Alles total groovy hier

So halb und halb erwartete ich einen Ring. Und es war ein Ring. Nur nicht der Ring. Es war ein Schlüsselring. Mit einem Schlüssel dran. Ein Autoschlüssel.

TAG 5
    »Was ich nicht kapiere ... « Ich ließ das Satzende in der Luft hängen. Mein eigentliches Ansinnen bestand darin, Scuzzi zu vergraulen, der irgendetwas genommen oder aber unterlassen hatte zu nehmen, das ihn an diesem Morgen in eine hyperaktive Nervensäge zu verwandeln drohte. »... ist, warum ich hier nicht einfach mal ein Stündchen oder zwei in der Sonne sitzen und cool chillen kann.«
    »Weil die Sonne nicht scheint, Kristof!«
    Ihn nachzuäffen lief schon mal komplett ins Leere, musste ich feststellen. Scuzzi kann ja manchmal dermaßen ironieresistent sein.
    »Dann eben relaxen, Mann.« Ich hockte vor dem Hymer in schönster Überzeugung, mich könnte heute nichts, aber auch gar nichts aus der Ruhe bringen. Nur Scuzzi musste ich irgendwie loswerden.
    Er hörte nicht zu. Tigerte nervös herum.
    »Ich weiß auch nicht ... Es ist wie verhext: Seit Leroy eingestanden hat, dich falsch eingeschätzt zu haben -«
    »Er hat was?!«
    »Ja, gestern beim Abendessen. Seitdem kommt Stück für Stück ans Licht, dass Schisser doch hier gewesen ist und jeder es gewusst hat. Die scheinen mir bisher alle etwas vorgemacht zu haben.«
    Er blickte bekümmert, lief ein wenig auf und ab, und ich sagte: »Ach.«
    Neben der angebrochenen Flasche Rum hatte Roxanne mir auch noch eine Faustvoll kubanischer Zigarren zugesteckt, von denen ich nun eine aus ihrer Hülle pellte und unter sachtem Drehen anpaffte. Kristof Kryszinski: Koch, Lover, Bonvivant.
    »Ich hab dann mit Rolf darüber gesprochen.«
    Rolf, mal wieder. Ich versuchte mich an einem Rauchring. Scheiterte.
    »Nach allem, was er gehört hat, ist es diesem Hidalgo tatsächlich gelungen, Schisser eine Anzahlung aus dem Kreuz zu leiern. Hat ihm erzählt, die Zigeuner der Gegend bekämen aufgegebenes oder beschlagnahmtes Land zum Spottpreis. Was ja auch stimmt, im Prinzip. Nur halt nicht im Sperrgebiet.«
    Nach allem, was Rolf gehört hat, dachte ich. Ajeh.
    »Hidalgo hat dann versucht, Schisser hinzuhalten. Das hat nicht funktioniert.
    Dann ist Hidalgo abgehauen, wollte sich verstecken, bis Schisser aufgibt. Schisser hat daraufhin Hidalgos Hütte niedergebrannt und gedroht, mit den Behausungen von Hidalgos kompletter Verwandtschaft genauso zu verfahren.«
    Also hat die Sippe den Spieß umgedreht und Schisser abgekehlt. Einer der Haken an der Geschichte war die Frage, warum Hidalgo sich dann immer noch auf der Luna Negra versteckt hielt.
    »Was hältst du davon? Sollen wir noch mal hoch in die Siedlung und bei den Kids nachhaken?«
    Mit einem Anflug milden Bedauerns, wenn nicht später Reue, erinnerte ich mich der dreiundzwanzig liebevoll von Hand mit puerto-realischem Hafenbrackwasser gefüllten Bierdosen.
    »Erst mal vielleicht besser nicht«, meinte ich vorsichtig.
    »Aber irgendwas müssen wir doch unternehmen!«
    Nachdenken. Mir persönlich war schwer nach Nachdenken zumute. Ich griff mir den Flip-Flop, den ich aus dem Schlauchboot hatte mitgehen lassen, und drehte ihn hin und her. Was wäre, dachte ich, wenn dieser Gegenstand der Schlüssel zu dem ganzen Rätsel ist? Die Kronkorken an seiner Unterseite waren glatt, wie poliert ... Als ob sie niemals Asphalt gesehen hätten, sondern immer nur ...
    »Sag mal, bist du drauf von irgendwas?«
    Ich fuhr hoch. Na, jetzt aber.
    »Drauf? Ich? Ziemlich steil von einem Typen, der seit unserer Ankunft hier '" ach, sprechen wir's ruhig aus: der seit Jahren, wenn nicht Jahrzehnten, keinen nennenswerten klaren Moment mehr gehabt hat.«
    »Aber heute Morgen habe ich einen, und ich kann es sehen, wenn jemand drauf ist und wenn nicht. Und du bist dicht von irgendwas, also erzähl mir keinen Scheiß. Hast du was geraucht?«
    »Zigarre, wie du siehst, und gestern Abend hatte ich ein wenig kubanischen Rum. Und das, was der Schweizer Schiggu-Schiggu nennt. Vielleicht solltest du es auch mal wieder damit versuchen, dann wärst du nicht so hibbelig. Und nun schwirr ab.«
    »Soll das heißen, du willst den ganzen Tag auf deinem Arsch sitzen bleiben?«
    »Solange es mir gefällt. Und wenn du dir zur Abwechslung mal die Hacken ablaufen willst - nur zu.«
    Einzig, Scuzzi wollte nicht abschwirren und sich die Hacken ablaufen. Ich versuchte ihn wegzusummen. Da stoppte der Landrover neben uns, mit Leroy am Steuer und einem Anhänger hintendran, und Scuzzis Augen leuchteten auf.
    »Ah«,sagte