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Alles total groovy hier

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Titel: Alles total groovy hier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Juretzka
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versicherte ich heiser. Ganz die Seglerin, drehte sie mich zu sich herum, wie man ein Boot mittels Ruderpinne wendet.
    Unsere Zungen fanden einander.
    Meine Finger knabberten an Knöpfen, meine Linke stahl sich zwischen Thch und Haut und weckte einen Nippel. Keuchen fuhr in meinen Gehörgang wie ein Windstoß in die Glut. Flammen züngelten. Knospen sprossen, Triebe schossen, Säfte flossen.
    »Wie lange muss die Keule im Ofen bleiben?«
    »Im Rezept steht, drei Stunden.«
    »Gut«, schnurrte sie.
    Irgendwann war der letzte Klaps aufs Fell getan, hatte die letzte Saite ausgeschwungen, das Didgeridoo seinen letzten Wind streichen lassen. Selbst Almas Schellen rasselten nicht mehr. Stille senkte sich über die Bucht, durchwebt mit schwerem Atmen.
    »Komm«,bat ich einschmeichelnd, »einmal noch.«
    »Santisima. Und ich dachte, ich hätte Nachholbedarf gehabt. Wie lange warst du denn auf See?«
    »Ist wohl nur schon eine Weile her, seit dem letzten Mal.«
    »Wie lange? Monate? Jahre?«
    »Länger, als ich mich zu erinnern wage.«
    Sie wollte aufstehen, doch ich hielt sie.
    »Oh, oh, oh. Weißt du, Kristof, hier an der Küste kommen manchmal Migranten an. Halb verhungert, fast verdurstet. Stürzen sich nur so auf alles Ess-und Trinkbare. Aber selbst die sind irgendwann mal satt.«
    »Achkomm. Einmal noch.«
    »Na gut. Aber beeil dich ein bisschen. Die Keule müsste längst gar sein.«
    Ich steuerte einen geradezu klassischen Zickzackkurs, unterbrochen nur von der einen oder anderen Pirouette, mit einer Brust, die in Gesang ausbrechen wollte, und einem Kopf, der das so gerade eben noch unterdrückt bekam. Rausgeschmissen hatte sie mich, nüchtern betrachtet, doch nüchtern war ich nun wirklich nicht, aber echt nicht, sondern im Gegenteil voll des süßen Rums, und Kinder, mir war nach Singen, doch dann ruderte ich lieber noch ein Stückchen, schließlich gehörte ich ins Bett, aber so was von.
    Rausgeschmissen hatte sie mich, um, wie sie sagte, Eifersüchteleien vorzubeugen. Und war ich bereit, war ich galant genug, das ohne Murren hinzunehmen? War ich? Aber so was von.
    Also hopp, über die Reling und rein ins Dingi und ab ging's, als ob ich mein Leben lang nichts anderes gemacht hätte, als zu rudern, Pirouetten und alles. Gerade, als es wirklich gut lief, als ich endgültig den Kniff raushatte, schlug mir jemand etwas Hartes vor den Hinterkopf, und als ich mich wieder hochgerappelt hatte, musste ich feststellen, dass ich nur rücklings umgefallen war, weil ich das Dingi mit Schmackes gegen die Kaimauer gerudert hatte. Aber so was von.
    Ich fand eine Sprossenleiter, befestigte das Boot daran, holte tief Luft, machte mich an den Aufstieg und schrie jodelnd auf, als mich eine nasse, kalte Hand am Knöchel packte.
    Alice.
    »Ich bin Gollum«, sagte sie. »Ich schwimme im Dunklen.«
    »Und ich«, sagte ich, zog mich hoch und hockte mich auf den Kai, »ich fische im Trüben. In einer besseren Welt wären wir beiden ein Traumpaar.«
    Alice trat Wasser, ein bleicher, dürrer Schemen im schwarzen Nass. »Du bist in großer Gefahr«, sagte sie feierlich.
    »Da wird es das Beste sein, ich vertraue dir den Ring an, was?« Ja, ich kenne meinen Tolkien, aber so was von.
    »WOhab ich ihn bloß, gottsverdammich?« Statt des Rings fand ich nur die Flasche, die in meinem Gürtel steckte. Auch gut.
    »Mit meiner Hilfe wirst du die Mächte des Bösen besiegen«, prophezeite sie. »Und du wirst mich ans Licht führen.«
    »Auf dem Umweg über eine gründliche Entgiftung und längere Therapie, würd ich vorschlagen.«
    »Aber du brauchst Verstärkung durch die Gefährten.
    Lass uns los, wir wollen sie holen.«
    »Was?Wen? Gefährten? Meinst du die Hobbits? Die gottverdammten wieseligen kleinen Scheißer können doch immer nur wegrennen. Was wir brauchen - soll ich dir sagen, was wir brauchen?« Ich beugte mich vor, raunte vertraulich. »Was wir brauchen, sind Orks. Verstehst du? Orks. Eine ganze Horde davon.«
    Sie grinste zu mir hoch, und ich sah zum ersten Mal ihre Zähne. Party-Pillen und Methamphetamin. Das eine greift die Murmel an und das andere die Beißer. Sagen wir's so: Wenn ihr Hirn sich in einem ähnlichen Zustand befand wie ihr Gebiss, würde eine Therapie nicht mehr greifen. Da blieb nur der komplette Austausch. Darauf trinken wir, dachte ich und nahm einen zur Brust.
    »Du bist betrunken«, stellte sie fest.
    »Ja, nun«, bestätigte ich, was wirklich nicht zu leugnen war.
    Sie langte hoch und drückte mir etwas in die Hand.

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