, wenn auch, zumindest anfangs, leicht wacklig auf ihren nackten Füßen.
    »Nach drei Wochen auf See brauchen meine Haxen immer ein bisschen, um zu begreifen, dass sie nicht alle paar Sekunden nachjustieren müssen«, erklärte sie und lachte.
    Herzhafte, erdige Lache und eine wundervolle Stimme, um Baustahl damit zu entrosten. Braune Haut, glatt und schimmernd wie die einer Schlange.
    Um nicht rumzustehen und zu gaffen wie ein Blödmann, hockte ich mich wieder hin, ließ die Beine baumeln, riss mir noch eine Büchse auf. Und bot ihr einen Platz neben meinem an. Wo ich schon ihr Bier soff, wollte ich nicht unhöflich wirken, Lesbe oder nicht.
    Doch sie zog es vor, ein wenig auf und ab zu laufen und dabei immer wieder mal vorsichtig balancierend stehen zu bleiben, als traue sie der plötzlichen Solidität des Untergrundes noch nicht recht.
    »Ich bin Roxanne«, sagte sie, zur Weite der See. Sie sprach den Namen französisch aus, was wesentlich angenehmer für das Ohr ist als die quäkende englische Variante und vor allen Dingen nicht automatisch an die Falsettstimme von Sting erinnert. »Und du bist Kristof«, stellte sie fest und schnappte sich auch noch eine Büchse, knackte sie auf. »Kristof, der obskure Privatdetektiv, der Leroy solche Sorgen macht.« Sie nahm einen Schluck, wischte sich mit einem Ärmel ihres Overalls etwas Schaum von der Nase und sah mit schräg gelegtem Kopf zu mir herüber.
    »Ist das wahr, dass du in fremden Diensten bei uns herumschnüffelst?«
    >Beiuns<, registrierte ich.
    »Unsinn«, entgegnete ich dann. »Dahat jemand was falsch verstanden. Ich bin nicht Privatdetektiv, sondern Priva-
    tier, schon lange aus dem Geschäftsleben ausgestiegen. Und mein Interesse gilt einzig und allein den schönen Dingen des Lebens.«
    Sie wirkte, als ob es ihr von vorneherein mehr um den Unterhaltungswert als den Wahrheitsgehalt meiner Antwort gegangen wäre. Nachdenklich schob sie die Sonnenbrille in die Stirn und schenkte mir einen längeren, prüfenden Blick aus dunkelgrünen Augen, gerahmt von dichten, schwarzen Wimpern.
    Dunkelgrün wie Glas, wie Glas in der Seitenansicht. Sie strahlten etwas ab, doch es war auf die Distanz nicht zu sagen, ob es Hitze oder Kälte war. Man würde nahe heranmüssen, gefährlich nahe, um zu erfahren, ob man sich Brandblasen oder eher Frostbeulen holte. Das Einzige, was sicher schien, war die Aussicht auf, tja, Schwellungen.
    »Als da wären?«, riss sie mich aus meinen Mutmaßungen.
    »Philatelie, zum Beispiel«, sagte ich das Erste, was mir durch den Kopf schoss, und sie lachte.
    »Woher weißt du von mir?«, fragte ich.
    »Telefon. Ich melde mich aus allen Häfen, und Leroy hält mich über alles Wichtige hier auf dem Laufenden. Du scheinst ihn wirklich zu beschäftigen.
    Doch ... « Sie stutzte. »Was machen diese Idioten denn da

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