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Alles total groovy hier

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Titel: Alles total groovy hier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Juretzka
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allein, allein in der intimen Enge einer Schiffskajüte, endlich, und doch ...
    »Meinst du, wir könnten gleich noch mal für 'ne halbe Stunde oder so an Land gehen? Zu der Strandparty?«
    Wenn Alice tatsächlich an der Party teilnahm, war das unter Umständen die perfekte Gelegenheit für mich, sie für ein paar Minuten beiseite zu nehmen.
    »Wozu das?« Karton immer noch vor der Brust, drehte Roxanne sich um und sah mich fragend an. Ihre Augen leuchteten so grün wie ihr Lippenstift rot. Vergiss Alice, dachte ich. Scheiß auf alles, dachte ich. Lebe für den Moment, dachte ich. Doch, ajeh.
    »Es geht um Schisser. Ich bin mir sicher, Alice weiß, wo er abgeblieben ist.«
    Roxanne schnaubte.
    »Kristof - Alice und Party?«
    Sie beugte sich vor, um den Karton auf den Boden zu setzen, und ich musste erstaunt feststellen, mir gerade den linken Daumenballen mit Knoblauch gespickt zu haben. Offenherzig, ihre Bluse. »Da kannst du genauso gut versuchen, ein Interview mit einem Zombie zu führen. Alles, was sie dir erzählen wird, i~t, für wen oder was sie sich gerade hält und was für ein tolles Medium sie ist. Zwecklos, glaub mir. Doch warum fragst du nicht mich? Vielleicht habe ich ja in der Zwischenzeit etwas über deinen Freund in Erfahrung gebracht?«
    »Hast du?«
    »Ein bisschen. Dieser Schisser war also tatsächlich mal hier, in der Paradise Lodge. Vor etwa vierzehn Tagen kam er an, hat Gras und Blättchen gekauft, sein Zelt am Strand aufgeschlagen. Doch er war wohl der unruhige, umtriebige Typus - also ein bisschen wie du.« Sie lächelte bübisch. »Und deshalb konnte er mit der ganzen schlaffen Abhängerei hier wenig anfangen. Gleich am nächsten Morgen ist er weiter. Wohin, darüber gibt es nur Spekulationen.«
    Hm. Ich legte die Keule ins heiße Öl und Roxanne reckte sich und öffnete die Dachluke. Unmenschlich, wie schwer es manchmal fällt, seine Hände im Zaum zu halten.
    »Doch ich mach dir einen Vorschlag«. Sie ging auf die Knie, kramte in ihrem Karton. »Ich höre mich bei den Leuten hier in der Gegend noch mal genauer nach Schisser um. Bloß ... « Sie kam wieder hoch, eine Flasche in der Hand, »... nicht mehr heute.«
    Okay, okay, okay. Also heute nicht mehr. Gut so. Bestens. Doch ... »Wenn das alles war, warum zum Deibel hat mir das keiner erzählt?« Ich drehte die Keule im Fett für gleichmäßige Bräunung. Hitze machte sich breit in der Kajüte.
    Roxanne schraubte den Verschluss von der Flasche. »Ja, irgendwas ist saudumm gelaufen. Nachdem Leroy und Alma einmal angefangen hatten, dich zu belügen, kamen sie nicht mehr raus aus der Nummer.«
    »Trotzdem ... «
    »Leroyist eben ein bisschen paranoid. Wegen des offenen Haftbefehls gegen ihn. Er hat dich bei deinem Auftauchen schlicht für einen Zivilfahnder gehalten und mehr oder weniger ohne nachzudenken gelogen. Jetzt, wo klar ist, dass die Bullen auch hinter dir her sind, ist das natürlich alles anders.«
    Ihre samtig-raue Stimme lullte mich allmählich in Trance, wie die warmen Finger des Schlafs nach einem langen, anstrengenden Tag. Akustisches Morphin, wenn man so will.
    »Alles wird jetzt anders«, sagte sie, der Klang ihrer Stimme plötzlich noch mal eine halbe Oktave tiefer. Und samtiger auch.
    Der Deckel der Kasserolle vibrierte hörbar, als ich sie in den Ofen schob. Nicht ohne eine gewisse Hast begann ich, Käse über die in Sahne geschichteten Kartoffelscheiben zu reiben. Brandblasen, dachte ich, als Roxanne ganz nah hinter mich trat und ein Glas an meine Lippen hob.
    »Trink das«, raunte sie in mein Ohr und lehnte sich gegen meinen Rücken. Prall, weich, vielversprechend.
    »Rum aus echtem Zuckerrohr. Das Geheimnis des Feuers der kubanischen Liebhaber.«
    »Was weißt du von kubanischen Liebhabern?«, fragte ich, jetzt schon eifersüchtig, das sollte mir was werden mit uns beiden.
    »Ich hab so einiges gehört«, log sie charmant.
    »Meine Mutter ist schließlich Kubanerin. Und jetzt trink.«
    Rum. Warm wie ein Kuss, leicht wie ein Hauch, strömte er von der Zunge direkt ins Blut. Brodeln folgte. Roxanne presste ihre Hände gegen meine Brust und schmiegte ihren Körper in mein Kreuz. Sie roch nach Sex unterm Moskitonetz, umbrüllt von wilden Tieren. Mein Gürtel ruckte, ein Knopf poppte, ein Reißverschluss zirpte.
    »Ich kann nur hoffen, ich bin dir nicht zu direkt. Aber nach drei Wochen auf See ... « Fingerspitzen strichen, suchten, fanden, »... plagt mich ein gewisser Nachholbedarf.«
    »Och, das ist schon in Ordnung«,

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